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Beiträge zur Heimatgeschichte Band 18 Unter dem Bergischen Löwen Beiträge zur Wiederentstehung von Schloss Burg an der Wupper Andreas Sassen ∙ Claudia Sassen Solingen 20152 3 Andreas Sassen ∙ Claudia Sassen Unter dem Bergischen Löwen4 5 Beiträge zur Heimatgeschichte Band 18 Unter dem Bergischen Löwen Beiträge zur Wiederentstehung von Schloss Burg an der Wupper Wetterfahne mit avantgardistischem Löwen, von 1950–2010 auf dem Bollwerkturm ISSN 2192-6840 Andreas Sassen ∙ Claudia Sassen Solingen 20156 Beiträge zur Heimatgeschichte Beiträge zur Heimatgeschichte ist eine Schriftenreihe zu Themen von Kunst und Architektur in NRW herausgegeben von Andreas Sassen und Claudia Sassen. Impressum: © 2015 Andreas Sassen / Claudia Sassen Hasselstr. 4, 42651 Solingen claudia.sassen@uni-dortmund.de ISSN 2192-6840 Redaktion Claudia Sassen Fotos Andreas Sassen Zeichnungen Andreas Sassen Druck- und Verlagsort Solingen, Selbstverlag der Herausgeber Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.7 Beiträge zur Wiederentstehung von Schloss Burg an der Wupper Inhaltsverzeichnis: Aus der Geschichte von Schloss Burg ……………………………………………………9 Zerstörung und Aufgabe der Burg……………………………………………………….11 Der Wiederaufbau von schloss Burg……………………………………………………..13 Die Kirche der ehemaligen Johanniterkommende in Schloss Burg……………………15 Der Maler Hans Kohlschein im Rittersaal von Schloss Burg ………………………….19 Das Historiengemälde „Die Befreiung Herzog Wilhelms I. von Berg“………………..26 Der Janstein im ravensbergischen Niehorst und die Kinderverlobung in Burg ……..30 Die Begegnung auf der Treppe ………………………………………………………….36 Vom „Kuxthurm“ zum Batterieturm Zur Entstehung des Geschützturms von Ludwig Arntz in Schloss Burg a. d. W……39 Zur Schlossuhr im Batterieturm auf Schloss Burg…………………………………….47 Künstler und andere Persönlichkeiten, die mit Schloss Burg in Verbindung standen. ………………………………………….52 Über die Kunst der Freskomalerei ……………………………………………………..78 Literatur ………………………………………………………………………………….84 Zum Titelbild: Wappen von Berg, Mark und Ravensberg von Gerhard II. als Herzog Gerhard I. (1437–1475) Messing-Gravur auf der Grabplatte im Altenberger Dom. Überarbeiteter Ausschnitt von Andreas Sassen.8 9 Schloss Burg. Detail einer Ansicht aus Topographia Ducatus Montani von Erich Philipp Ploennies 1715. Diese älteste Ansicht von Schloss Burg war eine der Grundlagen für die Rekonstruktion der Anlage durch den Baumeister Gerhard August Fischer. Abb. Staatsarchiv Düsseldorf. Aus der Geschichte von Schloss Burg Der Ort Burg befindet sich an der tief eingeschnittenen Mündung des Eschbachs in die Wupper – Schloss und Oberburg liegen malerisch auf der äußersten Kuppe eines Höhenzuges, das Fischerdorf Unterburg im schluchtartigen Eschbachtal. Ausgangspunkt der Siedlung war das zu Beginn des 12. Jahrhunderts errichtete Schloss der Grafen von Berg, die damals ihren bisherigen Stammsitz auf dem „alten Berge“ bei Odenthal den Zisterziensern überließen. Der im 15. Jahrhundert zur Freiheit erhobe-ne Ort führte ursprünglich zum Unterschied von Altenberg den Namen Neuer Berg oder Neue Burg. Seit dem ausgehenden Mittelalter war Burg ein bedeutender Tuchmacherort, dessen Blütezeit vom Ende des 17. bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts andauerte.1 Nach der Überlieferung begann Graf Adolf II.2 von Berg um 1118 mit der Errichtung einer Burg auf den Grundmauern einer älteren Befestigungsanlage auf dem Neuen Berge. Die romanischen Bauten dieser ersten Burg über der Wupper bildeten das Kernstück der späteren großen Burganlage von Schloss Burg. Ihren alten Stammsitz übergaben Graf Adolf II. von Berg und sein Bruder Eberhard3 1133 einem Konvent des Zisterzienserordens aus Morimond (heute Bistum Langres, Frankreich). Ent-sprechend ihren Baugewohnheiten und ihrem Wirtschaftssystem verlegten die Zisterziensermönche das Kloster bald nach der Gründung ins Tal der Dhünn. Der Name des ehemaligen bergischen Gra-fenstammsitzes Altenberg wurde für den Konvent weitergeführt. Das Zisterzienserkloster Altenberg, eines der reichsten und berühmtesten Klöster des rheinisch-bergischen Raumes, bestand bis zur Säku-larisation 1803 1 Dehio, Rheinland, 1967, S. 109. 2 Adolf II. *um 1090, 1115 Graf von Berg, nach 1160 Mönch in Altenberg, † 1160–1170. (n. Laute) 3 Eberhard (Everhard) * um 1090, urkundl. 1115–20 Laie, seit 1120-21 Mönch in Morimond, seit 1143 Abt in St. Georgenberg (Georgenthal) in Thüringen. † 1142–1152. (n. Laute)10 Der Ort Burg an der Wupper mit dem Schloss in Oberburg nach einem Kupferstich von Schramm. Ende des 18. Jhs. diente der Rest der Burg als Sitz der Rentmeister und Richter des Amtes Bornefeld. Abbildung: Archiv Schloss Burg . Etwa 100 Jahre nach der Gründung der Burg baute Graf Engelbert II.4 von Berg während seiner kur-zen Herrschaft ab 1218 die Anlage zu einer weiträumigen Hofburg aus. Er war der Erzbischof Engel-bert I. von Köln und wurde, nachdem sein älterer Bruder5 auf dem Kreuzzug bei der Belagerung Damiettes6 in Ägypten zu Tode gekommen war, bergischer Landesherr, Herzog von Westfalen und später Verweser des Heiligen Römischen Reiches. Als mächtigster Mann des Staates unter dem Stau-fer Friedrich II.7 ließ er den repräsentativen zweigeschossigen Palas mit dem sich unmittelbar an-schließenden Kemenatenbau und Kapellenbau errichten. Engelbert wurde 1225 bei Gevelsberg ermor-det8. Nach ihm blieb die Burg weiterhin eine bevorzugte Residenz der Grafen und späteren Herzöge von Berg. Erst nach der Verlegung der Hofhaltung in die neue Hauptstadt Düsseldorf im Jahre 1380 diente sie nur noch als gelegentlicher Aufenthaltsort der Herzöge. Zur Zeit der Spätgotik und der Re-naissance lebte die Bautätigkeit in Burg wieder auf. Der Palas wurde umgestaltet und erweitert und 1485 mit Fachwerkaufbauten versehen. Seine Erdgeschossfenster wurden vergrößert und mit einem Segmentbogen versehen und der Kemenatenbau nach Süden erweitert. Im Jahre 1528 entstand ein neues inneres Torhaus am Palas und in den weiteren Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts mit stärkeren äußeren Befestigungen auch ein Vorgänger des heutigen großen Batterieturms in der Burganlage.9 4 Engelbert II. *8.11.1185 (*7.11.1186) 1216-25 als Engelbert I. Erzbischof v. Köln, seit 1218 Graf v. Berg, † 7.11.1225 bei Gevelsberg. (n.Laute). 5 Adolf III. Graf von Berg, *um 1175, †7.8.1218 bei Damiette in Ägypten (n. Laute) 6 Damietta, Verw.-Bez. Dumyat, Ägypten, liegt an der Mittelmeerküste, im Nildelta nahe Port Said. 7 Friedrich der II. (Kaiser d. Hl. Röm. Reich) 1194-1250. 8 Siehe auch das Wandbild zu Engelbert im Rittersaal, sowie die Angaben über sein Leben im Anhang. 9 Der heutige Batterieturm ist ein Neubau von 1914.11 Schloss Burg um 1850 nach einer Zeichnung von J.P. Heinrichs. Abbildung: Archiv Schloss Burg. Zerstörungen und Aufgabe der Burg Am Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde Schloss Burg von schwedischen Truppen belagert, seine Befestigungsanlagen durch Beschuss weitgehend zerstört und auch ein Teil der Gebäude innerhalb der Burg beschädigt. Die kaiserliche Besatzung ließ bei ihrem Abzug den noch intakten Rest der Verteidi-gungsanlagen sprengen und in Flammen aufgehen. Der Hauptbau mit dem Palas blieb davon aber ver-schont und ist um 1700 teilweise wieder instand gesetzt worden. Die von 1715 erhaltene Ansicht vom Kartographen Ploennies zeigt noch die Fachwerkaufbauten des 15. Jahrhunderts. Der Hauptbau diente bis 1807 als Sitz herzoglicher Rentmeister und Richter des Amtes Bornefeld.10 Während dieser Zeit fanden aber erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz der Burg statt. Auf der Westseite legte man die großen Stall- und Wirtschaftsgebäude nieder und auch die spätgotischen Fachwerkaufbauten des Palas verschwanden. Ein Kupferstich von Schramm vom ausgehenden 18. Jahrhundert zeigt das Gebäude mit einem schlichten Satteldach. Danach benutzte man die großen Räume für gewerbliche Zwecke; im Rittersaal webte man Wollde-cken, die „Burger Schaazen“. Doch der preußische Fiskus als Eigentümer der Burg war an einer wei-tergehenden Erhaltung nicht mehr interessiert und versuchte schon um 1820 die Anlage zu veräußern. 1839 kaufte die katholische Gemeinde die Burg und funktionierte sie zum Schulgebäude um. Der Schulbetrieb endete aber nach wenigen Jahren wegen Baufälligkeit der Gemäuer, und ein neues Schulhaus wurde am Burgplatz gebaut.11 Vermutlich waren die notwendigen Instandhaltungen an Dächern und Einrichtungen bereits länger unterblieben, als man die Gebäude 1849 aufgab. Zur Mate-rialgewinnung für das neue preußische Landgericht in Elberfeld wurde das aus Eichenholz bestehende Dachwerk und die Zwischendecken ausgebaut und das übrige Mauerwerk dem Verfall preisgegeben. Nachdem die „Oberen“ mit entsprechendem Beispiel vorangegangen waren, wurde von den Bürgern der Umgebung alles, was dem eigenen Hausbau diente, fortgeschleppt und damit Schloss Burg in kürzester Zeit zur Ruine gemacht.12 Man benutzte die Burg als Steinbruch, wobei umfangreiche Mauerteile ver-schwanden. Eine Zeichnung von Heinrichs zeigt den Palas 1850 mit zerstörten Mauern. 10 Roselt, Schloss Burg, S. 8. 11 Das Gebäude nordwestlich vor dem Palas, kürzlich vom SBV gekauft, beherbergt zukünftig die Verwaltung. 12 Renate und Karl Morsbach (1987): Die sich wandelnden Architekturen von Schloss Burg an der Wupper, in: Für Kaiser Volk und Vaterland, Festschrift zum 100jährigen Bestehen von Schloss Burg, Köln, S. 55.12 Schloss Burg, Entwurfsansicht der Palas-Westseite. Eine der frühen Rekonstruktionszeichnungen von Gerhard August Fischer, bevor der Wiederaufbau 1890 begann. Abbildung: Archiv Schloss Burg. Schloss Burg an der Wupper, Gesamtansicht aus der Vogelschau von G.A. Fischer für sein Burgenbuch von 1892. Abbildung: Archiv Schloss Burg13 Der Wiederaufbau von Schloss Burg Etwa 30 Jahre nach Aufgabe der alten Burg regte sich im Bergischen Land der Wunsch nach dem Wiederaufbau der Burgruine. Auf Einladung des bergischen Geschichtsvereins traf sich am 18. Juni 1887 erstmalig eine engagierte Gruppe von Bürgern des Bergischen Landes, darunter der Wermelskir-chener Fabrikant Julius Schumacher und der Architekt Gerhard August Fischer aus Barmen. Sie be-sprachen die Möglichkeiten zum Erhalt der Ruine oder gar den Wiederaufbau. Wenig später, am 3. August 1887 gründeten diese Männer mit 70 weiteren Personen aus der Umgebung einen „Verein zur Erhaltung der Schlossruine Burg an der Wupper“, aus dem später der Schlossbauverein Burg wurde. Den Vorsitz führte bis 1902 Julius Schumacher, der im Laufe der Zeit einen großen Teil seines Privat-vermögens dem Verein zur Verfügung stellte. Schon 1890 begann man mit dem Wiederaufbau der Hauptteile der Burg; das innere Burgtor erstand zuerst, danach folgte der Palas mit seinem Rittersaal. Mit der Vollendung des Gebäude-Südteils im Jahre 1894 stand der Hauptbau mit Kemenate und Ka-pelle fertig da. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges war die Burganlage soweit wiederhergestellt, wie sie heute zu sehen ist. Es war zwar im Wesentlichen eine Neuschöpfung entstanden, doch der Architekt Fischer aus Barmen, bemühte sich weitestgehend um eine Rekonstruktion der gotischen Burg. Seine Entwürfe und Zeichnungen fußten auf den Mauerresten, ergrabenen Fundamenten und der einzigen erhaltenen Ansicht der Burg, der Zeichnung des Vermessungstechnikers Erich Philipp Ploennies aus dem Jahr 1715.13 Der Baumeister Gerhard August Fischer, der über fünfzig Jahre seines Lebens un-zählige Kirchen im Rheinland und in Westfalen gebaut hatte14, wusste die Mitglieder des Vereins zur Erhaltung der Schlossruine mit seinen Entwürfen und visionären Ansichten des alten Grafenschlosses zu überzeugen. Seine Zeichnungen, darunter Idealvorstellungen von Schloss Burg im Mittelalter, gin-gen als Lithografien von Hand zu Hand und begeisterten die Menschen der Region für den Wiederauf-bau. Fischer hatte die historische Ansicht der Burg im Sinne der Neugotik mit romantischem Ein-schlag neu geschaffen. Er war beim Wiederaufbau von Anfang an dabei und begleitete die Wiederher-stellung der Anlage bis zur Errichtung des Bergfrieds im Januar 1902. Als dieser kurz vor seiner Voll-endung in der Sturmnacht zum 5. Januar 1902 teilweise einstürzte, wurde er von seiner weiteren Tä-tigkeit in Burg entbunden. Er hatte nicht mehr die Möglichkeit, den Schaden zu beheben; den Wieder-aufbau übernahm der Baumeister Blaue. Alles, was die Arbeit Fischers über so viele Jahre in Burg empfohlen hatte, schien mit einem Schlag vergessen. Fischer empfand das als Kränkung und wandte sich anderen Denkmalobjekten zu. So ent-standen zwischen 1900 und 1906 genau ausgearbeitete Pläne für das im Bauernkrieg zerstörte Kloster Georgenthal im Thüringer Wald.15 Durch seine Geschichtskenntnisse war Fischer auf dieses Zisterzi-enserkloster gestoßen; denn dort war 760 Jahre zuvor Everhard, der Bruder Adolfs II. von Berg, zum ersten Abt gewählt worden. Doch der Lebensweg der ersten Generation des Wiederaufbaus von Schloss Burg neigte sich dem Ende zu. Am 28. Juni 1902 starb der langjährige Freund und Burger Weggefährte Julius Schumacher. Gerhard August Fischer arbeitete noch bis kurz vor seinem Tod; er starb am 11. November 1906 in Barmen. 13 Ploennies Darstellung wird zuweilen infrage gestellt (A. Schyma, a.a.O.), da er „nicht Zeichner, sondern Kar-tograph und Techniker“ war. Seine Wiedergabe von Burg ist aber bei der geringen Größe zeichnerisch perfekt! Die Proportionen von vorn bis in die Tiefe des Bildes stimmen, die Perspektive ist einwandfrei und Einzelheiten gut erkennbar, sie machen die Überlieferung glaubhaft. 14 Gerhard August Fischer (1833-1906) Architekt, zu seinen Bauten siehe Weyres Mann, Köln 1968. 15 G. A. Fischer, das Kloster Georgenthal in: Thüringer Warte Nr. 11, Februar 1905.14 Schloss Burg. Ehemalige Johanniterkirche. Links: Blick vom Westportal in das Innere der zweischiffigen Gewölbehalle aus der Zeit Engelberts II. wie sie bis 1648 erhalten war. Rechts: Das Kirchenschiff im heutigen Zustand als einfache Saalkirche. Im Chorraum die geborgenen Säulen aus der Schlosskapelle Engelberts. Zeichnung und Foto A. Sassen. Schloss Burg. Ehemalige Johanniterkirche. Links: Querschnitt durch die zweischiffige Kirche mit dem spätgotischen Anbau für Sakristei und Herrschaftsempore. Rechts: Das Äußere der Kirche von Süd-West mit einem Treppenturm an der Westseite. Rekonstruktionszeichnungen Andreas Sassen. 15 Schloss Burg. Ehemalige Johanniterkirche. Links, Blick auf die Nord-Ostseite der ganz aus Tuffstein und Trachyt-Eckquadern errichteten Kirche, als man 1960 den gesamten Putz entfernt hatte. Foto: Stadtarchiv Solingen. Rechts: Das romanische Taufbecken aus der Zeit Engelberts mit ehemals sechs Stützsäulen. Heute ist nur noch die Kuppa mit ihrem Mittelfuß vorhanden An diesem Taufstein wurden alle Nachkommen der Bergischen Grafen in Burg getauft. Rekonstruktionszeichnung: Andreas Sassen. Die Kirche der ehemaligen Johanniterkommende in Schloss Burg Im Schatten der einstigen Bergischen Residenz verbirgt sich die kleine katholische Kirche St. Martinus, die einst mit der wohlklingenden Bezeichnung Kirche des Hospitals St. Johannis zu Jerusa-lem versehen war.16 Ihr alter Name erinnert an die Zeit der Kreuzzüge und damit an eine enge und lange Verbundenheit der Grafen und Herzoge von Berg mit dem Johanniterorden. Um 1200 waren die Johanniter die mächtigsten Ordensritter zwischen Konstantinopel und Jerusalem – ihre riesige Festung Krak de Chevalier in Syrien zeugt noch heute davon. Von dort aus gründeten sie in Europa und in ihrer deutschen Heimat Niederlassungen (Kommenden, Komtureien), um Kreuzfahrer und Pilger auf dem Weg zu den heiligen Stätten in Palästina zu unterstützen. Graf Engelbert I. von Berg sah den Vorteil einer Zusammenarbeit mit dem Orden, nahm 1176 die Johanniter mit vielen Privile-gien in Schloss Burg auf und übergab ihnen seine Burgkapelle.17 Sein Sohn Engelbert II., Landesherr und Erzbischof von Köln, erweiterte um 1220 die Burg seiner Vorväter und stiftete der Kommende ein eigenes Haus und eine neue Kirche. Er weihte die Ordens- und Hospitalkirche nach Johannitertradition Johannes dem Täufer und bestimmte sie auch zur Pfarr- und Taufkirche des zukünftigen Ortes Burg. Die Geistlichen der Komturei behielten aber auch Recht und Verpflichtung zum Lesen der Messe in der Kapelle des Hochschlosses. 16 Unter diesem Titel haben die Verfasser eine Baugeschichte der Johanniterkirche geschrieben. Anm. Nr.11. 17 Die Originalurkunde dazu ging verloren, die Johanniterkommende in Burg veranlasste nach 1648 eine Kopie um die Rechtmäßigkeit ihrer Stiftung und der Privilegien auf Burg aufrecht zu erhalten. Zu anderen Urkunden siehe: Vollmer, Bernhard / Karl-Friedrich Bartlewski, Ausgewählte Quellen zur Geschichte von Schloss, Amt und Freiheit Burg an der Wupper, Opladen 1958.16 Schloss Burg. Ehemalige Johanniterkirche. Links, Grundriss mit Gewölbenetz der zweischiffigen romanischen Hallenkirche mit den Anbauten der Wendeltreppe an der Westseite und der spätgotischen Sakristei im Norden. Rechts: Über der Sakristei befand sich eine Empore als Oratorium für die Bergischen Herzöge aus dem 14./15. Jahrhundert. Rekonstruktionszeichnungen Andreas Sassen Linke Seite: Zwei der spätromanischen Säulenkapitelle aus der Zeit Engelberts II., die aus der zerstörten Burgkapelle geborgen und im Chor der Johanniterkirche wieder verwendet wurden. Rechte Seite: Zwei der gleichartigen Kapitelle aus der einstigen Hofkirche Engelberts in Hilden lassen auf dieselben Handwerker an beiden Orten schließen. Fotos der Verfasser.17 Sowohl die Hospitalkirche als auch die neue Kapelle am Palas ließ Engelbert II. nicht aus heimischem Bruchstein, sondern aus Trachyt und formatiertem Tuff vom Mittelrhein bauen. Die Or-denskirche wurde mit einem verdeckten Verbindungsgang unter dem heutigen Friedhof her zur nahen Burgmauer18 ein Teil der Befestigung und entstand ganz nach den Erfahrungen der Johanniter im Vor-deren Orient. Man errichtete eine lichtdurchflutete zweischiffige Halle, die nach Art der byzantini-schen Zisternen-Baukunst eingewölbt wurde. So bekam die Burg Gottesdienstraum, Taufkirche und gleichzeitig einen Ort zur Pflege Kranker und Verwundeter.19 Da die Kirchen allgemein zu dieser Zeit keine Bestuhlung hatten, war das leere Kirchenschiff jederzeit als Krankensaal einzurichten. Den Pati-enten der Johanniter galt eine Heilung an Leib und Seele. Damit jeder von ihnen von seinem Lager aus die Messhandlung verfolgen konnte, war nach Prinzip des Ordens auf einen Chorraum verzichtet und der Altar gut sichtbar unter dem Apsisbogen platziert worden. Mit dem Einbau kuppeliger Gewölbe aus Bimsstein, sogenannter Hängekuppeln, erhielt die Kirche einen besonderen Resonanzkörper und damit eine hervorragende Akustik für geistliche Gesänge.20 So wurde vermutlich nach östlicher Schule Gebet und Musik in den Heilungsprozess einbezogen, um die seelische und körperliche Verfassung eines kranken oder verwundeten Menschen positiv zu beeinflussen. Das hohe Ansehen der Burger Kommende im Mittelalter wird durch reiche Zuwendungen deutlich. Eine Urkunde von 1280 nennt die Bewidmung durch Graf Adolf V. und seiner Gemahlin Elisabeth. Sie übergaben dem Orden zum Dienst in der Kirche St. Johannis und in der Burgkapelle St. Pankratius: „…um Gottes Willen ein silbernes, vergoldetes Bild der heiligen Jungfrau mit zwei Engeln aus glei-chem Material an ihrer Seite, eine silberne Taube, enthaltend eine goldene Kapsel für die Hostie, Um-hänge, Messgewänder, Dalmatiken, feinste Leinentücher, Altarschmuck, einen Goldring mit einem Zahn des heiligen Apollinaris mit allen Reliquien ihrer Kapelle auf Burg“.21 Die Grafen und Herzöge von Berg schätzten und förderten die Arbeit des Pflegeordens und stifteten mit Herrenstrunden bei Bensberg eine weitere Kommende im Bergischen Land. Ihre Stiftun-gen Marienhagen und Drabenderhöhe dürften auch politisch motiviert gewesen sein. Damit platzierten sie Niederlassungen im Gebiet der Grafen von Sayn und erhielten somit Einfluss in deren Territori-um.22 Die Komturkirche in Burg diente allen größeren Anlässen in der Residenz, wenn der Raum der Burgkapelle nicht ausreichte. Hier ließen sich die Grafen trauen und ihre Nachkommen taufen. Aus diesem Grund wurde im 15. Jahrhundert eine Herrschaftsempore als gotisches Oratorium an die Kir-che angebaut.23 Selbst 1496, als Burg längst seine Bedeutung als Residenz an Düsseldorf verloren hatte, schloss man hier in Anwesenheit hoher Würdenträger die Klever Union, wobei der Erzbischof die Verlobung der beiden Kinder Maria und Johann in der Ordenskirche segnete. Auch die festliche Trauung der später aus dieser Verbindung hervorgegangenen Tochter Sibylla mit Johann Friedrich von Sachsen fand unter großer Anteilnahme des Hochadels in der Kirche der Johanniter statt. Mit der Reformation kamen schwerwiegende Veränderungen. Sie führte zur Spaltung des Jo-hanniterordens, wobei sich der katholisch verbliebene Teil in Malteser umbenannte. Die Malteser in Burg kamen dabei in eine denkwürdig komplizierte Situation. Als katholische Eigentümer der kirchli-chen Einrichtungen mussten sie der protestantisch gewordenen Gemeinde die Kirche überlassen und Pfarrer, Küster und Lehrer besolden. 40 Jahre später hatte sich wieder eine katholische Gemeinschaft gebildet und machte nun den Lutheranern die Kirche streitig. Besitzwechsel und Streit gingen als „Burger Kirchenkrieg“ hin und her – während die Malteser ohnmächtig zwischen den Fronten selbst auf ihren Ordensbesitz pochten. Gerade zur Zeit der Gegenreformation unter Herzog Wolfgang Wil-helm24 versuchten die Protestanten alles, die Kirche für sich zu gewinnen. Im Jahr 1647 setzten der 18 Zugang wieder entdeckt 1913 von Schlossbaumeister Ludwig Arntz, siehe Grundplan Schloss Burg 1917. 19 Zum Vergleich die byzantinische Kapelle am Dom zu Paderborn und die Hospitalkirchen in Niederweisel, Bonn-Ramersdorf und Breslau. 20 Zum Vergleich die bemerkenswerte Akustik in der byzantinischen Kapelle am Dom zu Paderborn. 21 Bernhard Vollmer a. a. O. S.18. 22 Verena Kessel, Weltgericht und Seelenwaage, Bensberg 2010. S. 52 23 Der Anbau ist auf der Zeichnung „ Schloss Burg“ von Ploennies von 1715 zu sehen, er wurde 1801 abgeris-sen. 24 Wolfgang Wilhelm aus dem Hause Pfalz-Neuburg , Herzog von Berg 1614-1653, konvertierte 1613 zum ka-tholischen Glauben und verbot im Bergischen ab 1619 reformierte und lutherische Gottesdienste. Hansjörg Lau-te, Die Herren von Berg, Solingen 1988. S. 39.18 Ordenskommandeur, der Amtmann von Solingen und der Kellner von Burg endgültig den Willen der Regierung und damit das Besitzrecht der Katholiken durch. 25 Das führte dazu, dass Unterburg evange-lisch, Oberburg dagegen katholisch wurde. Die kostbaren Kunstgegenstände der Kirche waren in den Wirren verloren gegangen, doch die wirkliche Katastrophe sollte noch folgen. Ein Jahr später – 1648 – bestimmte der Westfälische Frieden die Sprengung aller Festungsanlagen von Schloss Burg, worauf die Soldateska des kaiserlichen Obristen von Plettenberg im Übermut auch die Johanniterkirche und die schöne spätromanische Burgkapelle des Erzbischofs Engelbert in Schutt und Asche legte. Aus den Trümmern beider Gotteshäuser suchte man das brauchbare Material heraus und baute die Johanneskir-che in einfacher Form wieder auf. Im Inneren zieren seit dieser Zeit 15 kunstvoll gearbeitete romani-sche Säulen aus der einstigen Burgkapelle den Chorraum.26 Mit diesen verbliebenen steinernen Do-kumenten wollten die Malteser an ihr Patronatsrecht an der untergegangenen Pankratiuskapelle erin-nern. Selbst das wurde hinfällig, als die Säkularisation 1803 die Ordenskommende mit sämtlichem Besitz auflöste. Aus St. Johannis von Jerusalem wurde die Pfarrkirche St. Martinus. Sie kam mit ihrer Bauunterhaltung über den preußischen Fiskus zum Land NRW als Rechtsnachfolger und steht der Ortsgemeinde für den Gottesdienst zur Verfügung. In der Kirche ist die älteste Altarmensa des Bergi-schen Landes erhalten, für den sich die Gemeinde aus dem Dom zu Köln eine Reliquie ihres als heilig verehrten Engelberts erbat.27 Der 1225 gewaltsam zu Tode gekommene Erzbischof hatte vor fast 800 Jahren diesen Altar gestiftet und geweiht. 25 Rudolph Roth, Schloss Burg an der Wupper – seine Geschichte chronologisch geschildert, Burg a. d. W. 1921. S. 76. 26 Zur Herkunft der spätromanischen Säulen gibt es unterschiedliche Auffassungen von: Paul Clemen, Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. III, Düsseldorf 1894. S. 42-44. Johannes Fahmüller, Die katholische Pfarrkirche St. Martin in Solingen-Schloss Burg, in: Romerike Berge 48. Jg. Heft 1, Solingen-Burg 1988. S. 2-11. Irmingard Achter, Die Reformationskirche in Hilden, Gedanken zu ihrer Architektur ihrer Datierung und ihrem Bauherrn, Vortrag am 4. 9. 1985 in Hilden. Text in: Chronik der ev. Kirche Hilden Nr. 27/28, Hilden 1988. A. Sassen / C. Sassen, Eine Doppelkapelle Engelberts II. in Schloss Burg, in: Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2009. Die Kirche des ehemaligen Hospitals St. Johannis von Jerusalem in Schloss Burg, in: Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2011. S. 19, 52, 61. 27 Robert Killing, Die St. Martinuskirche in Burg an der Wupper, Solingen-Burg 2006. S. 15.19 Schloss Burg, der Rittersaal nach Fertigstellung des Historienzyklus durch Claus Meyer und Hans Kohlschein 1903. Abbildung: Archiv Schloss Burg. Der Maler Hans Kohlschein im Rittersaal von Schloss Burg Vor 100 Jahren fand die künstlerische Gestaltung der Innenräume von Schloss Burg ihren Ab-schluss. Allein für die Ausmalung des Rittersaals hatte der Kunstverein für die Rheinlande und West-falen die bedeutende Summe von 50 000 Goldmark zur Verfügung gestellt und damit die Künstler der Düsseldorfer Malerschule in die Lage versetzt, ein Gesamtkunstwerk besonderer Art zu schaffen. Trotz wandelnder Kunstauffassungen und abwertender Kritiken blieben die Wandbilder von Zerstö-rung verschont und damit einer der umfangreichsten Freskenzyklen Deutschlands erhalten. Die gemal-te Wanddekoration des Rittersaals ist heute nur noch zur Hälfte sichtbar. Infolge des Schlossbrandes von 1920, hatte man die beschädigte ornamentale Malerei unterhalb der Historiendarstellungen, beste-hend aus Vorhängen und Textbändern mit einem hölzernen Sockel verdeckt. Viele der in den Freskobildern dargestellten Menschen waren Zeitgenossen der ausführenden Künst-ler. In der Historienmalerei war dies ein beliebtes Mittel, den Bildern mehr Authentizität zu geben. Es finden sich Portraits des Architekten und Schlossbaumeisters Gerhard August Fischer, des Schloss-bauvereinsgründers Julius Schumacher mit einem Neffen, des Köln-Wiener Architekten Friedrich v. Schmidt, des Remscheider Unternehmers Vaillandt, der Düsseldorfer Maler Peter Janssen, Claus Meyer und Hans Kohlschein sowie der damals 14jährigen Tochter Claus Meyers Gertrud (Trudy). Nach dem Vergabewettbewerb zur Ausmalung des Rittersaales von 1897, fiel die Entscheidung des Kunstvereins der Rheinlande und Westfalen auf den Düsseldorfer Akademieprofessor August Eduard Nicolaus Meyer, bekannt als Claus Meyer (1856-1919). Der aus Hannover-Linden stammende Künst-ler machte nicht durch die damals vorherrschende Monumentalkunst von sich reden, sondern durch zahlreiche Genrebilder. Meyer verfügte aber über ein breit gefächertes Wissen, besaß den richtigen 20 Vom romantischen Erscheinungsbild der wiedererrichteten Burg zeugt diese Zeichnung des Malers Hans Kohlschein auf einer Postkarte aus dem Jahr 1903. Eine junge Frau verfolgt aus dem Giebel des Torhauses das Treiben mehrerer Reiter vor der Mauer am Diebsturm des Hochschlosses. Abb.: Archiv Kohlschein, Dortmund. Blick für große Bildformate und beherrschte die unerlässlichen handwerklichen Kenntnisse der Fres-komaltechnik. Nach Beginn der Vorarbeiten 1898 arbeitete Meyer intensiv an der Dekoration des Rittersaals, dies ohne seine Pflichten als Hochschullehrer zu vernachlässigen. Insgesamt brauchte er sechs Jahre, um die Ausmalung des Saales fertig zu stellen, nicht zuletzt, weil witterungsbedingte Widrigkeiten ihn immer wieder zur Unterbrechung zwangen: Im Winterhalbjahr waren schlechte Lichtverhältnisse zum Malen, außerdem stand bei Minustemperaturen kein Kalk für den Wandputz zur Verfügung, da die Kalklösch- und Lagergruben im Außenbereich einfroren. Gab es Anlieferungen von Putzmaterial, war es zu kalt, sodass der Kalkmalgrund im ungeheizten Rittersaal mit dem Farbauftrag nicht abband. Meyer stand unter Zeitdruck und kam nicht umhin, einen Teil der Gestaltung seinen Assistenten zu überlassen. Der Ausmarsch der bergischen Freiwilligen, das erste Bild, das man in Angriff nahm, wurde von Meyers Kollegen und ehemaligem Meisterschüler Hermann Huisken begonnen. Als dieser schon bald darauf verstarb, musste Claus Meyer das Werk selbst vollenden. Nach dem Verlust Huiskens trat unter den Assistenten Claus Meyers ein anderer Meisterschüler hervor: Hans Kohlschein (1879-1948). Die künstlerische Begabung des damals Neunzehnjährigen war ebenso frühzeitig wie systematisch vom Vater, dem Düsseldorfer Kupferstecher Josef Kohlschein28 gefördert worden. Im Wintersemester 1892/93, gerade dreizehn Jahre alt, kam Hans Kohlschein zur Düsseldorfer Kunstakademie, an der ihn Heinrich Lauenstein, Eugen Kampf, Peter Janssen und auch Eduard von Gebhardt unter ihre Fittiche nahmen. Unter ihrer Anleitung wandte er sich erfolgreich dem großen Gemäldeformat zu, und erarbei-tete sich als Siebzehnjähriger mit der Ausmalung des Sitzungssaales im Kaffeeunternehmen Kathrei-ner in Uerdingen das enorme Honorar von 6000 Goldmark.29 28 Josef Kohlschein (1841-1915)lehrte seit 1863 an der Akademie. Im Kulturkampf wurde ihm aber aufgrund seiner katholischen Glaubenszugehörigkeit der Titel Professor der Akademie vom preußischen König verwehrt. 29 Die Kathreiner-Gemälde sind nach 1945 verloren gegangen.21 Als der Maler Claus Meyer in Düsseldorf seine Professur übernahm, schloss sich der junge Hans Kohlschein dessen Meisterklasse an. Sie fanden gemeinsame Interessen, standen sich sowohl künstle-risch als auch menschlich nahe und unternahmen gemeinsame Studienreisen zu den niederländischen Meistern.30 Durch den Anschluss an die Familie Meyer ergab sich die noch lange nach seiner Lehrzeit währende offene Freundschaft mit Gertrud „Trudy“ Meyer, der damals vierzehnjährigen Tochter Claus Meyers. Er schrieb ihr zahlreiche Grußpostkarten, auf denen er mit flotter Feder seine Aufent-haltsorte skizzierte. Diese Postkarten (siehe Abb. S. 20) sind erhalten geblieben und werden im Archiv Kohlschein, Dortmund aufbewahrt.31 Während seiner mehrjährigen Burger Assistentenzeit wurde Kohlschein umfassend in der Kunst und Technik der Freskomalerei unterwiesen. Als findiger junger Mann entwickelte er dabei ein Verfahren, das der bisher üblichen Technik, ein Fresko Stück für Stück in Farbe auszuführen, überlegen war. Kohlschein führte die Wandbilder in einem monochromen Grundton aus. Dadurch wurden die Kontu-ren definiert und gleichzeitig eine ansatzfreie Einheitlichkeit in der Bildfläche erzielt. Erst dann ver-lieh er der Bildkomposition die Farbe.32 Kohlschein konnte selbst den kritischen Eduard von Geb-hardt, einen seiner ersten Akademielehrer, von seiner Maltechnik überzeugen. Gebhardt gab Kohl-schein die Gelegenheit in seiner Malklasse diese Arbeitsgänge zu demonstrieren. Kohlschein hatte die Gabe, sich ganz auf die künstlerische Handschrift, die Formen- und Farbenwahl seines Lehrers Meyer einzustellen,33 so dass dieser ihn schon beim zweiten Bild, der 1900 vollendeten Schlacht bei Worringen die Pferdedarstellungen nach den Vorlagekartons malen ließ. Als sich dann bei den Gemäldethemen an der Kaminseite Die Ermordung des Kölner Erzbischofs Engelbert 1225 34 ergab, konnte Kohlschein sein Talent ganz unter Beweis stellen. Die künstlerische Rekonstruktion dieses dramatisch-historischen Geschehens verlangte, Engelbert und seine Meuchelmörder hoch zu Ross darzustellen.35 Claus Meyer hatte für den Wettbewerb zwar zu dem Thema bereits einen Ent-wurfskarton erarbeitet (Abb. S. 23), doch Pferde- und Reiterszenen gehörten bei aller Begabung nicht zu seinen bevorzugten Bildmotiven. Kohlschein dagegen hatte sich von jeher mit Pferdestudien aller Art befasst und Meyer besaß den notwendigen Großmut und außergewöhnlichen Weitblick, dieses Thema seinem Meisterschüler zu freier Gestaltung und Ausführung zu überlassen. Seine Entscheidung sollte sich auszahlen; denn die zeitgenössische Kritik nahm das Gemälde Hans Kohlscheins mit über-wältigendem Lob auf. Die Begeisterung der Kritiker lässt sich auch heute noch nachvollziehen: Die Ermordung Engelberts entfaltet eine Dynamik und Dramatik, wie sie auf keinem anderen Gemälde im Rittersaal zu finden ist. Dieses Bild wird heute jedoch als ein Werk Claus Meyers angesehen und traditionell als Glanzstück seines Schaffens in den Veröffentlichungen über Schloss Burg herausgestellt.36 Dass diese Zuschrei-bung so nicht stimmen kann, lässt sich mit den Arbeiten Kohlscheins belegen. Die größte Ähnlichkeit mit dem Burger Fresko weist eine aquarellierte Federzeichnung mit dem Titel Angriff zu Pferde auf, eine Studie Kohlscheins zur Schlacht bei Warburg im Siebenjährigen Krieg37. In dieser Studie ist das voranjagende Pferd praktisch identisch mit dem in der Burger Darstellung. Auch hier beherrscht Kohl-schein nicht nur meisterlich das Motiv, sondern weiß es auch zur Höchstform zu steigern. Das Unge-stüme dieser Szene ist nicht zu übertreffen. Kohlschein nutzt die Mittel der Psychologie. Im Angriff zu 30 Kurt Schümann, Hans Kohlschein zu seinem 90. Geburtstag, in: Schützenzeitung Düsseldorf, 3, März 1969. 31 Im Archiv Hans Kohlschein, p. A. Brigitta Landsberg, Dortmund. 32 Kurt Schümann, a. a. O. S. 49. Kramer, Wilhelm, Gedenkrede zum 70. Geburtstag Hans Kohlscheins, War-burg 1948, S. 10. 33 Das zeigt sich besonders in den ab 1902 erstellten großen Wandbildern in der Villa Elmendorf in Isselhorst. 34 Das Kloster Oelinghausen erinnert an das Verbrechen an Engelbert II. mit einem barocken Ölgemälde. 35 Wahrscheinlich gingen dem Bild eingehende Recherchen voraus. Vgl. dazu: Engelhardt, Gustav Heinz, Der Tod des Erzbischof Engelbert, nach Caesar von Heisterbach, in Romerike Berge, Heft 2, 2006, S.6f. 36 Dirk Soechting, Die Wandmalereien in den historischen Räumen in Burg. R.B. Heft 2, 1983, Katalogabbil-dungen. 37 Die Zeichnung „Angriff zu Pferde“ (L70, 45x65, Tusche/Feder) ist zwar unsigniert, stellt aber die Vorzeich-nung zur Schlacht bei Warburg dar (L73, 66x90, Öl/Leinwand), signiert Hans Kohlschein 1902. Privatbesitz Warburg.22 Schloss Burg, Rittersaal. Die Ermordung Engelberts II. v. Berg von Hans Kohlschein 1901. Die Szene zeigt den Kölner Erzbischof Engelbert, der im Hohlweg bei Gevelsberg seinen Mördern zu entkommen sucht. Aufnahme der Verfasser 2007 Pferde fühlt sich der Betrachter instinktiv bedroht von den rechts vorpreschenden Reitern und möchte ihnen ausweichen. Obwohl eine im Prinzip ähnliche Szene, empfindet man die Flucht Engelberts an-ders, und gibt dem von oben links nach rechts Vorbeijagenden unwillkülich den Weg frei. Auch wenn sich das Wandbild in Burg nahtlos in den Freskenzyklus einordnet, unterscheidet sich Kohlscheins Darstellung grundlegend von den anderen Wandgemälden. Er weiß die Szene durch radi-kale Vereinfachung auf die wichtigen Dinge zu beschränken, abstrahiert die Umgebung und beschleu-nigt das Tempo der Agierenden. Es ergibt sich der Effekt der mitgezogenen Kamera, den man erst Jahrzehnte später bei der Sportfotografie wieder verwendet. Kohlscheins Farbenwahl ist wesentlich reduziert, er verwendet ungebrochene Farbtöne, die in grellen Kontrasten gegeneinander gesetzt sind. Verbindungen von Gelb und Rot dominieren zur expressiven Steigerung des dramatischen Gesche-hens. Der deutliche Einsatz von Violett lässt eine Hinwendung zum Jugendstil erkennen. Hans Kohlschein übertrifft in diesem Gemälde seinen Lehrer Claus Meyer, dessen Burger Bilder sich schon ansatzweise vom offiziellen Kunstbetrieb lösen. Erst Kohlscheins Engelbertszene weist konse-quent einen Weg aus der akademisch erstarrten nationalen Malerei.23 Claus Meyer. Entwurf zur „Ermordung Engelberts“, den Meyer für seinen Historienzyklus zum Wettbewerb 1897 einreichte. Sein Schüler Hans Kohlschein übernahm das Motiv, führte das Wandbild 1901 jedoch in unübertroffener Dramatik aus. Malerei in Wasserfarben auf Karton Größe 65 x 110. Privatbesitz in Köln Ganz im Gegensatz zu allen anderen Gemälden des Rittersaals wurde dieses Bild jedoch nicht signiert. Auch unter dem 1920 vorgebauten Holzsockel wird man keinen Namenszug finden. Nach den Erinnerungen der Familie Kohlschein, forderte Claus Meyer seinen Schüler bei der Vollen-dung der Engelbertszene auf, seinen Namen darunter zu setzen. 38 Hans Kohlschein lehnte dieses aber mit der Begründung ab, dass allein sein Lehrmeister mit den Arbeiten im Rittersaal Schloss Burgs beauftragt sei. Es war Kohlschein als Assistenten und Meisterschüler der Akademie ohnehin nicht gestattet, an diesem Ort zu signieren. Er musste sich den Regeln der Akademie fügen. Aus Solidarität und Respekt vor der Leistung seines Schülers hat Meyer das Bild ebenso nicht signiert. An dieser Stel-le sei jedoch noch einmal an die Gewohnheit der Historienmaler erinnert, den in ihren Gemälden wichtigen Personen Porträtcharakter mitzugeben um die Glaubwürdigkeit ihrer Darstellungen zu stei-gern. Nach Meinung der Verfasser verfuhr auch Kohlschein bei seinem Bild nach diesem Grundsatz, indem er dem fliehenden Erzbischof sein Selbstporträt – natürlich in gereiftem Alter – verlieh. Der Maler besaß die Fähigkeit dazu und sicherlich auch das Selbstbewusstsein, zumal sein Lehrer beim Bild Die Schlacht bei Worringen ähnlich gehandelt hatte. Es blieb bei dieser internen Regelung der Künstler, die in Burg kaum beachtet wurde und in Vergessenheit geriet. Eine frühe Bestätigung Kohlscheins Urheberschaft auf die Engelbertszene ist im Schlossführer von 1906/07, einem frühen eingehenden Buch über Schloss Burg, nachzulesen. Sein Verfasser, der Muse-umsleiter Rudolf Roth schreibt auf Seite 41: Bild III: Ermordung Engelberts von Berg, … (Ausgeführt nach dem Entwurf Claus Meyers durch seinen Schüler Hans Kohlschein). Wahrscheinlich war die in Klammern gesetzte Anmerkung späteren Verfassern von Schlossführern nicht wichtig, so dass sie fortan nicht mehr übernommen wurde. In der Erinnerung der Freunde und Malerkollegen ist die Arbeit an dem Wandbild in Schloss Burg auch nach dem Tode Kohlscheins lebendig geblieben. So weist eine abgedruckte Rede zu seinem 70. Geburtstag darauf hin, ebenso das Verzeichnis zu seiner Düsseldorfer Gedächtnisausstellung von 1952.39 Im Dezember 1957 erschien in den Düsseldorfer Malkastenblättern ein Aufsatz des Historikers 38 Auf diese Darstellung des Sachverhalts hat der Maler Edmund Anton Kohlschein (31.5.1900-15.5.1996), mehrfach hingewiesen. Nach freundlicher Auskunft von Frau Brigitta Landsberg, einer Enkelin Hans Kohl-scheins. 39 Vgl. Zur Gedächtnisausstellung Professor Hans Kohlschein im Kunstverein vom 11. Mai bis 8. Juni 1952.24 Hans Kohlschein, Angriff zu Pferde, Vorzeichnung zum Ölgemälde Die Schlacht bei Warburg, 1902. Tusche/Feder, 1901/02, 45 x 65, L 70, Archiv Kohlschein, Dortmund. Dr. August Dahm. Unter dem Titel „Berühmte und bemerkenswerte Mitglieder des Künstlervereins Malkasten“ ist über Kohlschein zu lesen: „…Es traf sich günstig, daß Claus-Meyer (1897) bei dem Wettbewerb um die Ausmalung der fürstli-chen Residenz in Schloss Burg den großen Auftrag erhielt, die Wandgemälde im Rittersaal auszufüh-ren. Claus-Meyer zog den jungen Künstler [Kohlschein] mit heran; nicht nur dies, er gestattete ihm, eines der Bilder selbst zu entwerfen und auszuführen. Es ist dies nicht eines der großen, jedoch leben-digsten Bilder, das den Überfall Engelberts von Berg, des Erzbischofs von Köln, im Hohlweg zu Ge-velsberg am 7. November 1225 darstellt. Claus-Meyer verstand sich weniger auf Pferde, mehr dage-gen sein Schüler. Prachtvoll, wie Engelbert auf stürmendem Roß dem ihm nachsetzenden Mörder zu entfliehen sucht. Den jungen Künstler mochte es mit berechtigtem Stolz erfüllen, daß er mit so bedeutenden Malern wie Claus-Meyer und den mit der Ausmalung weiterer Säle beauftragten Peter Janssen, H. Huysken, A. Schill und P. Spatz in gemeinsamer Arbeit tätig sein durfte.“40 Nach Fertigstellung der Ostwand im Rittersaal trat eine einjährige Arbeitsunterbrechung Claus Meyers in Burg ein. Es war ohnehin Beginn der kalten und dunklen Jahreszeit, in der Meyer einen eiligen Auf-trag für ein großes Ölgemälde im Ratssaal des Rathauses in Duisburg übernahm. Sein Kollege Willy Spatz hatte die Anfertigung eines gleichgroßen Gegenstücks übernommen, so dass beide Maler in beieinanderliegenden Ateliers in der Akademie in Abstimmung zueinander malen konnten. Hans Kohlschein dagegen begann noch im Jahr 1902 mit der Arbeit an den Wandbildern im Salon der Villa 40 Dahm, August, Hans Kohlschein, Berühmte und bemerkenswerte Mitglieder des KV „Malkasten“, in: Düs-seldorfer Malkastenblätter, 12/1957. 40 Hahn, Horst, Vorläufiger Untersuchungsbericht des Rheinischen Amts für Denkmalpflege über die Restaurie-rungsarbeiten im Polizeipräsidium in Wuppertal vom 26. März 2001 25 des Brennereibesitzers Elmendorf in Isselhorst bei Gütersloh. In den kalten Wintermonaten erstellte er die Vorzeichnungen in Originalgröße für die Pausen und führte im Verlauf von 1903 zwei Monumen-talgemälde nach Themen aus Goethes Faust aus. Es entstanden der Osterspaziergang nach den Zeilen, Vom Eise befreit sind Strom und Bäche…, in einem großen wandfüllenden Bild und ein etwas kleine-res Werk, das als Faustschule bezeichnet wird. Auch hier spielt Hans Kohlscheins Porträtkunst mit ein, denn im Osterspaziergang ist der in Helm und Harnisch marschierende Faust sein Lehrer Claus Meyer. In der sogenannten Faustschule ist man Zeuge der Unterhaltung zwischen Famulus und Me-phisto, wobei den Part des Famulus der damals junge Sohn des Hausherrn, Friedrich Elmendorf über-nahm. Die Erwähnung der Wandgemälde in der Villa Elmendorf ist hier insofern wichtig, da sie als eine direkte Fortsetzung der Malweise in der Art von Schloss Burg in einem Privathaus zu werten ist. Die Wahl der erdigen Farben für die Szenerie der ähnlich agierenden Personen in etwa gleichgroßen Bildabmessungen wird im ostwestfälischen Isselhorst nahtlos von Kohlschein fortgeführt. Für ihn bedeutete das Werk die Erwerbung des Meistertitels der Akademie und die Auszeichnung des Ersten Preises für Freskomalerei. Der Name Hans Kohlschein rückte erst kürzlich im Zusammenhang mit dem Polizeipräsidium Wup-pertal wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Restaurierungsarbeiten deckten ein Wandbild von ihm auf, das ursprünglich zu einem größeren Zyklus gehörte.41 Seine Entstehungszeit 1940/41 wirft die Frage auf, ob Kohlschein seine Kunst in den Dienst der nationalsozialistischen Machthaber stellte. Geht man allein vom Erscheinungsbild der Darstellungen aus, so spiegeln sie eine deutliche Anpassung an den propagandistischen Stil des Dritten Reiches. Von dieser Arbeit sind zwar Entwürfe in einem ästheti-schen und moderaten Neoklassizismus erhalten, ihre Ausführung zeigt aber, dass der Künstler sich letztlich nach den Ansprüchen seiner Auftraggeber richtete oder richten musste. Kohlscheins persönliches Verhältnis zum Dritten Reich wurde schon früh von kritischen Erfahrungen geprägt. Eine Anstellung an der Akademie – wie vor 1927 – war nicht zu erwarten, da seine Frau Ella jüdische Großeltern hatte, was bei seiner Schwägerin die Entlassung vom Schuldienst bedeutete. Doch es kam noch schlimmer: 1937 wurde Kohlscheins Bild „Vor der Stadt“ aus der Kunstsammlung Düs-seldorf von der Willrich-Kommission als entartet bezeichnet, beschlagnahmt und zerstört. Zuvor hatte Kohlschein eine Hitlerkarikatur gezeichnet, die nahe legt, dass er dem Nationalsozialismus äußerst kritisch gegenüber stand. Kohlschein hatte zwar kein Malverbot, doch die fehlende Anstellung und ausbleibende Privatschüler brachten ihn und seine Familie in finanzielle Not. Er musste sich wie viele seiner Kollegen nach Brot-aufträgen umsehen. Kohlschein bekam Angebote für öffentliche Gebäude und malte in großem Um-fang bei Henkel in Düsseldorf. Zwar deckte sich sein in den 20er Jahren entwickelter Monumentalstil annähernd mit den Ansprüchen der Machthaber, doch arbeitete er nie ganz in deren Sinne. Das zeigte sich darin, dass er an den seit 1937 regelmäßig stattfindenden Ausstellungen im Haus der Kunst in München nie vertreten war. Auch blieben Kohlschein während dieser Zeit jegliche Auszeichnungen versagt. Mit seinen künstlerischen Fähigkeiten und der handwerklichen Beherrschung fast aller Malsti-le wäre es ihm ein Leichtes gewesen, sich das nötige Wohlwollen der Nazis zu sichern. Die neben den Auftragsarbeiten zahlreich entstandenen Landschaftsbilder aus der Umgegend von Warburg lassen eher auf eine innere Emigration des Künstlers schließen. Im Verlauf des Krieges musste Kohlschein erleben, dass von seinen Werken eines nach dem anderen verloren ging und 1943 sein Düsseldorfer Wohnhaus samt Atelier vernichtet wurde. Die Enttäuschungen der letzten Jahrzehnte und schließlich der Verlust seines Domizils mit sehr vielen seiner Arbeiten traf ihn sicher mehr als die Menschen aus seiner Umgebung mitbekamen. In der Nähe von Warburg war ihm ein kleines Landhaus geblieben, wohin er sich mit seiner Frau zurückzog und weiterarbeitete, bis er 1948 starb. Biedermann, Birgit, Hans Kohlschein 1879–1948 Leben und Werk, Warburg 2002. Köhn, Silke, Hans Kohlschein, Monumentalmalerei, in: Sammler Journal, Reichertshausen, Nov. 2008, S. 66 ff. Zielke, Sigrid, Hans Kohlschein Ein Künstlerleben in Zeiten des Umbruchs, Faltblatt zur Ausstellung auf Schloss Cappen-berg 2009. Köhn, Silke, Warschau in den Kriegsjahren 1915–18 in den Bildern von Hans Kohlschein, Katalog zur Ausstellung in War-schau, Böhnen 2013.26 Schloss Burg. Rittersaal, Wandbild Die Befreiung des Herzogs Wilhelm I. von Berg durch seine Söhne. Claus Meyer 1903 Aufnahme der Verfasser 2008. Das Historiengemälde „Die Befreiung Herzog Wilhelms I. von Berg“ Dieses Wandbild auf der Westseite des Rittersaals versetzt uns in das Jahr 1404. Nachdem in der Erb-folge mehrere Grafen kinderlos geblieben waren, ging die Grafschaft Berg – durch das Erbe der Graf-schaft Ravensberg in Ostwestfalen bedeutend angewachsen – an das Haus Jülich. Von nun an weht über Schloss Burg das Zeichen eines schwarzen Löwen im goldenen Feld. Aus diesem Hause geht Wilhelm II. von Berg hervor, der aufgrund seines großen Herrschaftsgebietes 1380 von Kaiser Wenzel zum Herzog erhoben wird. Als Herzog Wilhelm I. von Berg verlegt er seine Residenz nach Düssel-dorf, verleiht Solingen Stadtrechte und macht Burg zur Freiheit. Auch der Dom in Altenberg wird vollendet, dessen großes Westfenster an seinen landesherrlichen Stifter erinnert. Die letzten 10 Jahre seiner Lebens sind mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Nach der Niederlage in der Schlacht bei Cleverhamm gerät er in Gefangenschaft und muss sich gegen ein horrendes Lösegeld freikaufen. Zu finanziellen Schwierigkeiten gesellen sich innerfamiliäre Probleme. Sohn Adolf, von jeher auf Macht und Fehden bedacht, reißt frühzeitig die weit entfernte Grafschaft Ravensberg an sich und versucht durch einen Staatsstreich, seinen Vater auszuschalten. Es gelingt ihm durch Täuschung die Oberhand über die Gefolgsleute seines Vaters zu bekommen, diesen auf der Reise von Benrath nach Köln am 28. November 1403 in Monheim zu verhaften und ihn in Schloss Burg einzusperren. Die Öffentlichkeit wird dahingehend informiert, dass der alternde Herzog mit den Staatsfinanzen nicht zurechtkommt, so dass seine Gefangenschaft in Burg allgemein toleriert wird. Nach elf Monaten, am 24. August 1404, eine Stunde nach Mitternacht, wird Herzog Wilhelm in Burg befreit. Sein Koch und dessen Ehefrau helfen ihm aus dem Verlies. Die Herzogin hatte die Befreiung 27 mit den Söhnen Gerhard und Wilhelm vorbereitet und sich dafür Rückhalt beim Erzbischof von Köln und anderen einflussreichen Männern geben lassen. 42 Claus Meyer platziert die mitternächtliche Szenerie zwischen zwei Fenster des Rittersaals und lässt die beiden Söhne Gerhard und Wilhelm den Vater aus der Gefangenschaft ihres Bruders Adolf von Ravensberg befreien. Die dargestellte Räumlichkeit zeigt, dass der Herzog seine Gefangenschaft nicht gerade im wohnlichen Teil der Burg verbringen durfte. Im oberen Winkel des Bildes lehnt sich eine Wächtergestalt mit Schlüsselbund auf die Holzbrüstung und beobachtet den Weggang des von der Haft geschwächten Herzogs. Schwer stützt sich dieser mit seinem gebeugten Körper auf den noch jugendlichen Sohn. Im Vordergrund rechts hebt ein Helfer mit Mantel und Pelzmütze – wahrschein-lich der zweite Sohn - seine Lampe und leuchtet die ausgetretenen Stufen der Treppe aus. Dramatisch beleben auf der Wand die Schatten von Vater und Sohn die Szene. Auch bei diesem Wandbild greift Meyer zu einem bewährten Mittel seiner Darstellungskunst; er über-trägt Julius Schumacher, den Gründer des Schlossbauvereins die Rolle des greisen Herzogs und dessen Enkel die des Herzogsohns. Eine zufällig von Meyer aufgenommene Studie des alten Mannes, der zuletzt nur noch mit der Hilfe eines seiner Enkel Schloss Burg aufsucht, wird zum Motiv dieses Bil-des. Als das Freskogemälde 1903 entstand, war Schumacher nicht mehr in Burg dabei; er starb am 28. Juni 1902 und wurde unter großer Anteilnahme auf dem Wermelskirchener Friedhof beigesetzt. Ein Jahr später, bis heute unbemerkt von der Allgemeinheit, weist Claus Meyer in diesem Bild auf das tragische Geschick Schumachers in seinen letzten Lebensmonaten hin. Doch warum malt er ihn als gebrochenen alten Mann? Meyer zeigt Schumacher als Darsteller des alternden Bergischen Herzogs – er ist wie dieser am Ende enttäuscht und ausgebrannt - jenseits aller Erfolge und Ehren.43 Friedrich Julius Schumacher wurde am 15. August 1827 als Sohn der angesehenen Wermelskirchener Unternehmerfamilie in den „Bürgerhäusern auf der Eich“ geboren.44 Er fand früh Interesse an der Ge-schichte seiner Heimat und musste in jungen Jahren mit ansehen, wie das mittelalterliche Schloss Burg binnen kurzer Zeit ausgeplündert und zerbrochen wurde. Das Schwinden auch der letzten Ruinen motivierte den inzwischen erfolgreichen Unternehmer, den Bergischen Geschichtsverein zu veranlas-sen, in einer Eingabe bei der Regierung jeden weiteren Abbruch in Burg zu verhindern45. Schumacher regte mit dem Ziel „Erhalt und Wiederaufbau“, die Gründung des Vereins an, aus dem der Schloss-bauverein Burg wurde. Zusammen mit seinem Mitstreiter, dem Architekten Gerhard August Fischer konnte er wie niemand sonst die Menschen für die Sache Burgs gewinnen und begeistern. Tatkräftig warb er für den langwierigen und kostspieligen Wiederaufbau um Finanzmittel, oder stellte Geld in großem Umfang aus seinem Privatvermögen zur Verfügung. Schumacher war es auch, der 1897 mit seiner Eingabe an das „Ministerium für Kultur- Unterricht- und Medicinalangelegenheiten“ in Berlin die umfangreiche künstlerische Ausgestaltung der Innenräume von Schloss Burg einleitete. Als Ken-ner und Liebhaber zeitgenössischer Kunst hatte er schon lange vorher Beziehungen zur Düsseldorfer Malerschule aufgenommen und bei den dortigen Künstlern das Interesse für die Dekoration der wie-derhergestellten Schlossräume geweckt. Durch die staatliche Finanzierung wurde es ermöglicht, dass Willy Spatz 1897 mit der Ausmalung der Schlosskapelle beginnen konnte. Bald darauf kam auch die Zusage des finanzstarken Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen, die Kosten der umfangrei-chen Ausmalung des Rittersaals zu übernehmen. Schumacher hielt eine feste und vertrauensvolle Freundschaft zu dem Baumeister Fischer, mit dem er alle Ideen und Möglichkeiten zur Weiterführung des Wiederaufbauwerks besprechen konnte. Schloss Burg war zu ihrem späten Lebenswerk geworden, für dessen Gelingen sie sich mit aller Kraft einsetz-ten. 42 Laute, Hansjörg: Die Herren von Berg. Solingen 1988. S. 29. Kolodziej, Axel: Herzog Wilhelm I. von Berg 1380-1408. Neustadt/Aisch 2005. 43 Vermutlich war es auch eine Abrechnung mit der preußischen Obrigkeit. 44 Die Firma Schumacher & Schmidt betrieb in Wermelskirchen eine Weberei und Wirkerei für Bandwaren. Für ergänzende Auskünfte über J. Schumacher, herzlichen Dank an Herrn Gerd Schumacher in Burg. 45 Brief Schumachers vom 27. November 1886.28 Julius Schumacher, links in einer Fotografie als erfolgreicher Unternehmer um 1885 und rechts als alternder Herzog Wilhelm von Berg, gemalt 1903 von Claus Meyer in einem Wandbild des Rittersaals von Schloss Burg. Es war für sie eine furchtbare Katastrophe, als kurz vor seiner Fertigstellung der Bergfried – Wunschtraum und Krönung ihrer gemeinsamen Arbeit – über Nacht einstürzte. Gerade hatten Zim-merleute den Dachstuhl des Turmes aufgerichtet und mit Brettern verschalt, als in der Nacht auf den 5. Januar 1902 ein aufkommender Orkan das noch ungedeckte und deshalb zu leichte Dachwerk anhob und verkantet auf den Turmschaft aufprallen ließ. Der Schlag ließ das frische, in den Wintermonaten unvollständig abgebundene Mauerwerk zu einem Großteil samt Dachstuhl in die Tiefe stürzen46. Es war zwar niemand zu Schaden gekommen, doch angesichts der Trümmer sollen beide Männer ge-weint haben, und für beide hatte es nachhaltige Folgen. Die preußische Oberbaudirektion wischte 20 Jahre ehrenamtlichen Einsatz vom Tisch und schickte Fischer umgehend fort; er durfte in Burg nicht mehr weiterbauen. Julius Schumacher musste ohnmächtig den kränkenden Verweis miterleben, womit ihm der langjährige Weggefährte und Berater genommen wurde. Zudem erhob sich von allen Seiten abfällige Kritik; denn der Bau des Bergfrieds war und musste aus Spenden finanziert worden. Entset-zen und Enttäuschung über die Vorgänge trafen den Mann sicherlich tief und ließen ihn krank werden. Mit nach außen ungebrochener Haltung vertrat er zwar weiterhin die Sache von Schloss Burg, doch ein halbes Jahr nach dem Unglück starb Julius Schumacher – vermutlich an gebrochenem Herzen. Claus Meyer, der mit Willy Spatz und den anderen Künstlern nicht nur Mitglied des Schlossbauver-eins war, sondern zum engeren Kreis um Schumacher und Fischer gehörte, verfolgte von Düsseldorf aus die dramatischen Vorgänge in Burg. 1902 malte er nicht im Schloss, sondern erledigte zusammen mit Willy Spatz eine Auftragsarbeit für den Ratssaal des neuen Rathauses47 in Duisburg. Bei seinen Besuchen in Burg, die nun in längeren Abständen erfolgten, entging ihm nicht, wie sehr der sonst so vitale Schumacher unter den vorherrschenden Dingen litt. Es zeugt von Menschenkenntnis und Weit-blick, dass Meyer aus diesem Erleben heraus ein Jahr später dem tragischen Herzog Wilhelm das Aus-sehen Julius Schumachers gab, um dem letzten Herrn auf Schloss Burg ein bleibendes Denkmal zu setzten. 46 Fischer, Gerhard August: Chronik des Wiederaufbaus von Schloss Burg 1887-1903. in: Für Kaiser, Volk und Vaterland, Köln 1987. Für freundliche Auskünfte über seiner Ur-Vorfahren Julius Schumacher danken die Verfasser Herrn Gerhard Schumacher, einem langjährigen, ebenfalls sehr aktiven Steiter für die Belange von Schloss Burg. 29 Schloss Burg, Rittersaal. Die Verlobung der Kinder Maria von Berg und Ravensberg mit Johann von Kleve am 25. November 1496 auf Schloss Burg als Vorbereitung zur Klever Union. Historiengemälde von Claus Meyer 1903. Aufnahme der Verfasser nach der Restaurierung 2008. Claus Meyer: Ausschnitte aus dem Fresko „Kinderverlobung auf Schloss Burg“ Links im Hintergrund am Pfeiler: der Abt von Altenberg mit Herzog Johann II. v. Kleve, Vater Johanns. Mitte: Sybille v. Brandenburg, die Mutter Marias und die noch sichtbare Hand Herzog Wilhelms II. v. Berg. Rechts das Verlobungspärchen Maria und Johann. Aufnahmen der Verfasser30 Der Janstein im ravensbergischen Niehorst und die Kinderverlobung in Schloss Burg an der Wupper In der Nähe von Isselhorst in Westfalen, am Beginn des Reithallenwegs zwischen den Ort-schaften Niehorst und Hollen, steht seit 60 Jahren der Janstein. Im Jahre 1950 besann man sich zur 900-Jahrfeier in Isselhorst auch auf die geschichtlichen Wurzeln der Bauerschaften des Kirchspiels und stellte ihn zur Erinnerung an die Vergangenheit Niehorsts auf. Seit dieser Zeit stehen auf einem alten Mühlstein ein Graupenstein und darauf ein beschrifteter Findling. Unter dem Medaillon eines Renaissancebildnisses ist zu lesen: JANSTEIN JOHANN DEM FRIEDFERTIGEN GRAFEN v. RAVENSBERG 1511-1539 DEM GRÜNDER VON NIEHORST 12. 7. 1950 Richtig gesehen erfolgte damals keine Gründung von Niehorst; denn es gab dort nachweislich schon seit Jahrhunderten Bauernhöfe. Im freien Markenland, also auf dem Besitz des Landes-herrn wurden sogenannte Markkötter angesiedelt, die 1535 namentlich in den Ravensberger Regesten erscheinen und auch auf der Rückseite des Findlings eingeschlagen sind. Man folgte dem Verfahren der Einhegungen, durch das in ganz Europa unbewohntes Land oder Brach-land in Privateigentum überführt wurde. Dieses erbrachte mit verbesserten Anbaumethoden einen enormen Anstieg der Produktivität und des Einkommens in der Landwirtschaft. Herzog Johann I. aus einer Stadtansicht von Emmerich am Rhein mit den Bildnissen der letzten sechs Herzöge von Kleve. Ölgemälde auf Holz von 1630. Die Geschichte von Niehorst ist aber ein spezielles Thema. Interessieren soll uns hier der Landesherr Johann, den man nachträglich den „Friedfertigen“ nannte; denn er verfolgte eine politische Linie mit zurückhaltender Nutzung seiner Machtmittel. Johanns ungewöhnlicher Lebensweg bietet Stoff für einen Roman oder Spielfilm mit historischem Hintergrund. Jan oder Johann, vollständig genannt Johann III. (I.) Herzog von Kleve-Mark Herzog von Jülich-Berg und Graf von Ravensberg. Die Fülle seiner Macht hatte er durch Heirat erworben und gebot über ein Territorium, annähernd vergleichbar mit der Fläche Nordrhein-Westfalens. 31 Schloss Burg, Ahnensaal, Schill und J. Osten 1906. Das Herzogpaar Johann III. und Maria Ausschnitt aus der Ahnenreihe der Herren von Berg. Aufnahme der Verfasser Schloss Burg, Ahnensaal, Schill und J. Osten 1906 Das Allianzwappen der Klever Union mit den Herzogtümern Cleve, Jülich, Berg und Mark sowie der Grafschaft Ravensberg Aufnahme der Verfasser 32 Man muss sich erinnern, dass das ostwestfälische Ravensberger Land 320 Jahre lang fest mit dem Bergischen Land am Rhein verbunden war. So ist es nicht verwunderlich, wenn man in der Neustädter Marienkirche zu Bielefeld auf die prächtige Grabtumba eines Grafen Wilhelm von Berg und seiner Gemahlin Adelheid von Tecklenburg trifft. Ravensberg war bereits 1346 vom letzten Grafen Otto IV. durch Erbschaft an die einzige Tochter Margarete gekommen, die bald darauf auch die Grafschaft Berg am Rhein von ihrem kinderlosen Onkel Adolf VI. bekam. Die junge Margarete von Ravensberg ging also von Ostwestfalen zum Rhein und wurde Herrin auf Schloss Burg. Sowohl Margarete von Ravensberg und Berg als auch ihr Ehemann Gerhard von Jülich wurden Erben aussterbender Dynastien. Auch damals waren die Landesherren - von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht immer mit Kinderreichtum ge-segnet. So erging es schon drei Generationen später auch ihrem Nachfahren Herzog Wilhelm III. von Jülich-Berg und Ravensberg. In zweiter Ehe mit Sibylle von Brandenburg, musste er nach der Geburt seiner einzigen Tochter Maria einsehen, dass er wohl keine männlichen Nachkommen mehr haben würde. Aus diesem Grunde kam noch zu seiner Regierungszeit die Verbindung der Herzogtümer Jülich-Berg Ravensberg und Kleve-Mark zustande, die soge-nannte Klever Union. Die Vereinigung ging auf eine Männerfreundschaft zwischen Wilhelm III. und Johann II. von Kleve zurück, der ganz im Gegensatz zu Wilhelm nicht weniger als 63 uneheliche Kinder hatte. Vom Volk bekam er den Beinamen proletarius d. h. Kindermacher, von Papst Innozenz III. erhielt er dagegen die goldene Tugendrose, aber wohl wegen großzü-giger Stiftungen an die Kirche. Symbol und Pfand der auf Dauer angelegten Vereinigung der Länder war am 25. November 1496 auf Schloss Burg an der Wupper der Erbvertrag und die Verlobung der fünfjährigen Erbprinzessin Maria von Jülich-Berg und Ravensberg mit dem sechsjährigen Johann III. von Kleve-Mark. Den kirchlichen Segen spendete der Kölner Erzbischof Hermann IV. von Hes-sen. Auch ihn nennt man den Friedsamen, weil er als rheinischer Kirchenfürst ausnahmsweise auf Konsolidierung seines Erzbistums und um Ausgleich mit der Stadt Köln und der Region bemüht war. Vierzehn Jahre später, am 1. Oktober 1510 wurde die prunkvolle Hochzeit Marias mit Johann am Hof in Düsseldorf gefeiert und schon ein Jahr später trat Johann die Herrschaft in Jülich-Berg und Ravensberg an. Als sein Vater starb, erfolgte die Vereinigung von Kleve-Mark mit Jülich-Berg und Ravensberg zu einem großen, den ganzen Niederrhein umfassenden und bis Ostwestfalen reichenden Herzogtums. Unter der Regierung des nun Herzog Johann I. (1511-1539) genannten, dessen Ehe mit Maria glücklich verlief, erlebte das Land politisch, wirt-schaftlich und kulturell eine Blütezeit. An die goldenen Jahre Johanns erinnert auf Schloss Burg im Bergischen Land eine Reihe mo-numentaler Historiengemälde. Nachdem die alte Bergische Residenz um 1900 aus Ruinen wiedererstanden war, malte der Düsseldorfer Akademieprofessor Claus Meyer (1856-1919) den Rittersaal der Burg in romantischem Sinne mit Szenen der heimatlichen Geschichte aus. Das Thema der Kinderverlobung wurde unter den Fresken zum Bild einer außergewöhnlich friedlichen historischen Begebenheit; ein Hauptwerk Claus Meyers, dem das Thema offenbar sehr am Herzen lag. Unter seinen Assistenten war auch der Künstler Hans Kohlschein (1879-1948), der 1903 den umgekehrten Weg der Margarete von Schloss Burg ins Ravensberger Land ging und im dortigen Isselhorst den großen Salon der Villa Elmendorf mit Freskobildern ausgestaltete.33 Der Janstein von Niehorst, errichtet von Heimatfreunden des Isselhorster Kirchspiels 1950. Zeichnung des Verfassers von 199034 Schloss Burg, Kemenate, Das junge Herzogpaar Maria und Johann auf der Jagd im Bergischen Land. Der Düsseldorfer Maler Peter Janssen gestaltete 1906 die Kemenate mit vielen Bildern aus dem Leben des Herzogpaars. Es war Janssens letztes Werk bevor er starb. Aufnahme der Verfasser 2008. Die Szenerie der Kinderverlobung führt uns in einen Saal von Schloss Burg, in dem sich die Familien der Klever und der Bergischen Fürsten nebst Freunden versammelt haben. Aller Aufmerksamkeit gilt Erzbischof Hermann IV. von Köln, der den Erbvertrag verliest und die Verlobung der Kinder absegnen wird. Zu seiner Linken, im Blick der versammelten Gesell- schaft, das artig beisammen sitzende, fein gekleidete Prinzenpärchen. Den kleinen Johann hat man mit seiner Maria auf einer teppichbelegten Estrade in einen hochlehnigen Kastenthron gesetzt, wo sie die Beine baumeln lassen. Trotz des tapferen Herolds, der ihnen mit seiner Lanze zur Seite steht, wirken sie ein wenig verloren, während über ihren Köpfen große Politik gemacht wird. Auch der Maler Peter Janssen (1844-1908), Direktor der Düsseldorfer Akademie, nahm sich die Zeit Johanns I. des Friedfertigen zum Thema, und gestaltete die Burger Kemenate mit Szenen aus dem Leben des beliebten Fürstenpaars aus. Darunter ist die lebhafte Jagd der jun-gen Leute in den Wäldern um Schloss Burg. Zu guter Letzt begegnet uns das Herzogpaar im vollen Ornat mit seinem Allianzwappen in der Ahnengalerie, die von den Ornamentmalern Schill und Osten phantasievoll geschaffen wurde. Man hat die Bilderfolge in Schloss Burg lange Zeit belächelt und als überzogene Kunst der ausgehenden Kaiserzeit angesehen. Heute, nach mehr 100 Jahren, ist man eher bereit, sie als besondere Werke ihrer Zeit anzuerkennen. Als kürzlich durch eindringende Feuchtigkeit das Gemälde der Kinderverlobung zu zerfallen drohte, ist es von polnischen Restauratoren akri-bisch wiederhergestellt worden. Auch in Isselhorst ist man zeitweise mit königlichen Denk-steinen nicht gerade liebevoll verfahren. Der Janstein blieb die Ausnahme; er wird bis heute gehegt und gepflegt. Einfach und nachhaltig verweist er auf einen Fürsten, der einst friedlich und zum Segen für seine Landeskinder die Grafschaft Ravensberg zusammen mit seinen rhei-nischen Herzogtümern regierte. 35 Tatsächlich verfolgte Herzog Johann I., nachdem er volljährig das Erbe angetreten hatte, kei-ne kriegerischen außenpolitischen Ziele, sondern versuchte Toleranz im Inneren zu üben. Er stand der Reformation nicht gleichgültig gegenüber, doch seine Frau Maria blieb streng ka-tholisch und suchte Bestrebungen weitergehender kirchlicher Reformen kategorisch zu unter-binden. Das führte leider zu dem Drama, dass der bergische Prediger Clarenbach, auf die vom Landesherrn zugesagten Freiräume vertrauend, in Köln als Ketzer verbrannt wurde. Trotzdem blühten Handwerk und Gewerbe im Land, es war die Zeit Hans Sachs, Albrecht Dürers und Lucas Cranachs. Im Geiste des Humanismus verbesserte Johann das Schulwesen und förderte allgemein die wirtschaftliche Entwicklung in seinen Herzogtümern. Er versuchte zu Füßen der Burg Ravensberg die Ortsgründung Cleve, die aber erfolglos blieb. Die alte Residenz Schloss Burg erstrahlte noch einmal im großen Glanz, als er dort seine Tochter Sibylle mit Johann Friedrich von Sachsen vermählte. Diese Hochzeit erfolgte ebenso aus politischen Gründen, wie die Heirat Johanns zweiter Tochter Anna von Kleve mit Heinrich VIII. König von England. Die beiden waren sich aber nicht zugetan, was Anna von Kleve den Hals rettete; denn Heinrich wandte sich sogleich einer neuen Liebe zu. Herzog Johann I. starb am 6. Februar 1539 an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde am Niederrhein in der Klever Stiftskirche beigesetzt. So glückhaft das 16. Jahrhundert begonnen hatte, so unglückselig klang es aus. Aus der „Kle-ver Union“ wurde mit dem Tode des letzten, wiederum kinderlosen Herzogs Johann Wilhelm der „Jülich-Klever Erbfolgestreit“, in den sich Kaiser und Reichsfürsten einmischten. Nach nicht einmal 100 Jahren Bestand der Union wurden 1614 im Vergleich von Xanten die Länder des Herzogtums aufgeteilt. Die Grafschaft Ravensberg fiel mit Kleve und Mark an das über-wiegend protestantische Brandenburg, wo später Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst preu-ßische Geschichte machte. Literatur: Werner Beutler, Hermann IV. der Friedsame, in: Rheinische Lebensbilder, Bd. 13, Köln 1993. Gustav Engel, Die Ravensberger Regesten. Gustav Engel. Die Landeshoheit der Grafen von Ravensberg im Kirchspiel Isselhorst und die Grafen von Korf. Zur 900-Jahrfeier von Isselhorst, in: Ravensberger Blätter. Bielefeld 1950. Hansjörg Laute, Herzog Johann II., in: Die Herren von Berg, Solingen 1988. S. 33. Andreas Sassen / Claudia Sassen, Die Entstehung der Historienbilder im Rittersaal von Schloss Burg an der Wupper, in: Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2008. S. 35–40. Andreas Sassen / Claudia Sassen, Die ehemalige Kirche des Hospitals St. Johannis von Jerusalem in Schloss Burg, in: Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2011. S. 50. Dirk Soechting, Schloss Burg an der Wupper, Erfurt 2004.36 Schloss Burg, Rittersaal. Ausmarsch der Freiwilligen des Bergischen Landes im Jahre 1813. Linke Seite des Wandbildes von H. Huisken und C. Meyer von 1899. Foto: Andreas Sassen 2009. Die Begegnung auf der Treppe Zur Ausstellung „Napoleon im Bergischen Land“ (Schloss Burg 2006) und Axel Fuesers Auf-satz Napoleons Marschall Soult und die Solingerin Louise Berg (R. B. Heft 4, 2006) sollen diese Zei-len nachgetragen werden. Die in Ausstellung und Aufsatz behandelte Geschichte steht in bemerkens-wertem Zusammenhang mit dem 10. Wandbild im Rittersaal von Schloss Burg, das seinerzeit als Ausmarsch der Freiwilligen des Bergischen Landes zur Zeit der Befreiungskriege 1813 betitelt wurde. Es war aus einer Reihe in Auftrag gegebener Wandgemälde als erstes fertig gestellt worden, damit man Kaiser Wilhelm II. der sich am 12. August 1899 für eine Stunde in Schloss Burg einfand, seine marschierenden bergischen Untertanen präsentieren konnte. Obwohl die Bergischen kriegsmüde wa-ren48 und 1813 nicht gerade enthusiastisch zu den Waffen strömten, musste ein Geschichtsbild her, das zum Programm des preußischen Kaiserreichs passte. So huldigte dieses Gemälde oberflächlich be-trachtet der damaligen Staatsmacht und plakatierte die Treue der bergischen Untertanen. Seine Majes-tät wird sicherlich damit zufrieden gewesen sein. Doch stellt sich die Frage, wie sehr sich die Künstler wirklich vor den preußischen Glorienkarren spannen ließen. Das Hauptmotiv des Gemäldes, das sich auf der linken Bildhälfte befindet, zeigt Einzelheiten einer geschichtlich belegten Episode von 1796, die im Zusammenhang mit dem Einmarsch der franzö-sischen Truppen in Solingen steht. In die Szenerie am Eingang einer Ortschaft im Bergischen Land zieht ein Spielmannszug mit Trommeln und Pfeifen ein, gefolgt von zwei berittenen Offizieren und einem Unteroffizier. Sie führen einen langen Zug von Männern an, dessen Ende sich an der Biegung der Landstraße verliert. Die Bewohner des Ortes begrüßen freudig die Marschierenden, die sich – ganz ihrer Würde bewusst – fest geradeaus blicken. Auf dem Podest der zweiläufigen Treppe zum zurückstehenden bergischen Haus verfolgt ein älterer Herr mit Kappe, Weste und Kniebundhose das militärische Schauspiel, an seiner Seite eine junge Frau mit Spitzenhaube. Die beiden stützen sich auf das eiserne Treppengeländer und blicken nachdenklich dem Aufmarsch entgegen. Was sich hier beiläufig im Hintergrund des Bildes abspielt, deckt sich of-fensichtlich mit der heimatgeschichtlichen Begebenheit, die Axel Fuesers folgendermaßen wiedergibt: 48 Im Generalgouvernement Berg kamen nur 7000 Mann zusammen. Vgl. „Vom Provisorium zur Rheinprovinz“ in: „Napoleon“, R.B. H. 3, 2006. S. 57 f. 37 Schloss Burg, Rittersaal. Der Ausmarsch der Freiwilligen des Bergischen Landes im Jahre 1813. Rechte Seite des Wandbildes von H. Huisken und C. Meyer 1899. Foto: Andreas Sassen „[…] auf der Treppe des Patrizierhauses des Klingenkaufmannes Johann Abraham Knecht am 20. Januar 1796 in der Cölner Straße am Ortseingang von Solingen. Das Haus wurde wegen der sieben Stufen, die zum Eingangsportal führten, „Haus auf der Treppe“ genannt. … Solingen war [zu dieser Zeit] Grenzort und Sitz des Hauptquartiers der Brigade Soult, die zur französischen Rheinarmee des Generals Jourdan gehörte. Als der 28-jährige französische General Soult mit den Revolutionstruppen in Solingen einrückte, stand die 24-jährige Louise Berg auf der erwähnten Treppe und beobachtete den Einzug der Franzosen. Sie erblickte den jungen groß gewachsenen stolzen Reiter, der Würde, Prestige und zugleich vornehme Zurückhaltung ausstrahlte. Louise war von dieser imposanten Er-scheinung so angetan, dass sie sich auf der Stelle in ihn verliebte.“ Die Geschichte ging tatsächlich weiter, Louise Berg und General Soult kamen sich näher und sollten bald darauf in echter Zuneigung heiraten. Der steilen politischen Karriere Soults ist zuzu-schreiben, dass seine Louise zu einer der berühmtesten Frauen in Napoleons Reich wurde. Die Solin-ger Unternehmertochter ist als Herzogin von Dalmatien im Bild der Kaiserkrönung in Notre-Dame am 2.12.1804 von Jacques-Louis David zu sehen; sie wäre beinahe Königin von Portugal geworden. Vergleicht man den in Axel Fuesers Beitrag überlieferten Text mit dem Burger Wandbild, stellt man erstaunliche Übereinstimmungen fest. Dies gilt für die Blickrichtung der jungen Frau, die eindeutig den berittenen Offizier anschaut, welcher ihren Blickkontakt aufgenommen hat. Lediglich Uniform und Ausstaffierung der aufmarschierenden Männer weichen vom Text ab, sie sind nicht fran-zösisch, sondern preußisch. So sehr diese Tatsache im thematischen Abgleich von Text und Wandge-mälde auch ernüchtern mag, etwas anderes als preußische Uniformen hätte man sich zum Besuch Kai-ser Wilhelms II. nicht erlauben können. Ob es von Anfang an geplant war, diese Szene in den Auf-marsch zu integrieren oder diese sogar zum Hauptthema zu machen, wird sich wohl nicht mehr klären lassen. Es kommt hinzu, dass an seiner Entstehung zwei Künstler beteiligt waren. Hermann Huisken, für Darstellungen militärischer Szenen bekannt, begann das Werk mit dem ersten Pfeifer des Spielmannszuges. Schwer krank musste er seine Arbeit vorzeitig abbrechen und sollte am 22. September 1899 im Alter von nur 38. Jahren sterben. Als Kaiser Wilhelm am 12. August – natürlich bei schönem Wetter – Schloss Burg besuchte, gehörte Huisken schon nicht mehr zum Künstlerstab, Claus Meyer hatte das Bild zu diesem Termin jedoch vollendet. Die senkrechten Abschnitte des Freskos vermitteln eine Ahnung davon, welche Teile Meyer noch ausführen musste; zudem sind seine Bildteile im Gegensatz zu den von Huisken geschaffenen Uni-formierten mit weicherer Pinselführung gemalt. Dass dies für den ganz links gelegenen Bildteil gilt bestätigt sich durch die junge Frau mit Spitzenhaube, die sich auf das Geländer der Treppe lehnt und trotz ihres Status als Randfigur Teil einer belebten Szene ist. Eine als „junge Friesin“ 38 Claus Meyer: Detail aus dem Wandbild Ausmarsch der Freiwilligen des Bergischen Landes. Rechts dazu eine Vorstudie Meyers, Größe 40x30 cm aus dem Kunsthandel. Abb. Rom. Berge 2/2005, S. 29. betitelte Vorstudie Meyers zu der jungen Frau mit Spitzenhaube wurde von Dr. Dirk Soechting vor einigen Jahren im Kunsthandel entdeckt. Da der Maler auch seine Tochter Trudy ganz links ins Bild stellte, ist nachvollziehbar, dass dieser Bildteil von Claus Meyer stammt. Durch Einfügung der Figu-rengruppe Louise Berg und Johann Abraham Knecht, sowie in freier Wiedergabe des Hauses auf der Treppe legte er die Szenerie auf Solingen fest und gab dem Bild einen tieferen Sinn. Den Düsseldorfer Künstlern, eng an historische Gegebenheiten gebunden, wird die Geschichte der Louise Berg mit Mar-schall Jean Soult bekannt gewesen sein, zumal beide die Exilzeit 1816 bis 1819 in Düsseldorf ver-brachten. Das Haus auf der Treppe in Solingen war dagegen schon 1899 abgebrochen worden und soll in veränderter Form wiedererrichtet worden sein. Meyer durfte bei seinen preußischen Auftraggebern auch keine weitere Fährte legen und improvisierte vorsichtshalber. Die übertragende Bedeutung des Bildes blieb unentdeckt. Den Marsch der sogenannten Freiwilligen hat Claus Meyer im Sinne von Hermann Huisken nicht glorifizierend vollendet: ihre Gesichter spiegeln den Ernst der damaligen Situation. Bei der Fertigstel-lung des Gemäldes signierte Meyer und verzeichnete auch den Namen seines Kollegen Huisken.49 Marschall Jean Soult und Louise Berg um 1847. Gemäldedetails entnommen aus dem Buch von Axel Fuesers (1940-2014) und Albrecht Graf Fink von Finkenstein, Napoleons Marschall Soult und Louise Berg, Göttingen 2005, Abb. 21, 22. Wahr-scheinlich lieferten die beiden historischen Personen 1796 in Solingen im übertragenen Sinne und unbemerkt von der Öffent-lichkeit das Motiv zum ersten Wandbild im Rittersaal von Schloss Burg. 49 Sowohl Claus Meyer als auch Hermann Huisken waren keine Preußen sondern Hannoveraner, die noch stark in der Erinnerung der Annektion des Königreiches Hannover durch Preußen nach dem Krieg von 1866 standen.39 Schloss Burg. Der Batterieturm in einer Aufnahme vor 1950, wie ihn L. Arntz bis 1917 aufbauen ließ. Vom „Kuxthurm“ zum Batterieturm Zur Entstehung des Geschützturms von Ludwig Arntz in Schloss Burg an der Wupper Der Batterieturm auf Schloss Burg wurde als letztes großes Bauvorhaben zum mächtigsten und mas-sigsten Bauwerk in der seit 1890 wiedererstandenen Burganlage. Entwurf und Ausführung stammen vom ehemaligen Straßburger Dombaumeister Ludwig Arntz aus Köln,50 der 1910 die Aufgabe des Schlossbaumeisters übernahm. Der 55jährige Architekt Arntz war ein versierter Fachmann, der an unzähligen Denkmalobjekten in Deutschland und Österreich geschult war. Über den Bau des Batterieturms wurde relativ wenig, über seine Vorgeschichte so gut wie nichts be-kannt. Weder die historischen Ansichten, noch die akribisch aufgenommenen Ruinenfotos von 1887 zeigen Reste eines Vorgängerturms. Die Überzeugung, der ursprüngliche Turm sei völlig verschwun-den gewesen, führte inzwischen zur Meinung eines willkürlich gewählten Standplatzes des Batterie-turms. Ein typisches Beispiel, wie schnell sich aus dem Vergessen Legenden bilden. Der Ruinenzustand von Schloss Burg begann zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, in dessen Ver-lauf die Fremdbesatzungen der Burg mehrfach gewechselt hatten. Zuletzt quartierten sich Truppen des kaiserlichen Obristen Heinrich v. Plettenberg in ihren Mauern ein, die nach dem Friedenschluss von 1648 den Befehl bekamen, die Burg zu räumen und zu entfestigen. Bis auf die westliche Front des Hochschlosses, mit Palas, Torhaus, dem langen Ökonomiegebäude und dem Diebsturm wurden dabei sämtliche Gebäude und Verteidigungsanlagen gesprengt oder verbrannt.51 Den weiteren Verfall be-sorgten Wind, Wetter und die Bewohner der Umgebung, die aus den geborstenen Mauern brauchbares 50 Arntz, Ludwig *19.7.1855 Köln, †5.5. 1940 Köln. Architekt, Denkmalpfleger, Zeichner und Bauschriftsteller. Studium bei C.W. Hase Hannover, Regierungsbauführer in Brandenburg, Studium bei F. v. Schmidt in Wien, Landbauinspektor im Rheinland, Restaurierung von Schwarzrheindorf und Kobern, Zeichner unzähliger Denk-mäler für die Denkmäleraufzeichnung der Rheinprovinz, 1895-1902 Dombaumeister in Straßburg, ab 1902 freier Architekt, 1910-1921 Schlossbaumeister in Burg / Wupper. 51 Sassen, Andreas / Claudia Sassen, Die ehemalige Kirche des Hospitals St. Johannis von Jerusalem in Schloss Burg, Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2011. Dies. mit ausführlicher Behandlung des Themas „Vom Kuxthurm zum Batterieturm“ in Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2012.40 Schloss Burg, die Ruine des Südturms, im 18. Jh. im Volksmund Kuxthurm genannt. Zwei der Kohlezeichnungen von Ernst Stahl mit dem Kommentar SCHLOSS BURG A.D.W. ES WAR EINMAL – IM JAHR 1911. Die Ansichten zeigen die Reste des Turms mit späteren Einbauten. Deutlich ist jedoch zu sehen, dass er Schießscharten für Bogen- oder Armbrustschützen hatte. Alle Feuerluken für Kanonen wurden von Arntz nachträglich eingebrochen und das Alter des Turms dadurch ver-fälscht. Abb. Archiv Schloss Burg.41 Steinmaterial herausbrachen. Auf diese Weise verschwand nach und nach das Bild der einst festen Burg und führte zu dem Eindruck, den wir durch den Historiker E.F. v. Mering bekommen, der um 1850 berichtete: 52 Die äußern Ringmauern des Schlosses, die früher den Berg umkreisten, sind verschwunden. Die Mitte des vorigen Jahrhunderts sah noch Reste an den Abhängen nach der Eschbach und nach der Wupper herab. Damals strebte an der Südseite des Schlossberges noch ein hoher Thurm, der Kuxthurm (Kuckthurm) genannt, mit ungeheurer Mauerwucht empor, der eine herrliche Aussicht darbot. Wegen verschiedener Unglücksfälle musste er abgebrochen werden. Da auf der Südseite des Schlosses nur ein einziger Turm von beachtlicher Größe zu vermuten ist, wird der Kuxthurm mit dem Vorgänger des Batterieturms identisch gewesen sein. Neben seiner originellen Bezeichnung fällt die Beschreibung mit ungeheurer Mauerwucht auf. Doch mit seinem Abbruch ver-schwand sowohl die Erinnerung an das Bollwerk als auch seine volkstümliche Bezeichnung; denn in keinem späteren Bericht taucht der Begriff Kuxthurm wieder auf. Erst eine Ansicht in der Festschrift von 191253 macht deutlich, dass Baumeister Arntz für einen Neu-bau auf historische Reste des alten Süd- oder Kuxthurms zurückgreifen konnte. Das Hauptmotiv des Fotos war zwar die schmucke Restaurantterrasse mit dem gerade neu errichteten Zwinger- oder Mit-teltor, doch rechts steht ein Gemäuer, das fensterlos, altersschwarz und verwittert und durch seine Rundung als Rest eines Turms erkennbar ist. Die Ruine dieses Südturms wird sogar noch vor dem Bau des Mitteltores in drei Kohlezeichnungen54 dokumentiert, von Ernst Stahl 55 1911 signiert und datiert. Eine der Ansichten zeigt von der Nordwest-ecke des Palas aus den weiten Platz mit dem damals noch unverdeckten Caféhaus Sulzbach, dem heu-tigen Kunsthandwerk-Ladengebäude. Rechts daneben beginnt die Abbruchkante einer Turmruine, die noch die Höhe des Fachwerkhauses erreicht und deren Rundung mit einer aufgebrochenen Schieß-scharte sich weiter rechts fortsetzt. Zwei weitere Ansichten zeigen eine zweite Schießscharte und ver-deutlichen, dass von dem alten Zentralbau noch ein gutes Drittel der Mauerrundung vorhanden war. Alle Abbildungen lassen auf einen Verteidigungsturm aus dem Spätmittelalter schließen, dessen Un-terbau ganz geschlossen war und der oben schmale Schießscharten für Armbrustwaffen hatte. Ergänzend dazu finden sich in den Bauberichten des Schlossbauvereins knappe Hinweise auf eine Turmruine; denn auch G.A. Fischer hatte sich frühzeitig mit ihrer Wiedererrichtung befasst.56 Doch erst 1906 wurden …die Reste des gegenüber dem Palas liegenden Rundturms freigelegt und zum Wiederaufbau vorbereitet.57 Damals standen aber noch der Bau des Grabentors und Reparaturarbeiten am Palasdachstuhl an, die erst nach 1910 von Arntz erledigt wurden. Danach wandte er sich dem Turm sowie der Westseite des Burggeländes zu und erläuterte in der Hauptversammlung am 29. Juli 1911 die dortigen Bauvorhaben. Es handelte sich dabei vor allem um das sogenannte Johannitertor und um den fehlenden Abschluss zur Talseite hin, der durch Freilegung von Fundamenten greifbare Gestalt anzunehmen begann. Man schloss aus den Grabungen, dass vermutlich mehrere Terrassen und ein dicker Bastionsturm, der von einem Wehrgang umgeben war, den westlichen Teil der Schlossanlage vor ihrer Zerstörung gebildet hatten. Soweit es auf Grund praktischer und künstlerischer Erwägungen möglich war, sollten die alten 52 Mering, Friedrich Everhard, Geschichte der Burgen, Rittergüter, Abteien und Klöster in den Rheinlanden und den Provinzen Jülich, Cleve, Berg und Westphalen nach archivarischen und anderen authentischen Quellen. Heft 9/1853, S. 38-78. 53 Werth, Adolf, Festschrift zum 25jährigen Jubiläum des Schlossbauvereins zu Burg an der Wupper 1887-1912. Barmen 1912, S. 83 54 Drei Kohlezeichnungen, Format ca. 60x60 cm, im Zeichenarchiv des Schlossbauvereins 55 Stahl, Ernst (1882-1957), Architekt, in München, Wiesbaden, Bonn, Düsseldorf, Trier und Krakau tätig, be-kannt als Jugendherbergs- und Burgenbauer, war als Architekt und Zeichner in Schloss Burg tätig. Dazu: Karl Lehmann, Ernst Stahl zum Gedächtnis, in: Die Heimat, Heimatzeitung für Düsseldorf und Umgebung, Nr. 9, Düsseldorf 1957, S. 241. 56 Fischer, Gerhard August, 1833-1906, Baumeister Architekt und Zeichner in Barmen, befreundet mit Julius Schumacher, dem Gründer des Schlossbauvereins, ist als Vater des Wiederaufbaus von Schloss Burg zu be-zeichnen. Er plante und begleitete alle Bauvorhaben von 1887 – 1902. Der Einsturz des Bergfrieds im Januar 1902 wurde ihm von der preußischen Bauverwaltung angelastet, worauf er sich aus Burg zurückzog. 57 Reinmöller, Lore, Geschichte des Schlossbauvereins Burg a. d. Wupper 1987-1962, Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Schlossbauvereins, Neustadt/Aisch 1962. S. 61.42 Schloss Burg, Schaubild des Bollwerkturms vor dem Aufbau 1914 von Ludwig Arntz. Archiv Schloss Burg Bauwerke in historischer Treue wiedererstehen, wobei man vor allem darauf bedacht sein musste, sie in den Rahmen der erneuerten Schlossanlage harmonisch einzupassen. 58 Im Festvortrag des folgenden 25. Jubiläumsjahres des Schlossbauvereins stellte Arntz seine weiter-entwickelten Pläne unter dem Thema Deutsche Wehrtürme des 16. und 17. Jahrhunderts vor. Er sah den Wiederaufbau des Südturms in späten Renaissanceformen, doch der Ausführung stand noch ein Problem im Weg. Das betreffende Gelände gehörte zu dieser Zeit zum Cafehaus Sulzbach, war mit Stallgebäuden über-baut und grenzte an seiner Nordseite an die Turmruine. Konnten bis dato nur an den noch stehenden Turmresten Erhaltungsarbeiten durchgeführt werden, blieben die übrigen, verdeckten Fundamente des mittelalterlichen Bauwerks für den Schlossbauverein unzugänglich. Da der Eigentümer nicht zu einem Verkauf des Grundstücks zu bewegen war, wurde letztlich eine gerichtliche Enteignung verfügt, so dass der Schlossbauverein erst im Herbst des Jahres 1913 hier freie Hand bekam. Nach zügiger Entfernung der Überbauung lagen nun die Grundmauern und die noch aufrecht stehen-den Turmteile zur genauen Vermessung frei. Inmitten der Ruine bekam man erst jetzt einen Eindruck von ihrer Ausdehnung und im Gegensatz zu den frühen Ergebnissen Fischers stellte sich heraus, dass hier wirklich ein gewaltiger Wehrturm gestanden hatte. Über die Wintermonate 1913/14 stellte Arntz seine Baupläne fertig, worauf mit dem Wiederaufbau begonnen wurde. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit, die politische Wetterlage verfinsterte sich bedrohlich, der Erste Weltkrieg zog herauf. Noch am 25. Juli 1914 fand man sich zur jährlichen Hauptversammlung ein, der letzten vor dem Krieg. Die Grafik des Titelblatts von Dombaumeister Ludwig Arntz zum Festgruß zeigt noch optimistisch die Baustelle des Batterieturms. Unter großen Erschwernissen der Kriegszeit wurde der Schaft des Batterieturms bis 1915 hochgezogen und mit einem hölzernen Kegelhelm verse-hen. Trotz Materialmangel gelang es Arntz noch im Spätherbst 1917, dass Dach und Ostgiebel mit Kauber Schiefer eingedeckt wurden. Als der Schlossbauverein sich am 14. Mai 1918 erstmals wieder traf, waren mehrere der alten, verdienten Mitglieder gestorben. Der sich neu konstituierende Vorstand verfolgte noch den Plan, dem Turm …durch einen gedeckten Wehrgang einen künstlerischen Ab-schluss...59 zu geben. Doch der Wehrgang und die von Arntz geplante südliche Zuführung vom Johan-nitertor wurden nicht mehr ausgeführt. Das Innere des Batterieturms verblieb ohne Geschossunter- 58 Reinmöller, Lore, Festschrift 1962, S. 66. 59 Auszug aus Solinger Tageblatt Nr. 112, vom 15. Mai 191843 Schloss Burg, Aufrissansicht von Nord nach Süd mit Einpassung des Batterieturms in die Gesamtanlage. Zeichnung von Ludwig Arntz 1913/14, Archiv Schloss Burg. teilung im Rohzustand und mit dem Einbau einer mechanischen Großuhr in den Turmgiebel schloss Arntz die Arbeiten im Jahre 1919 ab. Der Turm erhielt, wie sein historischer Vorgänger, einen Durchmesser von 14 Meter und wurde bis zur Höhe von 12 Meter aufgemauert. Mit dem Kegelhelm erreicht er bis zur Knaufspitze 20 Meter Gesamthöhe. Eine Gliederung des Äußeren erfolgte nur durch das vorkragende Basalt-Gurtgesims, den Cordonstein. Darüber erhebt sich die Wehrplatte des Obergeschosses mit nach innen abgerundeter Mauerkrone und eingeschnittenen großen Stückscharten. Insgesamt wurden auf der Nord- und West-seite zehn große Geschützscharten eingebaut, Ost- und Südseite erhielten dagegen nur kleine Öffnun-gen. Das Mauerwerk ist bis zum Cordonstein über 4 Meter dick und umschließt einen bis ins Dach-werk offenen zylindrischen Innenraum von 5,70 Metern Durchmesser. Diesen umrundet mit zwei Windungen ein Treppenaufgang im Mauerkern und führt zu den Schießkammern im ersten und auf die Wehrplatte im zweiten Obergeschoss. Arntz baute sein Werk nach drei Seiten als Verteidigungsturm und konzipierte die vierte, zum Palas gerichtet, als Uhrenturm. Dazu ließ er aus dem Helmkegel ein zweistöckiges Zwerchhaus heraustreten, mit einer heizbaren Wächterstube und der Uhrenkammer darüber. Der Giebel trägt das bemalte weiße Zifferblatt aus dem Jahr 1919 mit filigran aus Schmiedeeisen gearbeiteten Zeigern und darüber an einem Kragbalken die Uhrenglocke für Halb- und Vollstundenschlag. Sie stammt aus dem Dachreiter der 1830 abgerissenen kleinen Muttergotteskapelle in Oberburg und hat neben einem Ornament die Inschrift:60 M(aria), JAKOB HILDEN VON KOELLEN GOSS MICH, 1779. In der Uhrenkammer steht in einem verglasten Gehäuse die große mechanische Uhr, die 1919 von der Turmuhrenfabrik Bernhard Vortmann, Recklinghausen geliefert worden war.61 Die beiden für den Antrieb erforderlichen Seilgewichte von jeweils ca.100 kg bewegen sich in zwei senkrechten Mauer-schächten, die Arntz schon beim Bau vorsah. Im Erdgeschoss werden die Zuggewichte nach 6 Tagen rechtzeitig vor dem Stillstand des Uhrwerks sichtbar. Leider musste der Betrieb der alten Uhr vor eini-gen Jahren eingestellt werden. Nach der Instandsetzung des Batterieturms 2010 sorgte der Verschöne-rungsverein von Burg dafür, dass seit November 2011 ein elektrisches Werk Uhrenzeiger und Glo-ckenschlag bewegt. Ludwig Arntz war der Überzeugung, dass der einstige Südturm ein Bauwerk des ausgehenden 16. Jahrhunderts war. Deshalb wurde sein Batterieturm ein Muster der späten Wehrbauten in typisch 60 Roth, Rudolf, Die katholische Kirche in Burg, in: Schloss Burg an der Wupper – seine Geschichte in chrono-logischer Folge, Burg an der Wupper 1920. 61 Freundliche Auskunft von Herrn Siegmund Jeziorek, Uhrmachermeister in Remscheid.44 Schloss Burg, Batterieturm, Maskaron als Gussloch über dem Turmportal. Foto: Edgar Falkenhain, Archiv Schloss Burg. gedrungener Form, mit Geschützstellungen auf allen Etagen und einer im Mauerwerk aufsteigenden breiten Treppe. Zudem wurde das Gussloch in Form eines Maskarons hoch über dem Eingangsportal ein überzeugender Abschluss seines Renaissancewerks.62 Es ist aber zweifelhaft, ob diese Festlegung richtig war; denn bestimmte Anzeichen an der Turmruine lassen darauf schließen, dass hier einst ein wesentlich älteres Bauwerk gestanden hat. Weder auf der Fotografie von 1912, noch auf den Kohlezeichnungen Stahls sind an der Turmruine Kanonenscharten zu erkennen. Das ursprüngliche Bauwerk war im Untergeschoss nach Art alter Ver-teidigungstürme ganz geschlossen.63 Darüber befanden sich rundum Kammern für Armbrustschützen mit senkrecht geschlitzten Schießscharten, über denen die 4 Meter dicken massiven Turmwände in dieser Stärke weitergingen. Trotz gesicherter Anzeichen eines älteren Turmes ignorierte Arntz die historischen Gegebenheiten und veränderte das Bauwerk zu einem Geschützturm aus jüngerer Zeit. Im Inneren des Batterieturms ist über einen Verlauf von 10 Metern jene Mauerrundung feststellbar, die Architekt Ernst Stahl in seinen Zeichnungen dokumentierte. Daran sind Bögen zugemauerter Arm-bruststellungen und neue Durchbrüche vorhanden, um den groß dimensionierten Aufgang im Neubau auch im alten Turmmauerwerk fortsetzen zu können. Sowohl die großen Geschützkammern zu ebener Erde, als auch die außen sichtbaren fenstergroßen Scharten ließ Arntz aus dem alten Mauerwerk her-ausbrechen. Die diversen Vorbilder sind auf den Burgen Münzenberg und Blankenberg, aber auch den Städten Büdingen und Nördlingen zu suchen. Die Stadttore von Nördlingen mit der wehrtechnisch bedingten Abrundung der Turmobergeschosse trugen als späte Umbauten älterer Befestigungstürme nur im Obergeschoss Kanonen. Dagegen sind die vorgeschobenen Geschütztürme der Burgen Münzenberg 62 Maske oder fratzenhaftes Gesicht, das Unheil abwenden soll. Ein ähnlicher Maskaron von 1561befindet sich als Tor im Garten der Villa Orsini in Bomarzo / Italien. 63 Otto Piper, Burgenkunde Bauwesen und Geschichte der Burgen, München 1912, S. 335.45 Schloss Burg. Der Batterieturm vom Tor des Hochschlosses aus nach der Erneuerung des Mauerwerks im Jahre 2010. Aufnahme: Andreas Sassen 2011 und Blankenberg sowie das Jerusalemer Tor in Büdingen um 1500 neu konstruiert und zum Teil auf allen Etagen mit Geschützen bestückt worden. Bei diesen Beispielen, die wesentlich fortschrittlicher ausgeführt waren als der Südturm von Schloss Burg, ist es kaum möglich, dass der Landesherr Johann Wilhelm64 noch um 1600 ein so rückständiges Bollwerk in Auftrag gegeben hat. Der Herzog übernahm einen schon seit 200 Jahren in Düsseldorf befindlichen Regierungssitz und dürfte kaum noch an kostenintensiven Neubefestigungen in Burg Interesse gehabt haben. Schon lange war der militärische Wert mittelalterlichen Burgen nur noch ge-ring. Man legte, um sicher zu sein, Festungswerke nach dem Muster der Stadt und Zitadelle von Jülich an.65 Zurzeit mobiler mauerbrechender Kanonen boten in Schloss Burg sowohl die hohe Schildmauer am Halsgraben als auch der Batterieturm auf der Westseite keinen nennenswerten Schutz mehr. Im Gegensatz zu Johann Wilhelm könnten sich aber 200 Jahre zuvor seine Vorgänger Graf Wilhelm II. oder sein Vater Gerhard I.66 um zeitgemäß wehrtechnische Neuerungen bemüht haben. Im 14. Jahr-hundert fanden Pulverwaffen Einzug in die Angriffs- und Abwehrtechnik und begannen die sonst si-cheren Burgen plötzlich verwundbar zu machen. Wilhelm II. war der letzte Graf, der seinen Regie-rungssitz noch in Burg hatte, bevor er zur Erhebung in den Herzogsstand Düsseldorf zu seiner Haupt-stadt machte. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfte man sich im Hochschloss von Burg noch hinter der ho-hen östlichen Schildmauer sicher gefühlt haben. Eher sah man den nach Westen noch ganz freistehen-den Palas im Blick- oder Schussfeld von der vom Johannitertor heraufführenden Burgstraße gefährdet. Von dort war die völlig offen liegende Fassade des Wohnbaues bedroht, worauf man vermutlich Ende des 14. Jahrhunderts den Südturm zum Schutz des Palas errichtete. Nach den Anzeichen der Ruine handelte es sich um einen Vorläufer der späteren Batterietürme, der unten ganz geschlossen war und 64 Johann Wilhelm Herzog von Berg 1592-1609. 65 Jülich ist nach 1547 bis zum Ende des 16. Jahrhunderts von Alessandro und Maximiliano Pasqualini sowie dem Meister Johann zur Festung ausgebaut worden 66 Gerhard I. Graf von Berg 1348-1360. Wilhelm II. Graf von Berg 1360-1408, 1380 als Herzog Wilhelm I.46 im ersten oder sogar einem zweiten Geschoss noch Stellungen für Armbrustschützen hatte. 67 Aus Si-cherheitsgründen nahm man damals nur auf der oben offenen Wehrplatte die Aufstellung von Ge-schützen vor; denn Rückschlag, Rauchentwicklung, Abkühlung der Rohre oder gar Rohrkrepierer waren so besser beherrschbar.68 Für die anfangs sehr schweren und gefährlichen Eisengeschütze ent-fernte man sogar die Dächer älterer Türme und richtete dort Wehrplatten ein. Aus diesem Grund war der Burger Südturm mit vier Metern massiver Mauerstärke besonders stabil gebaut und wirkte mit seiner oberen Bestückung sicherlich weithin abschreckend. Nicht von ungefähr hat man auch heute den Eindruck, dass der Batterieturm wie ein Wächter schützend vor dem Palas steht. Die Erbauer des Turms rechneten wahrscheinlich nicht mit der schnellen Entwicklung der großen Feu-erwaffen, denn der militärische Wert des Turms dürfte schon bald überholt gewesen sein, wie auch die Sicherheit von Schloss Burg selbst. Die Anhöhe östlich gegenüber der Burg bildete die beste Position von Geschützen, denen auch die Schildmauer nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Die Schweden nutzten im Dreißigjährigen Krieg diese Möglichkeit und zwangen die Burgbesatzung innerhalb weni-ger Stunden zur Aufgabe. Nach den Erfahrungen im 16. Jahrhundert hätte man wahrscheinlich einen Geschützturm vor dem oberen Tor gebaut, der Angriffe von der Bergseite hätte abwehren können. Doch diese Investition nahm man zu der Zeit nicht mehr vor. Neben seiner militärischen Bedeutung verlor das Schloss auch seine Stellung als Residenz von Berg an die Stadt Düsseldorf Die Herzöge nutzten ihr historisches Stammschloss weiterhin zur Jagd und für große Feste.69 Dafür erweiterten sie im 15. und 16. Jahrhundert Ställe, Küche, Gastunterkünfte und sogar die Kirche, doch eine teure Modernisierung seiner Befestigungen für Feuerwaffen führten sie nicht durch. Vermutlich wollte Arntz den Wandel des Befestigungswesens zum Ausgang des 16. Jahrhunderts zei-gen, wobei der Batterieturm nur ein Teil seines ursprünglichen Projektes war.70 Er beabsichtigte die Öffnung des unteren Burgzugangs und eine Freilegung der verschütteten alten Burgstraße, deren eins-tige Verbindung auch E.F. v. Mering bestätigt: „Die Hauptzugänge zum Schlosse waren nach der untern Burg zu, in der Nähe der katholischen Kir-che und oberhalb des Schlosses. Dort stand der Thal-, hier der Bergthurm mit Gatter und Zugbrücke, die über tiefen Graben gelassen wurde.“ Damit hätte Arntz für Schloss Burg die einstige Funktion eines Riegels zwischen Ober- und Unterburg wieder erlebbar gemacht. Führte ursprünglich kein Weg um die Burg herum, musste der Durchreisen-de die Festungsanlage passieren und kam über die Burgstraße am Hochschloss vorbei. Zusammen mit einem geplanten zweiten Rondell am Johannitertor sollte die Burgauffahrt von dort zur oberen Burg gesichert werden. Das große Projekt blieb aber in seinen Anfängen stecken, wodurch der Batterieturm heute den Eindruck eines wehrtechnisch fraglichen Nutzens erweckt. Die Folgen des Ersten Welt-kriegs, die Brandkatastrophe von 1920 und die Krisenzeit danach ließen keine Mittel für weitere Bau-ten oder Ausgrabungen mehr zu. Arntz beendete 1921 die Tätigkeit als Burger Schlossbaumeister und seine Pläne wurden vergessen. Der Batterieturm dient dem Schloss seitdem als Uhrturm und beher-bergt seit 1950 eine Gedenkstätte für den ehemaligen deutschen Osten. 67 Armbrust und Langbogen wurden erst spät durch Handfeuerwaffen ersetzt. Otto Piper, Burgenkunde, S. 407. 68 Piper berichtet aus anderen Quellen, Burgenkunde S. 409. 69 Laute, Hansjörg, Die Herren von Berg - Auf den Spuren der Geschichte des Bergischen Landes 1101-1806, Solingen 1988. Kolodziej, Axel, Herzog Wilhelm I. von Berg 1380-1408, Neustadt Aisch 2005. 70 Archiv Schloss Burg, Plankarte 1917 von Ludwig Arntz.47 Schloss Burg. Der Batterieturm mit seiner Uhrenseite zum Mitteltor und Hochschloss. Im Vordergrund das von der bürgerli-chen Bebauung gebliebene einstige Cafehaus Sulzbach. Foto: Andreas Sassen 2011. Die Schlossuhr im Batterieturm Baugeschichte des Turms Unmittelbar gegenüber der Westseite des Palas Engelberts II. steht auf Schloss Burg der Batterieturm, neben dem Bergfried im Hochschloss das mächtigste und massigste Bauwerk in der zum Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiedererstandenen Burganlage. Der Batterieturm wurde nach den Plänen des ehemaligen Straßburger Dombaumeisters Ludwig Arntz - zwischen 1910 und 1921 Schlossbaumeister in Burg - zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914-15 erbaut, 1917 erfolgte die Eindeckung des Kegelhelms mit Kauber Schiefer. Arntz konzipierte den Turm als Artillerieboll-werk im Zusammenhang mit dem Johannitertor und der von dort zu rekonstruierenden Burgstraße, die an dem Turm vorbei wieder mit dem oberen Grabentor verbunden werden sollte. Die Zeit nach 1918 machte diese Pläne aber nicht mehr durchführbar, so dass heute der Eindruck entsteht, die vermeintli-chen Kanonen haben wirkungslos in den Wald geschossen. Arntz integrierte in den Batterieturm die Ruine eines Vorgängerturms, dessen Rundung von ca. 10 m und einer Höhe von etwa 7 m im Inneren nachzuweisen ist. Da der Vorgänger aber nur 2,5 m dicke Mauern mit kleinen Schießscharten hatte, stammte er aus der Übergangszeit vor Einführung der Feu-erwaffen. Aufgabe als Uhrenturm Neben seinem gedachten Verteidigungswert sollte der Batterieturm nach Vorstellung von Arntz aber in erster Linie die praktische Aufgabe als Uhrenturm erfüllen. Zu diesem Zweck plante er im Oberge-schoss des Turms über der Turmwächterstube eine geräumige Uhrenstube, die als Dachgaube aus dem Kegeldach heraustritt. Sie weist mit ihrem Giebel nach Osten zum Palas und ist mit ihrem schmucken Zifferblatt für den Besucher nach Durchschreiten der Toranlage, sowie von vielen Punkten des Hoch-schlosses aus sichtbar. Über dem Zifferblatt, unterhalb der Giebelspitze sitzt an einem Kragbalken die Uhrenglocke für Halb- und Vollstundenschlag. Die Glocke, etwa 30 cm hoch, stammt aus dem Dach-reiter der 1830 abgerissenen kleinen Muttergotteskapelle in Oberburg. Diese war im 18. Jahrhundert durch eine private Stiftung erbaut worden und mit einem Vikariat verbunden. Die Glocke ist mit ei-nem hübschen Ornament geziert und hat die Inschrift: M(aria), JAKOB HILDEN VON KOELLEN GOSS MICH, 1779.48 Schloss Burg, Batterieturm, Blick in die Uhrenstube mit dem mechanischen Uhrwerk. Foto: A. Sassen 2011 Die Turmuhr Aufgrund der ausschließlichen Rüstungsproduktion im Weltkrieg konnte der Schlossbauverein das Turmuhrwerk erst 1919 erwerben und einbauen lassen. Es wurde ausschließlich durch Spenden finan-ziert. Lieferant war die Firma Paul (Bernhard?) Vortmann Groß- und Turmuhrenfabrik in Recklingha-usen / W. Die Uhr, heute noch an alter Stelle vorhanden, ist ein schweres mechanisches Räderwerk, das in einem gusseisernen Rahmen läuft. Sie steht in der Uhrenstube in einem verglasten, allseits gut zugänglichen Holzgehäuse. Dieses ist von der Vorderseite mittels einer großen Tür zu öffnen, damit das Werk aufgezogen und gestellt werden kann. Links befindet sich das Gehwerk für die Zeitanzeige, das mittels Hebel und Gestänge mit dem Läutwerk rechts für Halb- und Vollstundenschlag verbunden ist. In der nächtlichen Ruhezeit von 22-6 Uhr setzt der Glockenschlag aus. Alle beweglichen Teile sind in Bronze gearbeitet, die in Laufbuchsen im gegossenen Eisenrahmen gelagert sind. Die für den Antrieb der beiden Werke erforderlichen Seilgewichte von jeweils ca. 100 kg bewegen sich im Mauerwerk. Für die Durchführung der Technik ließ Arntz in der Turmmauer zwei senkrechte Schächte 20 x 30 cm zur Aufnahme der Uhrengewichte ausführen. Ein Schacht geht rechts von der Uhrenstube, der andere links davon senkrecht nach unten. Im Erdgeschoss sind die unteren Meter of-fen, so dass die Zuggewichte rechtzeitig vor dem Stillstand des Uhrwerks gesehen werden können. Die Länge des Zugseils über eine Fallhöhe von ca. 12 Metern ließ eine Gangzeit der Uhr von einer Woche zu, dann mussten die länglichen Bleigewichte wieder hochgezogen werden. Bei der Renovierung des Turmoberteils im Jahr 2010 wurde der Turmhelm an der Traufe neu ver-schiefert und zum Schutz für die sanierten Mauern mit einer Regenrinne versehen. Statt allerdings die Fallrohre für das Regenwasser außenwandig anzubringen, verlegte man diese jetzt durch die Ge-wichtsschächte der Uhr nach unten und führt das Regenwasser durch zwei aufwändig gebohrte Kanäle nach draußen. Die Zugseile für das Uhrwerk sind herausgezogen, die länglichen Bleigewichte sind verloren gegangen und wahrscheinlich wegen ihres Metallwertes gestohlen worden. Für die Uhr ist ein normaler Betrieb, so wie er einmal vom Baumeister Arntz und dem Schlossbauverein vor fast 100 Jahren vorgesehen war, nicht mehr möglich. 49 Schloss Burg, Batterieturm, Ansicht des mechanischen Uhrwerks von 1919. Links das Gehwerk der Uhr mit dem Stellwerk zum äußeren Zifferblatt. Rechts der Antrieb für den Glockenschlag. Foto: Andreas Sassen 2011 Museale Verpflichtung zum Betrieb der Uhr Für Schloss Burg ist der Uhrturm fester Bestandteil und Begriff, auch aufgrund seines schönen Auf-baus ein viel fotografiertes Motiv. Die Tatsache, dass die Uhr in den letzten Jahren stillstand, konnte man durchaus akzeptieren – nicht immer kann alles optimal funktionieren, zumal sich hinter dem alter-tümlich gestalteten Zifferblatt auch ein Uhrwerk mit alter Technik befindet. Allerdings ist die Uhr in Schloss Burg mittlerweile eine der ganz wenigen mechanischen Werke, die es in der Region noch gibt. Fast alle Uhrwerke an den Kirchen oder öffentlichen Gebäuden sind heute durch elektrische Zeitmes-ser ersetzt worden. Somit kommt auf Schloss Burg, das die Aufgabe eines regionalen Museums erfüllt, die Verpflichtung zu, dass auch in Bezug zum Uhrwerk im Batterieturm museale Pflege durchgeführt wird. Das Vorhandensein einer alten mechanischen Uhr mit einem bronzenen Glockenschlag erfüllt im musealen Umfeld die Erwartungen der Besucher. Eine alte Großuhr von 1919 ist ein Präzisionswerk, das auf den reichen Erfahrungen der mechanischen Technik des ausgehenden 19. Jahrhunderts beruht. Im Allgemeinen ist sie so solide gebaut, dass sie bei sachgemäßem Betrieb auch nach vielen Jahrzehn-ten Laufzeit keinen Verschleiß zeigt. Wir haben es hier mit einem technischen Denkmal zu tun, dem unbedingt der notwendige Schutz gewährt werden muss. Ein Ab- und Ausbau des mechanischen Uhr-werks im Tausch gegen einen elektronischen Zeigerantrieb darf unter keinen Umständen geschehen.50 Der Verfasser, der in Westfalen selbst Erfahrungen in Restaurierung und Betrieb z. T. 300jähriger Uhren machen konnte, hat den zeitweise für die Wartung der Schlossuhr beauftragten Uhrmacher Siegmund Jeziorek aus Remscheid / Westhausen und Kürten zum Problem des Uhrenzustandes in Burg befragt. Herr Jeziorek war bereits in den 90er Jahren vom damaligen Direktor Dr. Soechting mit Schloss Burg, Batterieturm. Zeigergetriebe der Turmuhr auf der Rückseite des Zifferblatts. Foto: Andreas Sassen 2011. der Überholung der Burger Schlossuhr beauftragt worden, musste den Auftrag aber weitergeben, da seine Werkstatt für die Uhrgröße nicht ausgelegt war. Daraufhin übernahm der Remscheider Uhrma-cher Engel die Uhr für eine Generalüberholung. Einige Jahre später führte die Firma Schwarz eine weitere Überholung durch, mit dem Ergebnis, dass die Uhr stehenblieb. Erst durch die Maßnahmen eines sächsischen Uhrmachers war wieder ein korrekter Betrieb möglich, der nach Meinung Jezioreks auch weiterhin gegeben ist. Somit ist nach weinigen Jahren eine erneute Überholung zunächst einmal überflüssig! 1. Nach Auskunft Herrn Jezioreks kann natürlich im Batterieturm eine moderne elektronisch gesteuer-te Uhr installiert werden, die auch den Glockenschlag ausführt. Diese wird auf die Zeigerwelle auf der Rückseite des Zifferblatts aufgesetzt und per Kabel elektrisch mit einem Steuergerät verbunden. Die alte mechanische Uhr wäre außer Betrieb, bei einem Ausbau oder Tausch, der vom Händler nur zum Schrottpreis erfolgt, allerdings für das Museum Schloss Burg für immer verloren. 2. Der Betrieb der mechanischen Großuhr ist nur möglich, wenn der Antrieb der Werke über die Seil-gewichte erfolgt. Dazu ist es notwendig, dass die Regenfallrohre und alle störenden elektrischen Kabel aus den Gewichtsschächten entfernt werden. Die Regenfallrohre können vermutlich kurzfristig unter Verwendung des vorhandenen Materials mit einem Hubsteiger in bewährter Form außen angebracht werden. Für die abhanden gekommenen Gewichte muss Ersatz beschafft werden. Da Blei derzeit aber sehr teuer ist, könnte man neue Gewichte in Grauguss anfertigen lassen. Um in den Schächten nicht hängen zubleiben, müssen sie im Durchmesser angepasst, oben und unten abgerundet und mit einem Auge für die Seilhaken versehen sein. Das Uhrwerk selbst muss gereinigt, mit den speziellen Schmiermitteln gefettet werden und mit wieder mit dem Zeigergetriebe verbunden werden. Erst nach versuchter Inbetriebsetzung sollte entschieden werden ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Eine Umrüstung auf elektromechanischen Aufzug mit Relaissteuerung über Ein- und Ausschaltkon-takte in den Gewichtsschächten ist zwar möglich, doch die beiden mit einem Schneckengetriebe ver-51 sehenen Elektromotoren benötigen Drehstromanschluss, der im Turm aber wohl nicht vorhanden ist. Zudem müsste das Werk aus dem Turm herausgenommen und in einer Fachwerkstatt umgerüstet wer-den. Aufwändige zweimalige Kranarbeiten durch die Zifferblattöffnung mit zeitraubenden Transpor-ten kommen dazu. Es besteht dabei immer die Gefahr, dass durch unsachgemäßes Hantieren der Uhr-werkrahmen oder die Wellen verzogen werden und die Uhr danach gar nicht mehr läuft. Nach fachlicher Meinung stehen die zu erwartenden teuren Maßnahmen in keinem Verhältnis zum bestehenden einfachen Handaufzug, der einmal in der Woche durchgeführt wird. Die einstigen Uhren-bauer haben schon daran gedacht, dass der Uhrenwart nicht überfordert wird. Allerdings muss der Aufgang zur Uhrenstube neu, aber in breiter Form angelegt werden. Resümee Für Uhrenfachleute hat ein fast hundertjähriges Uhrwerk einen ebenso hohen Stellenwert, wie für Mo-torfreunde ein ähnlich altes edles Automobil. Der leichte Erwerb wird gern erstrebt – der Verlust da-gegen erst mit der Zeit schmerzlich empfunden. Ein Ausbau der alten Burger Schlossuhr ist leicht mit der Empfehlung zu verbinden, sie nicht mehr reparieren zu können. Ein solcher Verlust aufgrund einer vorschnellen Entscheidung ist im Hinblick auf die Verpflichtung zur Erhaltung traditioneller Werte für die Nachwelt nicht nachvollziehbar. Die Behandlung des überlieferten Turmuhrenbestandes ist eines der dunklen Kapitel im Umgang mit Kunst und Kulturgut. Der Verfasser hat in den Kirchtürmen Westfalens zu diesem Thema bereits ne-gative Erfahrungen gesammelt und fand in den vergangenen Jahren noch vereinzelt stillgelegte Uhr-werke – meist in traurigem Zustand. Gerade in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden sehr viele mechanische Uhren stillgelegt und zumeist verschrottet. Selten war ein konkreter Defekt die Ursache dazu, meist führten Vernachlässigung, Verschmutzung oder falsches Ölen zum Stillstand der Uhren. Viele Werke hätten nach einfacher Reinigung wieder in Betrieb gehen können. Dieses ist ein Grund, sich für die Erhaltung des historischen Bestandes besonders einzusetzen, denn von Forschung und Denkmalpflege wurden alte Uhrwerke bisher kaum beachtet. Da im Bergischen Land nur noch sehr wenige mechanische Uhrwerke ihren Dienst tun, sollte es für das Bergische Museum selbstverständlich sein, neben seinen vielfältigen Ausstellungsangeboten auch ein technisches Denkmal am angestammten Ort, dem von Ludwig Arntz gebauten Uhrenturm, zu be-treiben und zu pflegen. Nachtrag: Durch Initiative des Verschönerungsvereins Burg erhielt der Turm ein elektronisch gesteuertes Werk für Zeit und Glockenschlag. Das alte mechanische Großwerk verblieb in der Uhrenstube des Turms. Literatur: Claus Peter, Zur Entwicklung des Turmuhrenbaues in Westfalen, in: Westfalen 62, Münster 1984. Andreas Sassen, Die alte Uhr der Kirche zu Isselhorst, in: Der Isselhorster, Gütersloh 1997. Andreas Sassen, Historische Turmuhren in Gütersloh und Umgebung, in: Gütersloher Beiträge zur Heimat und Landeskunde, Nr. 76/77, Gütersloh 2003 52 Künstler71 und andere Persönlichkeiten, die mit Schloss Burg in Verbindung stehen. Die Düsseldorfer Malerschule Die Düsseldorfer Malerschule stand in der Tradition der deutschen Malerei zwischen 1819 und der Zeit des Ersten Weltkriegs, die mit der Königlich-Preußischen Kunstakademie in Düsseldorf verbun-den ist und in ihrer historischen Entwicklung die Stilepochen der Romantik, des Naturalismus und Impressionismus sowie des Jugendstils umfasst. Gepflegt wurden die Landschaftsmalerei, das Histori-enbild, die Genremalerei und das Still-Leben. Die Königlich-Preußische Kunstakademie in Düsseldorf wurde 1819 gegründet. Der erste Direktor war Peter von Cornelius. Nachdem dieser einem Ruf nach München gefolgt war, übernahm 1826 Wil-helm Schadow aus Berlin die Direktion. Während der 33 Jahre seiner Amtszeit wurde der internationa-le Ruf der Düsseldorfer Malerschule begründet. Schadow förderte zunächst vor allem die Historienma-lerei, die von ihm selbst, Eduard Bendemann, Christian Köhler und Carl Friedrich Lessing vertreten wurde. Als Landschaftsmaler legten Lessing und Johann Wilhelm Schirmer, u. a. durch den 1827 ins Leben gerufenen Landschaftlichen Komponierverein, den Grundstein für die Tradition der Düsseldor-fer Landschaftsmalerei. Johann Wilhelm Preyer und Jakob Lehnen setzten in Düsseldorf die Still-Leben-Malerei durch. In den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts folgte die von Jakob Becker von Worms, Rudolf Jordan und Adolf Schroedter vertretene Genremalerei. Die politischen und sozialen Unruhen der vierziger Jahre ließen in Düsseldorf eine Tendenz zu sozial-kritischen Themen in der Malerei und Graphik aufkommen. Aufsehen erregte vor allem Karl Wilhelm Hübners Gemälde Die schlesischen Weber von 1844. Johann Peter Hasenclevers Gemälde Arbeiter vor dem Magistrat von 1848 war eine eindeutige Stellungnahme für die demokratischen Bestrebungen (es wurde kurz nach seiner Entstehung in New York als Dokument der Revolution ausgestellt und von Karl Marx im Daily Tribune kommentiert); Peter Schwingens Bild Die Pfändung von 1846 war eine Parteinahme für die verarmten Handwerker. Politische Karikaturen schufen z. B. Andreas Achenbach und Adolf Schroedter. In den folgenden Jahren verbreitete sich rasch der Ruhm der Düsseldorfer Akademie, und Düsseldorf genoss für Jahrzehnte einen internationalen Ruf als Kunstmetropole. Die Landschaftsmalerei erlebte in Düsseldorf vor allem mit den Brüdern Andreas und Oswald Achenbach sowie Eugen Dücker eine Blüte. Bis zum 1. Weltkrieg studierten in Düsseldorf einige tausend Maler, vor allem aus den USA, Belgien und den Niederlanden, aus Norwegen, Schweden und Russland. In Amerika wurde die Düs-seldorfer Malerschule durch Emanuel Leutzes 1850 entstandenes Gemälde Washingtons Übergang über den Delaware am 25. Dezember 1776 bekannt, und ferner durch die Eröffnung der Düsseldorf Gallery am Broadway in New York, die Werke der Düsseldorfer Malerschule ausstellte. Durch die große Zahl amerikanischer Studenten beeinflusste die Düsseldorfer Malerschule besonders die ameri-kanische Landschafts- und Genremalerei. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts löste sich die Düsseldorfer Malerschule langsam auf, die mit der Akademie verbundenen Künstler beschritten mehr und mehr ihre eigenen Wege. Von Bedeutung blieb allein die Landschaftsmalerei. Nach 1900 öffneten sich einige Düsseldorfer Künstler französischen Einflüssen des Impressionismus und Postimpressionismus. Diese Anregungen nahmen vor allem Juli-us Bretz, Max Clarenbach, August Deusser und Walter Ophey auf, die 1909 den Sonderbund gründe-ten und damit der aufkommenden modernen Kunst ein Forum schufen. Mit dem 1. Weltkrieg endet die Geschichte der Düsseldorfer Malerschule. Autor: Wolfgang Blümel, Encarta Encyclopädie. 71 Angaben zum Teil auszugsweise nach Thieme-Becker, Künstlerlexikon.53 Baur, Albert, jr.; Historienmaler Lebte und arbeitete in Düsseldorf, geboren daselbst als Sohn des Historienmalers Prof. Albert Baur am 1. 7. 1868, gestorben 1959. Baur besuchte die Akademie zu Düsseldorf (1888-89 und 1896-99 Mün-chen und Karlsruhe) wo er hauptsächlich unter Peter Janssen, Wilhelm Diez, Hermann Baisch studier-te. Dann ging er nach Paris, wo er unter Levébre arbeitete. Schließlich trat er noch einmal an der Düs-seldorfer Akademie in das Meisteratelier des eben dorthin berufenen Claus Meyers ein und arbeitete seit 1898 selbständig. Sein Stoffgebiet, das er mit Sachkenntnis und künstlerischer Begabung bearbeitet, ist das der moder-nen Militär- und Sportmalerei, es schließt aber auch historische Kompositionen ein. Die ersten Bilder beinhalten Motive aus der Zeit der napoleonischen Kriege „Russland 1812“. Reiterporträts und ver-schiedene kleine Bilder militärischen und sportlichen Inhalts folgen. Er beteiligte sich eifrig an Kon-kurrenzen der Historienmalereinen, so am Wettbewerb von Schloss Burg, wo er den zweiten Preis bekam. Daraus geht sein Werk hervor, das später in der Ruhmeshalle zu Barmen verwahrt wurde. „Der Leiche des erschlagenen Erzbischofs Engelbert von Köln wird vor den Toren von Schloss Burg der Einlass verweigert“. Dieses große Historienbild arbeitete er im Auftrag des Kunstvereins. Bloos, Richard; Maler Richard Bloos in einer Karikatur von Hans Kohlschein 1929 Geboren 1878 in Brühl / Rheinland Kunststudium an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Peter Janssen und Willi Spatz, 1906 im Alter von 28 Jahren abgeschlossen. 1907 in Paris Begegnung mit dem französischen Impressionismus prä-gend. Er beteiligte sich von 1910-14 mit allgemeinen Szenen der Pariser Stadtlandschaft am Salon der Société Nationale des Beaux Arts. 1914 Rückkehr nach Düsseldorf, Wohnort Oberkassel. In seinen Bildern bevorzugte er Motive aus unmittelbarer Umgebung; Stadtansichten, Landschaften und Gen-reszenen. Seit seiner Pariser Zeit fertigte Bloos in sehr feiner Linienführung graphische Zyklen und Einzelbilder. Unter der Düsseldorfer Graphik zählen seine Arbeiten zu den besten der Zeit. Als Ange-höriger des „Düsseldorfer Malkastens“, von 1901-1957 beteiligte er sich auch an satyrischen Darstel-lungen, die das damalige gesellschaftliche Leben Düsseldorfs karikieren. Während dieser Zeit malte er auch ein Porträt seines Düsseldorfer Künstlerkollegen Hans Kohlschein, der an den Gemälden im Rit-tersaal von Burg beteiligt ist. Werke in: Rheinisches Landesmuseum Bonn; Kunstmuseum Düsseldorf; Museum der Bildenden Kunst in Leipzig; von der Heydt-Museum Wuppertal. Richard Bloos malte 1923 von Schloss Burg eine impressionistische Ansicht (60x54 cm), die sich im Besitz des Schlossbauvereins befindet. 54 Clemen, Paul, Prof. Dr., Kunsthistoriker, Denkmalpfleger. Prof. Dr. Paul Clemen. Foto: Universitäts- und Landesbibliothek Bonn. Paul Clemen, geboren am 31. Oktober 1866 und gestorben am 8. Juli 1947 in Endorf / NRW, war Kunsthistoriker und erster Provinzialkonservator der Rheinprovinz. 1885 begann er sein Studium der Kunstgeschichte und der deutschen Philosophie an der Universität Leipzig und setzte dieses 1887 an der Universität in Bonn fort. 1888 ist er an der Universität in Straßburg. 1889 erfolgte die Promotion zum Dr. phil. Schon am 1. Oktober bekam er eine feste staatliche Anstellung und wurde durch die „Kommission für die Denkmälerstatistik“ mit der Inventarisierung der Kunstdenkmäler in der Rhein-provinz beauftragt. Im Jahre 1893 erfolgte die Ernennung zum ersten Provinzialkonservator der Rheinprovinz. Prof. Dr. Paul Clemen arbeitete von 1894 bis zu seiner Emeritierung 1936 als Kunsthistoriker an der Universität Bonn. In seiner Funktion als Provinzialkonservator setzte er sich stark für den Denkmal-schutz ein. Er war einer der Initiatoren für die Gründung des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. Sein Lebenswerk, die „Kunstdenkmäler der Rheinprovinz“ in 56 Bänden, ist ein Standardwerk der Deutschen Kunstgeschichte.72 Über ein halbes Jahrhundert lehrte und forschte Paul Clemen in Bonn und dem Rheinland. Der gebür-tige Sachse versteckte sich aber nicht hinter seinen Büchern, sondern machte sich seit Beginn seiner Arbeit an der Bonner Universität dafür stark, die Kunst des Rheinlandes zu bewahren und für die Öf-fentlichkeit zugänglich zu machen. Dem Kunsthistorischen Institut gab Clemen seine heutige Heimat im Hauptgebäude der Universität. Er vergrößerte die vorhandene Sammlung und verfolgte bis zur zu seiner Emeritierung das Ziel, eine überregional bedeutende Sammlung und Bibliothek aufzubauen. Zahlreiche namhafte Kunsthistoriker holte Clemen Anfang des Jahrhunderts nach Bonn und machte aus seiner Wissenschaft, die es 50 Jahre vorher als eigene Disziplin nicht gab, eines der Aushänge-schilder der Bonner Uni. Seine Studenten wollte Clemen auf die Bedürfnisse der Museumsbesucher aufmerksam machen. Neben der reinen Kunstgeschichte legte er bei der Ausbildung auch darauf Wert, was man heute Museumspädagogig nennt, und war ein Pionier auf diesem Gebiet. Clemen machte sich im Krieg Gedanken um den Schutz und die Auslagerung von Kunstgütern. Nach dem Ersten und besonders nach dem Zweiten Weltkrieg rief er die Rheinländer in flammenden Reden dazu auf, ihre wertvollen Kunstschätze nicht untergehen zu lassen. Als fast Achtzigjähriger begann er auf vielfachen Wunsch, die Erinnerungen seines bewegten Lebens niederzuschreiben. Sie blieben Fragment, bedingt durch Krankheit und Tod, doch vermitteln sie das lebendige Bild eines Gelehrten, der Zeit seines Lebens „zum Ganzen“ strebte. Clemen berichtet fes-selnd, wie er von je her seinen unbändigen Bildungshunger durch die Begegnung mit den großen Geis-tern seiner Zeit, auf Wanderungen und Reisen zu stillen suchte. Er gibt Einblick in die Frühzeit von Denkmalschutz und Denkmalpflege, für die Clemen in Ausübung seiner Ämter selbst Maßstäbe setz-te.73 Clemen bekannte selbst: „Der Rhein ist mein Schicksal geworden“. So ist heute sein Name eng ver-bunden mit der reichen Denkmälerlandschaft der Region. Dies gilt auch für Schloss Burg, dessen Wiederaufbau er gleich zu Beginn seiner Amtszeit wohlwollend und interessiert begleitete. Den Bau- 72 Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie. 73 Aus Presseinformation der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn55 meister G.A. Fischer unterstützte er beratend bei seinen Rekonstruktionen und Planungen des aufzu-bauenden bergischen Schlosses. Auch als die Innenausstattung der Gebäude realisiert wurde, gehörte Clemen zu der Kommission des Kunstvereins der Rheinlande und Westfalen, die die Vorplanung der Themen in den Räumen und deren Abnahme nach der Ausführung vornahm. Als Wiederaufbau und Kunst von Schloss Burg in den zwanziger Jahren in Misskredit gebracht wurden, unternahm Paul Clemen eine Ehrenrettung des Schlosses. Er wies dem Schlosse seinen Standort in der Zeit des Wie-deraufbaus an und reihte es ein in die große Linie der Burgenwiederherstellungen, die am Rhein mehr als ein halbes Jahrhundert früher mit dem Aufbau der Burg Rheinstein einsetzte. „Sie sind weniger Dokumente für die Kunst des Mittelalters als für die romantisch-historisierende Stimmung der Zeit der Wiederherstellung. So trägt auch Schloss Burg in seinem Ausbau den Charakter jener Spätlingskunst der letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts“. Paul Clemen, Werke: Kunstdenkmäler der Rheinprovinz in 56 Bänden; Belgische Baudenkmäler; Belgische Kunstdenkmä-ler; Die Sammlung Dr. Leopold Seligmann Köln; Die deutsche Kunst und die Denkmalpflege; Italienische Kunst Plastik Zeichnung Malerei; Kunstschutz im Kriege; Köln Antlitz einer alten deutschen Stadt; Lob der Stille; Rheinfahrt Führer durch Geschichte Kunst und Landschaft des Rheintales; Rheinische Baudenkmäler und ihr Schicksal- Ein Aufruf an die Rheinlän-der, Düsseldorf 1946; Clemen/Gurlitt, Die Klosterbauten der Cistercienser in Belgien, Berlin 1916. Gotische Kathedralen in Frankreich, Einleitung, Zürich 1951; Literatur: Paul Clemen 1866-1947. Erster Provinzialkonservator der Rheinprovinz, Katalog der Ausstellung anlässlich seines 125. Geburtstages, Bonn 1991. Cornelius, Peter von, Maler Peter Cornelius. Nach einem Stich der Künstlerin Auguste Küssener. Abb. aus Schaarschmidt, Düsseldorf. Peter Cornelius, (1783-1867), deutscher Maler und Zeichner, gehörte zu den führenden Vertretern der Nazarener. Sein Name ist untrennbar mit der Düsseldorfer Malerschule und mit der Weitergabe der Kenntnisse über die Freskomalerei verbunden. Er wurde am 23. September 1783 in Düsseldorf gebo-ren und begann ein Studium an der dortigen Akademie und ging 1811 nach Rom, wo er sich den Na-zarenern anschloss, einer Künstlergruppe deutscher Romantiker nach dem Vorbild mittelalterlicher Bruderschaften, die sich der Wiederbelebung der altdeutschen Malerei in der Nachfolge Albrecht Dürers und der italienischen Renaissancekunst verschrieben hatte. Dort entstanden u. a. die Fresken-entwürfe nach der Josephsgeschichte für die Casa Bartholdy, die zu einer Reihe von lukrativen Auf-trägen für Kronprinz Ludwig (später König Ludwig I.) von Bayern führten, für den er u. a. die Fresken für die Glyptothek und die Ludwigskirche schuf. 1819 wurde er Direktor der Akademie in Düsseldorf, 1824 in München. 1840 berief ihn der preußische König Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin, wo er u. a. mehrere Freskenentwürfe für einen Camposanto (Friedhof nach italienischem Vorbild) zum ge-planten Domneubau anfertigte, der jedoch nie ausgeführt wurde (heute Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie, Berlin). Cornelius’ monumentaler Malstil erscheint bei allem Neue-rungsehrgeiz letztlich aber doch eher rückwärts gewandt, einem konservativen Klassizismus verpflich-tet. Am 6. März 1867 starb Cornelius in Berlin.56 Coubillier, Frédéric; Bildhauer in Düsseldorf Coubillier wurde am 1. 11. 1869 in Longeville bei Metz geboren. Seine Ausbildung bekam er nach mehrjähriger praktischer Arbeit auf der Düsseldorfer Kunstakademie unter dem Bildhauer Karl Jans-sen. Danach hielt er sich einige Jahre studienhalber in Rom auf. Er ist am Rhein vor allem durch die kraftvoll-energische Statue des Grafen Adolf von Berg auf Schloss Burg bekannt geworden. Frederic Coubillier. Graf Adolf I. von Berg. Seine Hauptwerke sind in chronologischer Reihenfolge: die Tritonengruppe, der architektonisch-plastische Abschluss des Stadtgrabens in Düsseldorf 1898-1902. Relief in Bronze zur Erinnerung an den Besuch Kaiser Wilhelms II. auf Schloss Burg von 1901, die (o. gen.) Statue des Grafen Adolf auf Schloss Burg von 1902; davon befindet sich ein kleinere Reproduktion in der Kunsthalle zu Düsseldorf. Kolossalstatue Kaiser Wilhelms II. am neuen Rathaus in Elberfeld von 1902, Grabdenkmal mit der Gruppe „Wiedersehen“ auf dem Friedhofe bei Düsseldorf 1903. Kolossalbüsten Kaiser Wilhelms II. in der Stadthalle zu Elberfeld und in der Kuppelhalle des Ausstel-lungspalais zu Düsseldorf von 1904. Der „Goldschmiedebrunnen“ in Elberfeld 1910. 57 Engelbert II. von Berg Siegel des Erzbischofs Engelbert I. Engelbert II. *8. 11. 1185 (* 7.11.1186); 1216-1225 als Engelbert I. Erzbischof von Köln, seit 1218 als Engelbert II. Graf von Berg, † 7.11.1225 bei Gevelsberg. Engelbert wurde als zweiter Sohn des Grafen Engelbert von Berg und seiner Frau Margarethe von Geldern geboren. Somit war er der zweite Graf Engelbert von Berg. Wie damals in Adelskreisen üblich, soll der Erstgeborene Politiker, der Zweitgeborene Geistlicher werden. In Köln besuchte En-gelbert die Schule des Andreasstiftes und die Domschule. Er wurde als körperlich schöner, fast 1,80 m großer Mann beschrieben. Schlank aber kräftig, intelligent und selbstverständlic
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Autor | Sassen, Andreas Info ; Sassen, Claudia |
Titel | Unter dem Bergischen Löwen |
Untertitel | Beiträge zur Wiederentstehung von Schloss Burg an der Wupper |
Übergeordneter Titel | Beiträge zur Heimatgeschichte |
Bandangabe | 18 |
Ort/Verlag | Solingen |
Erscheinungsjahr | 2015 |
ISSN | 2192-6840 |
Signatur | 18L6268 |
Katkey | 6894176 |
HBZ-ID | HT018845635 |
Katkey (Überordnung) | 6550992 |
HBZ-ID (Überordnung) | HT016938765 |
Typ | PDF; |
Dateiformat | application/pdf; |
Rechteinformation | Rechte vorbehalten - Freier Zugang |
Volltext | Beiträge zur Heimatgeschichte Band 18 Unter dem Bergischen Löwen Beiträge zur Wiederentstehung von Schloss Burg an der Wupper Andreas Sassen ∙ Claudia Sassen Solingen 20152 3 Andreas Sassen ∙ Claudia Sassen Unter dem Bergischen Löwen4 5 Beiträge zur Heimatgeschichte Band 18 Unter dem Bergischen Löwen Beiträge zur Wiederentstehung von Schloss Burg an der Wupper Wetterfahne mit avantgardistischem Löwen, von 1950–2010 auf dem Bollwerkturm ISSN 2192-6840 Andreas Sassen ∙ Claudia Sassen Solingen 20156 Beiträge zur Heimatgeschichte Beiträge zur Heimatgeschichte ist eine Schriftenreihe zu Themen von Kunst und Architektur in NRW herausgegeben von Andreas Sassen und Claudia Sassen. Impressum: © 2015 Andreas Sassen / Claudia Sassen Hasselstr. 4, 42651 Solingen claudia.sassen@uni-dortmund.de ISSN 2192-6840 Redaktion Claudia Sassen Fotos Andreas Sassen Zeichnungen Andreas Sassen Druck- und Verlagsort Solingen, Selbstverlag der Herausgeber Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.7 Beiträge zur Wiederentstehung von Schloss Burg an der Wupper Inhaltsverzeichnis: Aus der Geschichte von Schloss Burg ……………………………………………………9 Zerstörung und Aufgabe der Burg……………………………………………………….11 Der Wiederaufbau von schloss Burg……………………………………………………..13 Die Kirche der ehemaligen Johanniterkommende in Schloss Burg……………………15 Der Maler Hans Kohlschein im Rittersaal von Schloss Burg ………………………….19 Das Historiengemälde „Die Befreiung Herzog Wilhelms I. von Berg“………………..26 Der Janstein im ravensbergischen Niehorst und die Kinderverlobung in Burg ……..30 Die Begegnung auf der Treppe ………………………………………………………….36 Vom „Kuxthurm“ zum Batterieturm Zur Entstehung des Geschützturms von Ludwig Arntz in Schloss Burg a. d. W……39 Zur Schlossuhr im Batterieturm auf Schloss Burg…………………………………….47 Künstler und andere Persönlichkeiten, die mit Schloss Burg in Verbindung standen. ………………………………………….52 Über die Kunst der Freskomalerei ……………………………………………………..78 Literatur ………………………………………………………………………………….84 Zum Titelbild: Wappen von Berg, Mark und Ravensberg von Gerhard II. als Herzog Gerhard I. (1437–1475) Messing-Gravur auf der Grabplatte im Altenberger Dom. Überarbeiteter Ausschnitt von Andreas Sassen.8 9 Schloss Burg. Detail einer Ansicht aus Topographia Ducatus Montani von Erich Philipp Ploennies 1715. Diese älteste Ansicht von Schloss Burg war eine der Grundlagen für die Rekonstruktion der Anlage durch den Baumeister Gerhard August Fischer. Abb. Staatsarchiv Düsseldorf. Aus der Geschichte von Schloss Burg Der Ort Burg befindet sich an der tief eingeschnittenen Mündung des Eschbachs in die Wupper – Schloss und Oberburg liegen malerisch auf der äußersten Kuppe eines Höhenzuges, das Fischerdorf Unterburg im schluchtartigen Eschbachtal. Ausgangspunkt der Siedlung war das zu Beginn des 12. Jahrhunderts errichtete Schloss der Grafen von Berg, die damals ihren bisherigen Stammsitz auf dem „alten Berge“ bei Odenthal den Zisterziensern überließen. Der im 15. Jahrhundert zur Freiheit erhobe-ne Ort führte ursprünglich zum Unterschied von Altenberg den Namen Neuer Berg oder Neue Burg. Seit dem ausgehenden Mittelalter war Burg ein bedeutender Tuchmacherort, dessen Blütezeit vom Ende des 17. bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts andauerte.1 Nach der Überlieferung begann Graf Adolf II.2 von Berg um 1118 mit der Errichtung einer Burg auf den Grundmauern einer älteren Befestigungsanlage auf dem Neuen Berge. Die romanischen Bauten dieser ersten Burg über der Wupper bildeten das Kernstück der späteren großen Burganlage von Schloss Burg. Ihren alten Stammsitz übergaben Graf Adolf II. von Berg und sein Bruder Eberhard3 1133 einem Konvent des Zisterzienserordens aus Morimond (heute Bistum Langres, Frankreich). Ent-sprechend ihren Baugewohnheiten und ihrem Wirtschaftssystem verlegten die Zisterziensermönche das Kloster bald nach der Gründung ins Tal der Dhünn. Der Name des ehemaligen bergischen Gra-fenstammsitzes Altenberg wurde für den Konvent weitergeführt. Das Zisterzienserkloster Altenberg, eines der reichsten und berühmtesten Klöster des rheinisch-bergischen Raumes, bestand bis zur Säku-larisation 1803 1 Dehio, Rheinland, 1967, S. 109. 2 Adolf II. *um 1090, 1115 Graf von Berg, nach 1160 Mönch in Altenberg, † 1160–1170. (n. Laute) 3 Eberhard (Everhard) * um 1090, urkundl. 1115–20 Laie, seit 1120-21 Mönch in Morimond, seit 1143 Abt in St. Georgenberg (Georgenthal) in Thüringen. † 1142–1152. (n. Laute)10 Der Ort Burg an der Wupper mit dem Schloss in Oberburg nach einem Kupferstich von Schramm. Ende des 18. Jhs. diente der Rest der Burg als Sitz der Rentmeister und Richter des Amtes Bornefeld. Abbildung: Archiv Schloss Burg . Etwa 100 Jahre nach der Gründung der Burg baute Graf Engelbert II.4 von Berg während seiner kur-zen Herrschaft ab 1218 die Anlage zu einer weiträumigen Hofburg aus. Er war der Erzbischof Engel-bert I. von Köln und wurde, nachdem sein älterer Bruder5 auf dem Kreuzzug bei der Belagerung Damiettes6 in Ägypten zu Tode gekommen war, bergischer Landesherr, Herzog von Westfalen und später Verweser des Heiligen Römischen Reiches. Als mächtigster Mann des Staates unter dem Stau-fer Friedrich II.7 ließ er den repräsentativen zweigeschossigen Palas mit dem sich unmittelbar an-schließenden Kemenatenbau und Kapellenbau errichten. Engelbert wurde 1225 bei Gevelsberg ermor-det8. Nach ihm blieb die Burg weiterhin eine bevorzugte Residenz der Grafen und späteren Herzöge von Berg. Erst nach der Verlegung der Hofhaltung in die neue Hauptstadt Düsseldorf im Jahre 1380 diente sie nur noch als gelegentlicher Aufenthaltsort der Herzöge. Zur Zeit der Spätgotik und der Re-naissance lebte die Bautätigkeit in Burg wieder auf. Der Palas wurde umgestaltet und erweitert und 1485 mit Fachwerkaufbauten versehen. Seine Erdgeschossfenster wurden vergrößert und mit einem Segmentbogen versehen und der Kemenatenbau nach Süden erweitert. Im Jahre 1528 entstand ein neues inneres Torhaus am Palas und in den weiteren Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts mit stärkeren äußeren Befestigungen auch ein Vorgänger des heutigen großen Batterieturms in der Burganlage.9 4 Engelbert II. *8.11.1185 (*7.11.1186) 1216-25 als Engelbert I. Erzbischof v. Köln, seit 1218 Graf v. Berg, † 7.11.1225 bei Gevelsberg. (n.Laute). 5 Adolf III. Graf von Berg, *um 1175, †7.8.1218 bei Damiette in Ägypten (n. Laute) 6 Damietta, Verw.-Bez. Dumyat, Ägypten, liegt an der Mittelmeerküste, im Nildelta nahe Port Said. 7 Friedrich der II. (Kaiser d. Hl. Röm. Reich) 1194-1250. 8 Siehe auch das Wandbild zu Engelbert im Rittersaal, sowie die Angaben über sein Leben im Anhang. 9 Der heutige Batterieturm ist ein Neubau von 1914.11 Schloss Burg um 1850 nach einer Zeichnung von J.P. Heinrichs. Abbildung: Archiv Schloss Burg. Zerstörungen und Aufgabe der Burg Am Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde Schloss Burg von schwedischen Truppen belagert, seine Befestigungsanlagen durch Beschuss weitgehend zerstört und auch ein Teil der Gebäude innerhalb der Burg beschädigt. Die kaiserliche Besatzung ließ bei ihrem Abzug den noch intakten Rest der Verteidi-gungsanlagen sprengen und in Flammen aufgehen. Der Hauptbau mit dem Palas blieb davon aber ver-schont und ist um 1700 teilweise wieder instand gesetzt worden. Die von 1715 erhaltene Ansicht vom Kartographen Ploennies zeigt noch die Fachwerkaufbauten des 15. Jahrhunderts. Der Hauptbau diente bis 1807 als Sitz herzoglicher Rentmeister und Richter des Amtes Bornefeld.10 Während dieser Zeit fanden aber erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz der Burg statt. Auf der Westseite legte man die großen Stall- und Wirtschaftsgebäude nieder und auch die spätgotischen Fachwerkaufbauten des Palas verschwanden. Ein Kupferstich von Schramm vom ausgehenden 18. Jahrhundert zeigt das Gebäude mit einem schlichten Satteldach. Danach benutzte man die großen Räume für gewerbliche Zwecke; im Rittersaal webte man Wollde-cken, die „Burger Schaazen“. Doch der preußische Fiskus als Eigentümer der Burg war an einer wei-tergehenden Erhaltung nicht mehr interessiert und versuchte schon um 1820 die Anlage zu veräußern. 1839 kaufte die katholische Gemeinde die Burg und funktionierte sie zum Schulgebäude um. Der Schulbetrieb endete aber nach wenigen Jahren wegen Baufälligkeit der Gemäuer, und ein neues Schulhaus wurde am Burgplatz gebaut.11 Vermutlich waren die notwendigen Instandhaltungen an Dächern und Einrichtungen bereits länger unterblieben, als man die Gebäude 1849 aufgab. Zur Mate-rialgewinnung für das neue preußische Landgericht in Elberfeld wurde das aus Eichenholz bestehende Dachwerk und die Zwischendecken ausgebaut und das übrige Mauerwerk dem Verfall preisgegeben. Nachdem die „Oberen“ mit entsprechendem Beispiel vorangegangen waren, wurde von den Bürgern der Umgebung alles, was dem eigenen Hausbau diente, fortgeschleppt und damit Schloss Burg in kürzester Zeit zur Ruine gemacht.12 Man benutzte die Burg als Steinbruch, wobei umfangreiche Mauerteile ver-schwanden. Eine Zeichnung von Heinrichs zeigt den Palas 1850 mit zerstörten Mauern. 10 Roselt, Schloss Burg, S. 8. 11 Das Gebäude nordwestlich vor dem Palas, kürzlich vom SBV gekauft, beherbergt zukünftig die Verwaltung. 12 Renate und Karl Morsbach (1987): Die sich wandelnden Architekturen von Schloss Burg an der Wupper, in: Für Kaiser Volk und Vaterland, Festschrift zum 100jährigen Bestehen von Schloss Burg, Köln, S. 55.12 Schloss Burg, Entwurfsansicht der Palas-Westseite. Eine der frühen Rekonstruktionszeichnungen von Gerhard August Fischer, bevor der Wiederaufbau 1890 begann. Abbildung: Archiv Schloss Burg. Schloss Burg an der Wupper, Gesamtansicht aus der Vogelschau von G.A. Fischer für sein Burgenbuch von 1892. Abbildung: Archiv Schloss Burg13 Der Wiederaufbau von Schloss Burg Etwa 30 Jahre nach Aufgabe der alten Burg regte sich im Bergischen Land der Wunsch nach dem Wiederaufbau der Burgruine. Auf Einladung des bergischen Geschichtsvereins traf sich am 18. Juni 1887 erstmalig eine engagierte Gruppe von Bürgern des Bergischen Landes, darunter der Wermelskir-chener Fabrikant Julius Schumacher und der Architekt Gerhard August Fischer aus Barmen. Sie be-sprachen die Möglichkeiten zum Erhalt der Ruine oder gar den Wiederaufbau. Wenig später, am 3. August 1887 gründeten diese Männer mit 70 weiteren Personen aus der Umgebung einen „Verein zur Erhaltung der Schlossruine Burg an der Wupper“, aus dem später der Schlossbauverein Burg wurde. Den Vorsitz führte bis 1902 Julius Schumacher, der im Laufe der Zeit einen großen Teil seines Privat-vermögens dem Verein zur Verfügung stellte. Schon 1890 begann man mit dem Wiederaufbau der Hauptteile der Burg; das innere Burgtor erstand zuerst, danach folgte der Palas mit seinem Rittersaal. Mit der Vollendung des Gebäude-Südteils im Jahre 1894 stand der Hauptbau mit Kemenate und Ka-pelle fertig da. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges war die Burganlage soweit wiederhergestellt, wie sie heute zu sehen ist. Es war zwar im Wesentlichen eine Neuschöpfung entstanden, doch der Architekt Fischer aus Barmen, bemühte sich weitestgehend um eine Rekonstruktion der gotischen Burg. Seine Entwürfe und Zeichnungen fußten auf den Mauerresten, ergrabenen Fundamenten und der einzigen erhaltenen Ansicht der Burg, der Zeichnung des Vermessungstechnikers Erich Philipp Ploennies aus dem Jahr 1715.13 Der Baumeister Gerhard August Fischer, der über fünfzig Jahre seines Lebens un-zählige Kirchen im Rheinland und in Westfalen gebaut hatte14, wusste die Mitglieder des Vereins zur Erhaltung der Schlossruine mit seinen Entwürfen und visionären Ansichten des alten Grafenschlosses zu überzeugen. Seine Zeichnungen, darunter Idealvorstellungen von Schloss Burg im Mittelalter, gin-gen als Lithografien von Hand zu Hand und begeisterten die Menschen der Region für den Wiederauf-bau. Fischer hatte die historische Ansicht der Burg im Sinne der Neugotik mit romantischem Ein-schlag neu geschaffen. Er war beim Wiederaufbau von Anfang an dabei und begleitete die Wiederher-stellung der Anlage bis zur Errichtung des Bergfrieds im Januar 1902. Als dieser kurz vor seiner Voll-endung in der Sturmnacht zum 5. Januar 1902 teilweise einstürzte, wurde er von seiner weiteren Tä-tigkeit in Burg entbunden. Er hatte nicht mehr die Möglichkeit, den Schaden zu beheben; den Wieder-aufbau übernahm der Baumeister Blaue. Alles, was die Arbeit Fischers über so viele Jahre in Burg empfohlen hatte, schien mit einem Schlag vergessen. Fischer empfand das als Kränkung und wandte sich anderen Denkmalobjekten zu. So ent-standen zwischen 1900 und 1906 genau ausgearbeitete Pläne für das im Bauernkrieg zerstörte Kloster Georgenthal im Thüringer Wald.15 Durch seine Geschichtskenntnisse war Fischer auf dieses Zisterzi-enserkloster gestoßen; denn dort war 760 Jahre zuvor Everhard, der Bruder Adolfs II. von Berg, zum ersten Abt gewählt worden. Doch der Lebensweg der ersten Generation des Wiederaufbaus von Schloss Burg neigte sich dem Ende zu. Am 28. Juni 1902 starb der langjährige Freund und Burger Weggefährte Julius Schumacher. Gerhard August Fischer arbeitete noch bis kurz vor seinem Tod; er starb am 11. November 1906 in Barmen. 13 Ploennies Darstellung wird zuweilen infrage gestellt (A. Schyma, a.a.O.), da er „nicht Zeichner, sondern Kar-tograph und Techniker“ war. Seine Wiedergabe von Burg ist aber bei der geringen Größe zeichnerisch perfekt! Die Proportionen von vorn bis in die Tiefe des Bildes stimmen, die Perspektive ist einwandfrei und Einzelheiten gut erkennbar, sie machen die Überlieferung glaubhaft. 14 Gerhard August Fischer (1833-1906) Architekt, zu seinen Bauten siehe Weyres Mann, Köln 1968. 15 G. A. Fischer, das Kloster Georgenthal in: Thüringer Warte Nr. 11, Februar 1905.14 Schloss Burg. Ehemalige Johanniterkirche. Links: Blick vom Westportal in das Innere der zweischiffigen Gewölbehalle aus der Zeit Engelberts II. wie sie bis 1648 erhalten war. Rechts: Das Kirchenschiff im heutigen Zustand als einfache Saalkirche. Im Chorraum die geborgenen Säulen aus der Schlosskapelle Engelberts. Zeichnung und Foto A. Sassen. Schloss Burg. Ehemalige Johanniterkirche. Links: Querschnitt durch die zweischiffige Kirche mit dem spätgotischen Anbau für Sakristei und Herrschaftsempore. Rechts: Das Äußere der Kirche von Süd-West mit einem Treppenturm an der Westseite. Rekonstruktionszeichnungen Andreas Sassen. 15 Schloss Burg. Ehemalige Johanniterkirche. Links, Blick auf die Nord-Ostseite der ganz aus Tuffstein und Trachyt-Eckquadern errichteten Kirche, als man 1960 den gesamten Putz entfernt hatte. Foto: Stadtarchiv Solingen. Rechts: Das romanische Taufbecken aus der Zeit Engelberts mit ehemals sechs Stützsäulen. Heute ist nur noch die Kuppa mit ihrem Mittelfuß vorhanden An diesem Taufstein wurden alle Nachkommen der Bergischen Grafen in Burg getauft. Rekonstruktionszeichnung: Andreas Sassen. Die Kirche der ehemaligen Johanniterkommende in Schloss Burg Im Schatten der einstigen Bergischen Residenz verbirgt sich die kleine katholische Kirche St. Martinus, die einst mit der wohlklingenden Bezeichnung Kirche des Hospitals St. Johannis zu Jerusa-lem versehen war.16 Ihr alter Name erinnert an die Zeit der Kreuzzüge und damit an eine enge und lange Verbundenheit der Grafen und Herzoge von Berg mit dem Johanniterorden. Um 1200 waren die Johanniter die mächtigsten Ordensritter zwischen Konstantinopel und Jerusalem – ihre riesige Festung Krak de Chevalier in Syrien zeugt noch heute davon. Von dort aus gründeten sie in Europa und in ihrer deutschen Heimat Niederlassungen (Kommenden, Komtureien), um Kreuzfahrer und Pilger auf dem Weg zu den heiligen Stätten in Palästina zu unterstützen. Graf Engelbert I. von Berg sah den Vorteil einer Zusammenarbeit mit dem Orden, nahm 1176 die Johanniter mit vielen Privile-gien in Schloss Burg auf und übergab ihnen seine Burgkapelle.17 Sein Sohn Engelbert II., Landesherr und Erzbischof von Köln, erweiterte um 1220 die Burg seiner Vorväter und stiftete der Kommende ein eigenes Haus und eine neue Kirche. Er weihte die Ordens- und Hospitalkirche nach Johannitertradition Johannes dem Täufer und bestimmte sie auch zur Pfarr- und Taufkirche des zukünftigen Ortes Burg. Die Geistlichen der Komturei behielten aber auch Recht und Verpflichtung zum Lesen der Messe in der Kapelle des Hochschlosses. 16 Unter diesem Titel haben die Verfasser eine Baugeschichte der Johanniterkirche geschrieben. Anm. Nr.11. 17 Die Originalurkunde dazu ging verloren, die Johanniterkommende in Burg veranlasste nach 1648 eine Kopie um die Rechtmäßigkeit ihrer Stiftung und der Privilegien auf Burg aufrecht zu erhalten. Zu anderen Urkunden siehe: Vollmer, Bernhard / Karl-Friedrich Bartlewski, Ausgewählte Quellen zur Geschichte von Schloss, Amt und Freiheit Burg an der Wupper, Opladen 1958.16 Schloss Burg. Ehemalige Johanniterkirche. Links, Grundriss mit Gewölbenetz der zweischiffigen romanischen Hallenkirche mit den Anbauten der Wendeltreppe an der Westseite und der spätgotischen Sakristei im Norden. Rechts: Über der Sakristei befand sich eine Empore als Oratorium für die Bergischen Herzöge aus dem 14./15. Jahrhundert. Rekonstruktionszeichnungen Andreas Sassen Linke Seite: Zwei der spätromanischen Säulenkapitelle aus der Zeit Engelberts II., die aus der zerstörten Burgkapelle geborgen und im Chor der Johanniterkirche wieder verwendet wurden. Rechte Seite: Zwei der gleichartigen Kapitelle aus der einstigen Hofkirche Engelberts in Hilden lassen auf dieselben Handwerker an beiden Orten schließen. Fotos der Verfasser.17 Sowohl die Hospitalkirche als auch die neue Kapelle am Palas ließ Engelbert II. nicht aus heimischem Bruchstein, sondern aus Trachyt und formatiertem Tuff vom Mittelrhein bauen. Die Or-denskirche wurde mit einem verdeckten Verbindungsgang unter dem heutigen Friedhof her zur nahen Burgmauer18 ein Teil der Befestigung und entstand ganz nach den Erfahrungen der Johanniter im Vor-deren Orient. Man errichtete eine lichtdurchflutete zweischiffige Halle, die nach Art der byzantini-schen Zisternen-Baukunst eingewölbt wurde. So bekam die Burg Gottesdienstraum, Taufkirche und gleichzeitig einen Ort zur Pflege Kranker und Verwundeter.19 Da die Kirchen allgemein zu dieser Zeit keine Bestuhlung hatten, war das leere Kirchenschiff jederzeit als Krankensaal einzurichten. Den Pati-enten der Johanniter galt eine Heilung an Leib und Seele. Damit jeder von ihnen von seinem Lager aus die Messhandlung verfolgen konnte, war nach Prinzip des Ordens auf einen Chorraum verzichtet und der Altar gut sichtbar unter dem Apsisbogen platziert worden. Mit dem Einbau kuppeliger Gewölbe aus Bimsstein, sogenannter Hängekuppeln, erhielt die Kirche einen besonderen Resonanzkörper und damit eine hervorragende Akustik für geistliche Gesänge.20 So wurde vermutlich nach östlicher Schule Gebet und Musik in den Heilungsprozess einbezogen, um die seelische und körperliche Verfassung eines kranken oder verwundeten Menschen positiv zu beeinflussen. Das hohe Ansehen der Burger Kommende im Mittelalter wird durch reiche Zuwendungen deutlich. Eine Urkunde von 1280 nennt die Bewidmung durch Graf Adolf V. und seiner Gemahlin Elisabeth. Sie übergaben dem Orden zum Dienst in der Kirche St. Johannis und in der Burgkapelle St. Pankratius: „…um Gottes Willen ein silbernes, vergoldetes Bild der heiligen Jungfrau mit zwei Engeln aus glei-chem Material an ihrer Seite, eine silberne Taube, enthaltend eine goldene Kapsel für die Hostie, Um-hänge, Messgewänder, Dalmatiken, feinste Leinentücher, Altarschmuck, einen Goldring mit einem Zahn des heiligen Apollinaris mit allen Reliquien ihrer Kapelle auf Burg“.21 Die Grafen und Herzöge von Berg schätzten und förderten die Arbeit des Pflegeordens und stifteten mit Herrenstrunden bei Bensberg eine weitere Kommende im Bergischen Land. Ihre Stiftun-gen Marienhagen und Drabenderhöhe dürften auch politisch motiviert gewesen sein. Damit platzierten sie Niederlassungen im Gebiet der Grafen von Sayn und erhielten somit Einfluss in deren Territori-um.22 Die Komturkirche in Burg diente allen größeren Anlässen in der Residenz, wenn der Raum der Burgkapelle nicht ausreichte. Hier ließen sich die Grafen trauen und ihre Nachkommen taufen. Aus diesem Grund wurde im 15. Jahrhundert eine Herrschaftsempore als gotisches Oratorium an die Kir-che angebaut.23 Selbst 1496, als Burg längst seine Bedeutung als Residenz an Düsseldorf verloren hatte, schloss man hier in Anwesenheit hoher Würdenträger die Klever Union, wobei der Erzbischof die Verlobung der beiden Kinder Maria und Johann in der Ordenskirche segnete. Auch die festliche Trauung der später aus dieser Verbindung hervorgegangenen Tochter Sibylla mit Johann Friedrich von Sachsen fand unter großer Anteilnahme des Hochadels in der Kirche der Johanniter statt. Mit der Reformation kamen schwerwiegende Veränderungen. Sie führte zur Spaltung des Jo-hanniterordens, wobei sich der katholisch verbliebene Teil in Malteser umbenannte. Die Malteser in Burg kamen dabei in eine denkwürdig komplizierte Situation. Als katholische Eigentümer der kirchli-chen Einrichtungen mussten sie der protestantisch gewordenen Gemeinde die Kirche überlassen und Pfarrer, Küster und Lehrer besolden. 40 Jahre später hatte sich wieder eine katholische Gemeinschaft gebildet und machte nun den Lutheranern die Kirche streitig. Besitzwechsel und Streit gingen als „Burger Kirchenkrieg“ hin und her – während die Malteser ohnmächtig zwischen den Fronten selbst auf ihren Ordensbesitz pochten. Gerade zur Zeit der Gegenreformation unter Herzog Wolfgang Wil-helm24 versuchten die Protestanten alles, die Kirche für sich zu gewinnen. Im Jahr 1647 setzten der 18 Zugang wieder entdeckt 1913 von Schlossbaumeister Ludwig Arntz, siehe Grundplan Schloss Burg 1917. 19 Zum Vergleich die byzantinische Kapelle am Dom zu Paderborn und die Hospitalkirchen in Niederweisel, Bonn-Ramersdorf und Breslau. 20 Zum Vergleich die bemerkenswerte Akustik in der byzantinischen Kapelle am Dom zu Paderborn. 21 Bernhard Vollmer a. a. O. S.18. 22 Verena Kessel, Weltgericht und Seelenwaage, Bensberg 2010. S. 52 23 Der Anbau ist auf der Zeichnung „ Schloss Burg“ von Ploennies von 1715 zu sehen, er wurde 1801 abgeris-sen. 24 Wolfgang Wilhelm aus dem Hause Pfalz-Neuburg , Herzog von Berg 1614-1653, konvertierte 1613 zum ka-tholischen Glauben und verbot im Bergischen ab 1619 reformierte und lutherische Gottesdienste. Hansjörg Lau-te, Die Herren von Berg, Solingen 1988. S. 39.18 Ordenskommandeur, der Amtmann von Solingen und der Kellner von Burg endgültig den Willen der Regierung und damit das Besitzrecht der Katholiken durch. 25 Das führte dazu, dass Unterburg evange-lisch, Oberburg dagegen katholisch wurde. Die kostbaren Kunstgegenstände der Kirche waren in den Wirren verloren gegangen, doch die wirkliche Katastrophe sollte noch folgen. Ein Jahr später – 1648 – bestimmte der Westfälische Frieden die Sprengung aller Festungsanlagen von Schloss Burg, worauf die Soldateska des kaiserlichen Obristen von Plettenberg im Übermut auch die Johanniterkirche und die schöne spätromanische Burgkapelle des Erzbischofs Engelbert in Schutt und Asche legte. Aus den Trümmern beider Gotteshäuser suchte man das brauchbare Material heraus und baute die Johanneskir-che in einfacher Form wieder auf. Im Inneren zieren seit dieser Zeit 15 kunstvoll gearbeitete romani-sche Säulen aus der einstigen Burgkapelle den Chorraum.26 Mit diesen verbliebenen steinernen Do-kumenten wollten die Malteser an ihr Patronatsrecht an der untergegangenen Pankratiuskapelle erin-nern. Selbst das wurde hinfällig, als die Säkularisation 1803 die Ordenskommende mit sämtlichem Besitz auflöste. Aus St. Johannis von Jerusalem wurde die Pfarrkirche St. Martinus. Sie kam mit ihrer Bauunterhaltung über den preußischen Fiskus zum Land NRW als Rechtsnachfolger und steht der Ortsgemeinde für den Gottesdienst zur Verfügung. In der Kirche ist die älteste Altarmensa des Bergi-schen Landes erhalten, für den sich die Gemeinde aus dem Dom zu Köln eine Reliquie ihres als heilig verehrten Engelberts erbat.27 Der 1225 gewaltsam zu Tode gekommene Erzbischof hatte vor fast 800 Jahren diesen Altar gestiftet und geweiht. 25 Rudolph Roth, Schloss Burg an der Wupper – seine Geschichte chronologisch geschildert, Burg a. d. W. 1921. S. 76. 26 Zur Herkunft der spätromanischen Säulen gibt es unterschiedliche Auffassungen von: Paul Clemen, Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. III, Düsseldorf 1894. S. 42-44. Johannes Fahmüller, Die katholische Pfarrkirche St. Martin in Solingen-Schloss Burg, in: Romerike Berge 48. Jg. Heft 1, Solingen-Burg 1988. S. 2-11. Irmingard Achter, Die Reformationskirche in Hilden, Gedanken zu ihrer Architektur ihrer Datierung und ihrem Bauherrn, Vortrag am 4. 9. 1985 in Hilden. Text in: Chronik der ev. Kirche Hilden Nr. 27/28, Hilden 1988. A. Sassen / C. Sassen, Eine Doppelkapelle Engelberts II. in Schloss Burg, in: Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2009. Die Kirche des ehemaligen Hospitals St. Johannis von Jerusalem in Schloss Burg, in: Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2011. S. 19, 52, 61. 27 Robert Killing, Die St. Martinuskirche in Burg an der Wupper, Solingen-Burg 2006. S. 15.19 Schloss Burg, der Rittersaal nach Fertigstellung des Historienzyklus durch Claus Meyer und Hans Kohlschein 1903. Abbildung: Archiv Schloss Burg. Der Maler Hans Kohlschein im Rittersaal von Schloss Burg Vor 100 Jahren fand die künstlerische Gestaltung der Innenräume von Schloss Burg ihren Ab-schluss. Allein für die Ausmalung des Rittersaals hatte der Kunstverein für die Rheinlande und West-falen die bedeutende Summe von 50 000 Goldmark zur Verfügung gestellt und damit die Künstler der Düsseldorfer Malerschule in die Lage versetzt, ein Gesamtkunstwerk besonderer Art zu schaffen. Trotz wandelnder Kunstauffassungen und abwertender Kritiken blieben die Wandbilder von Zerstö-rung verschont und damit einer der umfangreichsten Freskenzyklen Deutschlands erhalten. Die gemal-te Wanddekoration des Rittersaals ist heute nur noch zur Hälfte sichtbar. Infolge des Schlossbrandes von 1920, hatte man die beschädigte ornamentale Malerei unterhalb der Historiendarstellungen, beste-hend aus Vorhängen und Textbändern mit einem hölzernen Sockel verdeckt. Viele der in den Freskobildern dargestellten Menschen waren Zeitgenossen der ausführenden Künst-ler. In der Historienmalerei war dies ein beliebtes Mittel, den Bildern mehr Authentizität zu geben. Es finden sich Portraits des Architekten und Schlossbaumeisters Gerhard August Fischer, des Schloss-bauvereinsgründers Julius Schumacher mit einem Neffen, des Köln-Wiener Architekten Friedrich v. Schmidt, des Remscheider Unternehmers Vaillandt, der Düsseldorfer Maler Peter Janssen, Claus Meyer und Hans Kohlschein sowie der damals 14jährigen Tochter Claus Meyers Gertrud (Trudy). Nach dem Vergabewettbewerb zur Ausmalung des Rittersaales von 1897, fiel die Entscheidung des Kunstvereins der Rheinlande und Westfalen auf den Düsseldorfer Akademieprofessor August Eduard Nicolaus Meyer, bekannt als Claus Meyer (1856-1919). Der aus Hannover-Linden stammende Künst-ler machte nicht durch die damals vorherrschende Monumentalkunst von sich reden, sondern durch zahlreiche Genrebilder. Meyer verfügte aber über ein breit gefächertes Wissen, besaß den richtigen 20 Vom romantischen Erscheinungsbild der wiedererrichteten Burg zeugt diese Zeichnung des Malers Hans Kohlschein auf einer Postkarte aus dem Jahr 1903. Eine junge Frau verfolgt aus dem Giebel des Torhauses das Treiben mehrerer Reiter vor der Mauer am Diebsturm des Hochschlosses. Abb.: Archiv Kohlschein, Dortmund. Blick für große Bildformate und beherrschte die unerlässlichen handwerklichen Kenntnisse der Fres-komaltechnik. Nach Beginn der Vorarbeiten 1898 arbeitete Meyer intensiv an der Dekoration des Rittersaals, dies ohne seine Pflichten als Hochschullehrer zu vernachlässigen. Insgesamt brauchte er sechs Jahre, um die Ausmalung des Saales fertig zu stellen, nicht zuletzt, weil witterungsbedingte Widrigkeiten ihn immer wieder zur Unterbrechung zwangen: Im Winterhalbjahr waren schlechte Lichtverhältnisse zum Malen, außerdem stand bei Minustemperaturen kein Kalk für den Wandputz zur Verfügung, da die Kalklösch- und Lagergruben im Außenbereich einfroren. Gab es Anlieferungen von Putzmaterial, war es zu kalt, sodass der Kalkmalgrund im ungeheizten Rittersaal mit dem Farbauftrag nicht abband. Meyer stand unter Zeitdruck und kam nicht umhin, einen Teil der Gestaltung seinen Assistenten zu überlassen. Der Ausmarsch der bergischen Freiwilligen, das erste Bild, das man in Angriff nahm, wurde von Meyers Kollegen und ehemaligem Meisterschüler Hermann Huisken begonnen. Als dieser schon bald darauf verstarb, musste Claus Meyer das Werk selbst vollenden. Nach dem Verlust Huiskens trat unter den Assistenten Claus Meyers ein anderer Meisterschüler hervor: Hans Kohlschein (1879-1948). Die künstlerische Begabung des damals Neunzehnjährigen war ebenso frühzeitig wie systematisch vom Vater, dem Düsseldorfer Kupferstecher Josef Kohlschein28 gefördert worden. Im Wintersemester 1892/93, gerade dreizehn Jahre alt, kam Hans Kohlschein zur Düsseldorfer Kunstakademie, an der ihn Heinrich Lauenstein, Eugen Kampf, Peter Janssen und auch Eduard von Gebhardt unter ihre Fittiche nahmen. Unter ihrer Anleitung wandte er sich erfolgreich dem großen Gemäldeformat zu, und erarbei-tete sich als Siebzehnjähriger mit der Ausmalung des Sitzungssaales im Kaffeeunternehmen Kathrei-ner in Uerdingen das enorme Honorar von 6000 Goldmark.29 28 Josef Kohlschein (1841-1915)lehrte seit 1863 an der Akademie. Im Kulturkampf wurde ihm aber aufgrund seiner katholischen Glaubenszugehörigkeit der Titel Professor der Akademie vom preußischen König verwehrt. 29 Die Kathreiner-Gemälde sind nach 1945 verloren gegangen.21 Als der Maler Claus Meyer in Düsseldorf seine Professur übernahm, schloss sich der junge Hans Kohlschein dessen Meisterklasse an. Sie fanden gemeinsame Interessen, standen sich sowohl künstle-risch als auch menschlich nahe und unternahmen gemeinsame Studienreisen zu den niederländischen Meistern.30 Durch den Anschluss an die Familie Meyer ergab sich die noch lange nach seiner Lehrzeit währende offene Freundschaft mit Gertrud „Trudy“ Meyer, der damals vierzehnjährigen Tochter Claus Meyers. Er schrieb ihr zahlreiche Grußpostkarten, auf denen er mit flotter Feder seine Aufent-haltsorte skizzierte. Diese Postkarten (siehe Abb. S. 20) sind erhalten geblieben und werden im Archiv Kohlschein, Dortmund aufbewahrt.31 Während seiner mehrjährigen Burger Assistentenzeit wurde Kohlschein umfassend in der Kunst und Technik der Freskomalerei unterwiesen. Als findiger junger Mann entwickelte er dabei ein Verfahren, das der bisher üblichen Technik, ein Fresko Stück für Stück in Farbe auszuführen, überlegen war. Kohlschein führte die Wandbilder in einem monochromen Grundton aus. Dadurch wurden die Kontu-ren definiert und gleichzeitig eine ansatzfreie Einheitlichkeit in der Bildfläche erzielt. Erst dann ver-lieh er der Bildkomposition die Farbe.32 Kohlschein konnte selbst den kritischen Eduard von Geb-hardt, einen seiner ersten Akademielehrer, von seiner Maltechnik überzeugen. Gebhardt gab Kohl-schein die Gelegenheit in seiner Malklasse diese Arbeitsgänge zu demonstrieren. Kohlschein hatte die Gabe, sich ganz auf die künstlerische Handschrift, die Formen- und Farbenwahl seines Lehrers Meyer einzustellen,33 so dass dieser ihn schon beim zweiten Bild, der 1900 vollendeten Schlacht bei Worringen die Pferdedarstellungen nach den Vorlagekartons malen ließ. Als sich dann bei den Gemäldethemen an der Kaminseite Die Ermordung des Kölner Erzbischofs Engelbert 1225 34 ergab, konnte Kohlschein sein Talent ganz unter Beweis stellen. Die künstlerische Rekonstruktion dieses dramatisch-historischen Geschehens verlangte, Engelbert und seine Meuchelmörder hoch zu Ross darzustellen.35 Claus Meyer hatte für den Wettbewerb zwar zu dem Thema bereits einen Ent-wurfskarton erarbeitet (Abb. S. 23), doch Pferde- und Reiterszenen gehörten bei aller Begabung nicht zu seinen bevorzugten Bildmotiven. Kohlschein dagegen hatte sich von jeher mit Pferdestudien aller Art befasst und Meyer besaß den notwendigen Großmut und außergewöhnlichen Weitblick, dieses Thema seinem Meisterschüler zu freier Gestaltung und Ausführung zu überlassen. Seine Entscheidung sollte sich auszahlen; denn die zeitgenössische Kritik nahm das Gemälde Hans Kohlscheins mit über-wältigendem Lob auf. Die Begeisterung der Kritiker lässt sich auch heute noch nachvollziehen: Die Ermordung Engelberts entfaltet eine Dynamik und Dramatik, wie sie auf keinem anderen Gemälde im Rittersaal zu finden ist. Dieses Bild wird heute jedoch als ein Werk Claus Meyers angesehen und traditionell als Glanzstück seines Schaffens in den Veröffentlichungen über Schloss Burg herausgestellt.36 Dass diese Zuschrei-bung so nicht stimmen kann, lässt sich mit den Arbeiten Kohlscheins belegen. Die größte Ähnlichkeit mit dem Burger Fresko weist eine aquarellierte Federzeichnung mit dem Titel Angriff zu Pferde auf, eine Studie Kohlscheins zur Schlacht bei Warburg im Siebenjährigen Krieg37. In dieser Studie ist das voranjagende Pferd praktisch identisch mit dem in der Burger Darstellung. Auch hier beherrscht Kohl-schein nicht nur meisterlich das Motiv, sondern weiß es auch zur Höchstform zu steigern. Das Unge-stüme dieser Szene ist nicht zu übertreffen. Kohlschein nutzt die Mittel der Psychologie. Im Angriff zu 30 Kurt Schümann, Hans Kohlschein zu seinem 90. Geburtstag, in: Schützenzeitung Düsseldorf, 3, März 1969. 31 Im Archiv Hans Kohlschein, p. A. Brigitta Landsberg, Dortmund. 32 Kurt Schümann, a. a. O. S. 49. Kramer, Wilhelm, Gedenkrede zum 70. Geburtstag Hans Kohlscheins, War-burg 1948, S. 10. 33 Das zeigt sich besonders in den ab 1902 erstellten großen Wandbildern in der Villa Elmendorf in Isselhorst. 34 Das Kloster Oelinghausen erinnert an das Verbrechen an Engelbert II. mit einem barocken Ölgemälde. 35 Wahrscheinlich gingen dem Bild eingehende Recherchen voraus. Vgl. dazu: Engelhardt, Gustav Heinz, Der Tod des Erzbischof Engelbert, nach Caesar von Heisterbach, in Romerike Berge, Heft 2, 2006, S.6f. 36 Dirk Soechting, Die Wandmalereien in den historischen Räumen in Burg. R.B. Heft 2, 1983, Katalogabbil-dungen. 37 Die Zeichnung „Angriff zu Pferde“ (L70, 45x65, Tusche/Feder) ist zwar unsigniert, stellt aber die Vorzeich-nung zur Schlacht bei Warburg dar (L73, 66x90, Öl/Leinwand), signiert Hans Kohlschein 1902. Privatbesitz Warburg.22 Schloss Burg, Rittersaal. Die Ermordung Engelberts II. v. Berg von Hans Kohlschein 1901. Die Szene zeigt den Kölner Erzbischof Engelbert, der im Hohlweg bei Gevelsberg seinen Mördern zu entkommen sucht. Aufnahme der Verfasser 2007 Pferde fühlt sich der Betrachter instinktiv bedroht von den rechts vorpreschenden Reitern und möchte ihnen ausweichen. Obwohl eine im Prinzip ähnliche Szene, empfindet man die Flucht Engelberts an-ders, und gibt dem von oben links nach rechts Vorbeijagenden unwillkülich den Weg frei. Auch wenn sich das Wandbild in Burg nahtlos in den Freskenzyklus einordnet, unterscheidet sich Kohlscheins Darstellung grundlegend von den anderen Wandgemälden. Er weiß die Szene durch radi-kale Vereinfachung auf die wichtigen Dinge zu beschränken, abstrahiert die Umgebung und beschleu-nigt das Tempo der Agierenden. Es ergibt sich der Effekt der mitgezogenen Kamera, den man erst Jahrzehnte später bei der Sportfotografie wieder verwendet. Kohlscheins Farbenwahl ist wesentlich reduziert, er verwendet ungebrochene Farbtöne, die in grellen Kontrasten gegeneinander gesetzt sind. Verbindungen von Gelb und Rot dominieren zur expressiven Steigerung des dramatischen Gesche-hens. Der deutliche Einsatz von Violett lässt eine Hinwendung zum Jugendstil erkennen. Hans Kohlschein übertrifft in diesem Gemälde seinen Lehrer Claus Meyer, dessen Burger Bilder sich schon ansatzweise vom offiziellen Kunstbetrieb lösen. Erst Kohlscheins Engelbertszene weist konse-quent einen Weg aus der akademisch erstarrten nationalen Malerei.23 Claus Meyer. Entwurf zur „Ermordung Engelberts“, den Meyer für seinen Historienzyklus zum Wettbewerb 1897 einreichte. Sein Schüler Hans Kohlschein übernahm das Motiv, führte das Wandbild 1901 jedoch in unübertroffener Dramatik aus. Malerei in Wasserfarben auf Karton Größe 65 x 110. Privatbesitz in Köln Ganz im Gegensatz zu allen anderen Gemälden des Rittersaals wurde dieses Bild jedoch nicht signiert. Auch unter dem 1920 vorgebauten Holzsockel wird man keinen Namenszug finden. Nach den Erinnerungen der Familie Kohlschein, forderte Claus Meyer seinen Schüler bei der Vollen-dung der Engelbertszene auf, seinen Namen darunter zu setzen. 38 Hans Kohlschein lehnte dieses aber mit der Begründung ab, dass allein sein Lehrmeister mit den Arbeiten im Rittersaal Schloss Burgs beauftragt sei. Es war Kohlschein als Assistenten und Meisterschüler der Akademie ohnehin nicht gestattet, an diesem Ort zu signieren. Er musste sich den Regeln der Akademie fügen. Aus Solidarität und Respekt vor der Leistung seines Schülers hat Meyer das Bild ebenso nicht signiert. An dieser Stel-le sei jedoch noch einmal an die Gewohnheit der Historienmaler erinnert, den in ihren Gemälden wichtigen Personen Porträtcharakter mitzugeben um die Glaubwürdigkeit ihrer Darstellungen zu stei-gern. Nach Meinung der Verfasser verfuhr auch Kohlschein bei seinem Bild nach diesem Grundsatz, indem er dem fliehenden Erzbischof sein Selbstporträt – natürlich in gereiftem Alter – verlieh. Der Maler besaß die Fähigkeit dazu und sicherlich auch das Selbstbewusstsein, zumal sein Lehrer beim Bild Die Schlacht bei Worringen ähnlich gehandelt hatte. Es blieb bei dieser internen Regelung der Künstler, die in Burg kaum beachtet wurde und in Vergessenheit geriet. Eine frühe Bestätigung Kohlscheins Urheberschaft auf die Engelbertszene ist im Schlossführer von 1906/07, einem frühen eingehenden Buch über Schloss Burg, nachzulesen. Sein Verfasser, der Muse-umsleiter Rudolf Roth schreibt auf Seite 41: Bild III: Ermordung Engelberts von Berg, … (Ausgeführt nach dem Entwurf Claus Meyers durch seinen Schüler Hans Kohlschein). Wahrscheinlich war die in Klammern gesetzte Anmerkung späteren Verfassern von Schlossführern nicht wichtig, so dass sie fortan nicht mehr übernommen wurde. In der Erinnerung der Freunde und Malerkollegen ist die Arbeit an dem Wandbild in Schloss Burg auch nach dem Tode Kohlscheins lebendig geblieben. So weist eine abgedruckte Rede zu seinem 70. Geburtstag darauf hin, ebenso das Verzeichnis zu seiner Düsseldorfer Gedächtnisausstellung von 1952.39 Im Dezember 1957 erschien in den Düsseldorfer Malkastenblättern ein Aufsatz des Historikers 38 Auf diese Darstellung des Sachverhalts hat der Maler Edmund Anton Kohlschein (31.5.1900-15.5.1996), mehrfach hingewiesen. Nach freundlicher Auskunft von Frau Brigitta Landsberg, einer Enkelin Hans Kohl-scheins. 39 Vgl. Zur Gedächtnisausstellung Professor Hans Kohlschein im Kunstverein vom 11. Mai bis 8. Juni 1952.24 Hans Kohlschein, Angriff zu Pferde, Vorzeichnung zum Ölgemälde Die Schlacht bei Warburg, 1902. Tusche/Feder, 1901/02, 45 x 65, L 70, Archiv Kohlschein, Dortmund. Dr. August Dahm. Unter dem Titel „Berühmte und bemerkenswerte Mitglieder des Künstlervereins Malkasten“ ist über Kohlschein zu lesen: „…Es traf sich günstig, daß Claus-Meyer (1897) bei dem Wettbewerb um die Ausmalung der fürstli-chen Residenz in Schloss Burg den großen Auftrag erhielt, die Wandgemälde im Rittersaal auszufüh-ren. Claus-Meyer zog den jungen Künstler [Kohlschein] mit heran; nicht nur dies, er gestattete ihm, eines der Bilder selbst zu entwerfen und auszuführen. Es ist dies nicht eines der großen, jedoch leben-digsten Bilder, das den Überfall Engelberts von Berg, des Erzbischofs von Köln, im Hohlweg zu Ge-velsberg am 7. November 1225 darstellt. Claus-Meyer verstand sich weniger auf Pferde, mehr dage-gen sein Schüler. Prachtvoll, wie Engelbert auf stürmendem Roß dem ihm nachsetzenden Mörder zu entfliehen sucht. Den jungen Künstler mochte es mit berechtigtem Stolz erfüllen, daß er mit so bedeutenden Malern wie Claus-Meyer und den mit der Ausmalung weiterer Säle beauftragten Peter Janssen, H. Huysken, A. Schill und P. Spatz in gemeinsamer Arbeit tätig sein durfte.“40 Nach Fertigstellung der Ostwand im Rittersaal trat eine einjährige Arbeitsunterbrechung Claus Meyers in Burg ein. Es war ohnehin Beginn der kalten und dunklen Jahreszeit, in der Meyer einen eiligen Auf-trag für ein großes Ölgemälde im Ratssaal des Rathauses in Duisburg übernahm. Sein Kollege Willy Spatz hatte die Anfertigung eines gleichgroßen Gegenstücks übernommen, so dass beide Maler in beieinanderliegenden Ateliers in der Akademie in Abstimmung zueinander malen konnten. Hans Kohlschein dagegen begann noch im Jahr 1902 mit der Arbeit an den Wandbildern im Salon der Villa 40 Dahm, August, Hans Kohlschein, Berühmte und bemerkenswerte Mitglieder des KV „Malkasten“, in: Düs-seldorfer Malkastenblätter, 12/1957. 40 Hahn, Horst, Vorläufiger Untersuchungsbericht des Rheinischen Amts für Denkmalpflege über die Restaurie-rungsarbeiten im Polizeipräsidium in Wuppertal vom 26. März 2001 25 des Brennereibesitzers Elmendorf in Isselhorst bei Gütersloh. In den kalten Wintermonaten erstellte er die Vorzeichnungen in Originalgröße für die Pausen und führte im Verlauf von 1903 zwei Monumen-talgemälde nach Themen aus Goethes Faust aus. Es entstanden der Osterspaziergang nach den Zeilen, Vom Eise befreit sind Strom und Bäche…, in einem großen wandfüllenden Bild und ein etwas kleine-res Werk, das als Faustschule bezeichnet wird. Auch hier spielt Hans Kohlscheins Porträtkunst mit ein, denn im Osterspaziergang ist der in Helm und Harnisch marschierende Faust sein Lehrer Claus Meyer. In der sogenannten Faustschule ist man Zeuge der Unterhaltung zwischen Famulus und Me-phisto, wobei den Part des Famulus der damals junge Sohn des Hausherrn, Friedrich Elmendorf über-nahm. Die Erwähnung der Wandgemälde in der Villa Elmendorf ist hier insofern wichtig, da sie als eine direkte Fortsetzung der Malweise in der Art von Schloss Burg in einem Privathaus zu werten ist. Die Wahl der erdigen Farben für die Szenerie der ähnlich agierenden Personen in etwa gleichgroßen Bildabmessungen wird im ostwestfälischen Isselhorst nahtlos von Kohlschein fortgeführt. Für ihn bedeutete das Werk die Erwerbung des Meistertitels der Akademie und die Auszeichnung des Ersten Preises für Freskomalerei. Der Name Hans Kohlschein rückte erst kürzlich im Zusammenhang mit dem Polizeipräsidium Wup-pertal wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Restaurierungsarbeiten deckten ein Wandbild von ihm auf, das ursprünglich zu einem größeren Zyklus gehörte.41 Seine Entstehungszeit 1940/41 wirft die Frage auf, ob Kohlschein seine Kunst in den Dienst der nationalsozialistischen Machthaber stellte. Geht man allein vom Erscheinungsbild der Darstellungen aus, so spiegeln sie eine deutliche Anpassung an den propagandistischen Stil des Dritten Reiches. Von dieser Arbeit sind zwar Entwürfe in einem ästheti-schen und moderaten Neoklassizismus erhalten, ihre Ausführung zeigt aber, dass der Künstler sich letztlich nach den Ansprüchen seiner Auftraggeber richtete oder richten musste. Kohlscheins persönliches Verhältnis zum Dritten Reich wurde schon früh von kritischen Erfahrungen geprägt. Eine Anstellung an der Akademie – wie vor 1927 – war nicht zu erwarten, da seine Frau Ella jüdische Großeltern hatte, was bei seiner Schwägerin die Entlassung vom Schuldienst bedeutete. Doch es kam noch schlimmer: 1937 wurde Kohlscheins Bild „Vor der Stadt“ aus der Kunstsammlung Düs-seldorf von der Willrich-Kommission als entartet bezeichnet, beschlagnahmt und zerstört. Zuvor hatte Kohlschein eine Hitlerkarikatur gezeichnet, die nahe legt, dass er dem Nationalsozialismus äußerst kritisch gegenüber stand. Kohlschein hatte zwar kein Malverbot, doch die fehlende Anstellung und ausbleibende Privatschüler brachten ihn und seine Familie in finanzielle Not. Er musste sich wie viele seiner Kollegen nach Brot-aufträgen umsehen. Kohlschein bekam Angebote für öffentliche Gebäude und malte in großem Um-fang bei Henkel in Düsseldorf. Zwar deckte sich sein in den 20er Jahren entwickelter Monumentalstil annähernd mit den Ansprüchen der Machthaber, doch arbeitete er nie ganz in deren Sinne. Das zeigte sich darin, dass er an den seit 1937 regelmäßig stattfindenden Ausstellungen im Haus der Kunst in München nie vertreten war. Auch blieben Kohlschein während dieser Zeit jegliche Auszeichnungen versagt. Mit seinen künstlerischen Fähigkeiten und der handwerklichen Beherrschung fast aller Malsti-le wäre es ihm ein Leichtes gewesen, sich das nötige Wohlwollen der Nazis zu sichern. Die neben den Auftragsarbeiten zahlreich entstandenen Landschaftsbilder aus der Umgegend von Warburg lassen eher auf eine innere Emigration des Künstlers schließen. Im Verlauf des Krieges musste Kohlschein erleben, dass von seinen Werken eines nach dem anderen verloren ging und 1943 sein Düsseldorfer Wohnhaus samt Atelier vernichtet wurde. Die Enttäuschungen der letzten Jahrzehnte und schließlich der Verlust seines Domizils mit sehr vielen seiner Arbeiten traf ihn sicher mehr als die Menschen aus seiner Umgebung mitbekamen. In der Nähe von Warburg war ihm ein kleines Landhaus geblieben, wohin er sich mit seiner Frau zurückzog und weiterarbeitete, bis er 1948 starb. Biedermann, Birgit, Hans Kohlschein 1879–1948 Leben und Werk, Warburg 2002. Köhn, Silke, Hans Kohlschein, Monumentalmalerei, in: Sammler Journal, Reichertshausen, Nov. 2008, S. 66 ff. Zielke, Sigrid, Hans Kohlschein Ein Künstlerleben in Zeiten des Umbruchs, Faltblatt zur Ausstellung auf Schloss Cappen-berg 2009. Köhn, Silke, Warschau in den Kriegsjahren 1915–18 in den Bildern von Hans Kohlschein, Katalog zur Ausstellung in War-schau, Böhnen 2013.26 Schloss Burg. Rittersaal, Wandbild Die Befreiung des Herzogs Wilhelm I. von Berg durch seine Söhne. Claus Meyer 1903 Aufnahme der Verfasser 2008. Das Historiengemälde „Die Befreiung Herzog Wilhelms I. von Berg“ Dieses Wandbild auf der Westseite des Rittersaals versetzt uns in das Jahr 1404. Nachdem in der Erb-folge mehrere Grafen kinderlos geblieben waren, ging die Grafschaft Berg – durch das Erbe der Graf-schaft Ravensberg in Ostwestfalen bedeutend angewachsen – an das Haus Jülich. Von nun an weht über Schloss Burg das Zeichen eines schwarzen Löwen im goldenen Feld. Aus diesem Hause geht Wilhelm II. von Berg hervor, der aufgrund seines großen Herrschaftsgebietes 1380 von Kaiser Wenzel zum Herzog erhoben wird. Als Herzog Wilhelm I. von Berg verlegt er seine Residenz nach Düssel-dorf, verleiht Solingen Stadtrechte und macht Burg zur Freiheit. Auch der Dom in Altenberg wird vollendet, dessen großes Westfenster an seinen landesherrlichen Stifter erinnert. Die letzten 10 Jahre seiner Lebens sind mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Nach der Niederlage in der Schlacht bei Cleverhamm gerät er in Gefangenschaft und muss sich gegen ein horrendes Lösegeld freikaufen. Zu finanziellen Schwierigkeiten gesellen sich innerfamiliäre Probleme. Sohn Adolf, von jeher auf Macht und Fehden bedacht, reißt frühzeitig die weit entfernte Grafschaft Ravensberg an sich und versucht durch einen Staatsstreich, seinen Vater auszuschalten. Es gelingt ihm durch Täuschung die Oberhand über die Gefolgsleute seines Vaters zu bekommen, diesen auf der Reise von Benrath nach Köln am 28. November 1403 in Monheim zu verhaften und ihn in Schloss Burg einzusperren. Die Öffentlichkeit wird dahingehend informiert, dass der alternde Herzog mit den Staatsfinanzen nicht zurechtkommt, so dass seine Gefangenschaft in Burg allgemein toleriert wird. Nach elf Monaten, am 24. August 1404, eine Stunde nach Mitternacht, wird Herzog Wilhelm in Burg befreit. Sein Koch und dessen Ehefrau helfen ihm aus dem Verlies. Die Herzogin hatte die Befreiung 27 mit den Söhnen Gerhard und Wilhelm vorbereitet und sich dafür Rückhalt beim Erzbischof von Köln und anderen einflussreichen Männern geben lassen. 42 Claus Meyer platziert die mitternächtliche Szenerie zwischen zwei Fenster des Rittersaals und lässt die beiden Söhne Gerhard und Wilhelm den Vater aus der Gefangenschaft ihres Bruders Adolf von Ravensberg befreien. Die dargestellte Räumlichkeit zeigt, dass der Herzog seine Gefangenschaft nicht gerade im wohnlichen Teil der Burg verbringen durfte. Im oberen Winkel des Bildes lehnt sich eine Wächtergestalt mit Schlüsselbund auf die Holzbrüstung und beobachtet den Weggang des von der Haft geschwächten Herzogs. Schwer stützt sich dieser mit seinem gebeugten Körper auf den noch jugendlichen Sohn. Im Vordergrund rechts hebt ein Helfer mit Mantel und Pelzmütze – wahrschein-lich der zweite Sohn - seine Lampe und leuchtet die ausgetretenen Stufen der Treppe aus. Dramatisch beleben auf der Wand die Schatten von Vater und Sohn die Szene. Auch bei diesem Wandbild greift Meyer zu einem bewährten Mittel seiner Darstellungskunst; er über-trägt Julius Schumacher, den Gründer des Schlossbauvereins die Rolle des greisen Herzogs und dessen Enkel die des Herzogsohns. Eine zufällig von Meyer aufgenommene Studie des alten Mannes, der zuletzt nur noch mit der Hilfe eines seiner Enkel Schloss Burg aufsucht, wird zum Motiv dieses Bil-des. Als das Freskogemälde 1903 entstand, war Schumacher nicht mehr in Burg dabei; er starb am 28. Juni 1902 und wurde unter großer Anteilnahme auf dem Wermelskirchener Friedhof beigesetzt. Ein Jahr später, bis heute unbemerkt von der Allgemeinheit, weist Claus Meyer in diesem Bild auf das tragische Geschick Schumachers in seinen letzten Lebensmonaten hin. Doch warum malt er ihn als gebrochenen alten Mann? Meyer zeigt Schumacher als Darsteller des alternden Bergischen Herzogs – er ist wie dieser am Ende enttäuscht und ausgebrannt - jenseits aller Erfolge und Ehren.43 Friedrich Julius Schumacher wurde am 15. August 1827 als Sohn der angesehenen Wermelskirchener Unternehmerfamilie in den „Bürgerhäusern auf der Eich“ geboren.44 Er fand früh Interesse an der Ge-schichte seiner Heimat und musste in jungen Jahren mit ansehen, wie das mittelalterliche Schloss Burg binnen kurzer Zeit ausgeplündert und zerbrochen wurde. Das Schwinden auch der letzten Ruinen motivierte den inzwischen erfolgreichen Unternehmer, den Bergischen Geschichtsverein zu veranlas-sen, in einer Eingabe bei der Regierung jeden weiteren Abbruch in Burg zu verhindern45. Schumacher regte mit dem Ziel „Erhalt und Wiederaufbau“, die Gründung des Vereins an, aus dem der Schloss-bauverein Burg wurde. Zusammen mit seinem Mitstreiter, dem Architekten Gerhard August Fischer konnte er wie niemand sonst die Menschen für die Sache Burgs gewinnen und begeistern. Tatkräftig warb er für den langwierigen und kostspieligen Wiederaufbau um Finanzmittel, oder stellte Geld in großem Umfang aus seinem Privatvermögen zur Verfügung. Schumacher war es auch, der 1897 mit seiner Eingabe an das „Ministerium für Kultur- Unterricht- und Medicinalangelegenheiten“ in Berlin die umfangreiche künstlerische Ausgestaltung der Innenräume von Schloss Burg einleitete. Als Ken-ner und Liebhaber zeitgenössischer Kunst hatte er schon lange vorher Beziehungen zur Düsseldorfer Malerschule aufgenommen und bei den dortigen Künstlern das Interesse für die Dekoration der wie-derhergestellten Schlossräume geweckt. Durch die staatliche Finanzierung wurde es ermöglicht, dass Willy Spatz 1897 mit der Ausmalung der Schlosskapelle beginnen konnte. Bald darauf kam auch die Zusage des finanzstarken Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen, die Kosten der umfangrei-chen Ausmalung des Rittersaals zu übernehmen. Schumacher hielt eine feste und vertrauensvolle Freundschaft zu dem Baumeister Fischer, mit dem er alle Ideen und Möglichkeiten zur Weiterführung des Wiederaufbauwerks besprechen konnte. Schloss Burg war zu ihrem späten Lebenswerk geworden, für dessen Gelingen sie sich mit aller Kraft einsetz-ten. 42 Laute, Hansjörg: Die Herren von Berg. Solingen 1988. S. 29. Kolodziej, Axel: Herzog Wilhelm I. von Berg 1380-1408. Neustadt/Aisch 2005. 43 Vermutlich war es auch eine Abrechnung mit der preußischen Obrigkeit. 44 Die Firma Schumacher & Schmidt betrieb in Wermelskirchen eine Weberei und Wirkerei für Bandwaren. Für ergänzende Auskünfte über J. Schumacher, herzlichen Dank an Herrn Gerd Schumacher in Burg. 45 Brief Schumachers vom 27. November 1886.28 Julius Schumacher, links in einer Fotografie als erfolgreicher Unternehmer um 1885 und rechts als alternder Herzog Wilhelm von Berg, gemalt 1903 von Claus Meyer in einem Wandbild des Rittersaals von Schloss Burg. Es war für sie eine furchtbare Katastrophe, als kurz vor seiner Fertigstellung der Bergfried – Wunschtraum und Krönung ihrer gemeinsamen Arbeit – über Nacht einstürzte. Gerade hatten Zim-merleute den Dachstuhl des Turmes aufgerichtet und mit Brettern verschalt, als in der Nacht auf den 5. Januar 1902 ein aufkommender Orkan das noch ungedeckte und deshalb zu leichte Dachwerk anhob und verkantet auf den Turmschaft aufprallen ließ. Der Schlag ließ das frische, in den Wintermonaten unvollständig abgebundene Mauerwerk zu einem Großteil samt Dachstuhl in die Tiefe stürzen46. Es war zwar niemand zu Schaden gekommen, doch angesichts der Trümmer sollen beide Männer ge-weint haben, und für beide hatte es nachhaltige Folgen. Die preußische Oberbaudirektion wischte 20 Jahre ehrenamtlichen Einsatz vom Tisch und schickte Fischer umgehend fort; er durfte in Burg nicht mehr weiterbauen. Julius Schumacher musste ohnmächtig den kränkenden Verweis miterleben, womit ihm der langjährige Weggefährte und Berater genommen wurde. Zudem erhob sich von allen Seiten abfällige Kritik; denn der Bau des Bergfrieds war und musste aus Spenden finanziert worden. Entset-zen und Enttäuschung über die Vorgänge trafen den Mann sicherlich tief und ließen ihn krank werden. Mit nach außen ungebrochener Haltung vertrat er zwar weiterhin die Sache von Schloss Burg, doch ein halbes Jahr nach dem Unglück starb Julius Schumacher – vermutlich an gebrochenem Herzen. Claus Meyer, der mit Willy Spatz und den anderen Künstlern nicht nur Mitglied des Schlossbauver-eins war, sondern zum engeren Kreis um Schumacher und Fischer gehörte, verfolgte von Düsseldorf aus die dramatischen Vorgänge in Burg. 1902 malte er nicht im Schloss, sondern erledigte zusammen mit Willy Spatz eine Auftragsarbeit für den Ratssaal des neuen Rathauses47 in Duisburg. Bei seinen Besuchen in Burg, die nun in längeren Abständen erfolgten, entging ihm nicht, wie sehr der sonst so vitale Schumacher unter den vorherrschenden Dingen litt. Es zeugt von Menschenkenntnis und Weit-blick, dass Meyer aus diesem Erleben heraus ein Jahr später dem tragischen Herzog Wilhelm das Aus-sehen Julius Schumachers gab, um dem letzten Herrn auf Schloss Burg ein bleibendes Denkmal zu setzten. 46 Fischer, Gerhard August: Chronik des Wiederaufbaus von Schloss Burg 1887-1903. in: Für Kaiser, Volk und Vaterland, Köln 1987. Für freundliche Auskünfte über seiner Ur-Vorfahren Julius Schumacher danken die Verfasser Herrn Gerhard Schumacher, einem langjährigen, ebenfalls sehr aktiven Steiter für die Belange von Schloss Burg. 29 Schloss Burg, Rittersaal. Die Verlobung der Kinder Maria von Berg und Ravensberg mit Johann von Kleve am 25. November 1496 auf Schloss Burg als Vorbereitung zur Klever Union. Historiengemälde von Claus Meyer 1903. Aufnahme der Verfasser nach der Restaurierung 2008. Claus Meyer: Ausschnitte aus dem Fresko „Kinderverlobung auf Schloss Burg“ Links im Hintergrund am Pfeiler: der Abt von Altenberg mit Herzog Johann II. v. Kleve, Vater Johanns. Mitte: Sybille v. Brandenburg, die Mutter Marias und die noch sichtbare Hand Herzog Wilhelms II. v. Berg. Rechts das Verlobungspärchen Maria und Johann. Aufnahmen der Verfasser30 Der Janstein im ravensbergischen Niehorst und die Kinderverlobung in Schloss Burg an der Wupper In der Nähe von Isselhorst in Westfalen, am Beginn des Reithallenwegs zwischen den Ort-schaften Niehorst und Hollen, steht seit 60 Jahren der Janstein. Im Jahre 1950 besann man sich zur 900-Jahrfeier in Isselhorst auch auf die geschichtlichen Wurzeln der Bauerschaften des Kirchspiels und stellte ihn zur Erinnerung an die Vergangenheit Niehorsts auf. Seit dieser Zeit stehen auf einem alten Mühlstein ein Graupenstein und darauf ein beschrifteter Findling. Unter dem Medaillon eines Renaissancebildnisses ist zu lesen: JANSTEIN JOHANN DEM FRIEDFERTIGEN GRAFEN v. RAVENSBERG 1511-1539 DEM GRÜNDER VON NIEHORST 12. 7. 1950 Richtig gesehen erfolgte damals keine Gründung von Niehorst; denn es gab dort nachweislich schon seit Jahrhunderten Bauernhöfe. Im freien Markenland, also auf dem Besitz des Landes-herrn wurden sogenannte Markkötter angesiedelt, die 1535 namentlich in den Ravensberger Regesten erscheinen und auch auf der Rückseite des Findlings eingeschlagen sind. Man folgte dem Verfahren der Einhegungen, durch das in ganz Europa unbewohntes Land oder Brach-land in Privateigentum überführt wurde. Dieses erbrachte mit verbesserten Anbaumethoden einen enormen Anstieg der Produktivität und des Einkommens in der Landwirtschaft. Herzog Johann I. aus einer Stadtansicht von Emmerich am Rhein mit den Bildnissen der letzten sechs Herzöge von Kleve. Ölgemälde auf Holz von 1630. Die Geschichte von Niehorst ist aber ein spezielles Thema. Interessieren soll uns hier der Landesherr Johann, den man nachträglich den „Friedfertigen“ nannte; denn er verfolgte eine politische Linie mit zurückhaltender Nutzung seiner Machtmittel. Johanns ungewöhnlicher Lebensweg bietet Stoff für einen Roman oder Spielfilm mit historischem Hintergrund. Jan oder Johann, vollständig genannt Johann III. (I.) Herzog von Kleve-Mark Herzog von Jülich-Berg und Graf von Ravensberg. Die Fülle seiner Macht hatte er durch Heirat erworben und gebot über ein Territorium, annähernd vergleichbar mit der Fläche Nordrhein-Westfalens. 31 Schloss Burg, Ahnensaal, Schill und J. Osten 1906. Das Herzogpaar Johann III. und Maria Ausschnitt aus der Ahnenreihe der Herren von Berg. Aufnahme der Verfasser Schloss Burg, Ahnensaal, Schill und J. Osten 1906 Das Allianzwappen der Klever Union mit den Herzogtümern Cleve, Jülich, Berg und Mark sowie der Grafschaft Ravensberg Aufnahme der Verfasser 32 Man muss sich erinnern, dass das ostwestfälische Ravensberger Land 320 Jahre lang fest mit dem Bergischen Land am Rhein verbunden war. So ist es nicht verwunderlich, wenn man in der Neustädter Marienkirche zu Bielefeld auf die prächtige Grabtumba eines Grafen Wilhelm von Berg und seiner Gemahlin Adelheid von Tecklenburg trifft. Ravensberg war bereits 1346 vom letzten Grafen Otto IV. durch Erbschaft an die einzige Tochter Margarete gekommen, die bald darauf auch die Grafschaft Berg am Rhein von ihrem kinderlosen Onkel Adolf VI. bekam. Die junge Margarete von Ravensberg ging also von Ostwestfalen zum Rhein und wurde Herrin auf Schloss Burg. Sowohl Margarete von Ravensberg und Berg als auch ihr Ehemann Gerhard von Jülich wurden Erben aussterbender Dynastien. Auch damals waren die Landesherren - von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht immer mit Kinderreichtum ge-segnet. So erging es schon drei Generationen später auch ihrem Nachfahren Herzog Wilhelm III. von Jülich-Berg und Ravensberg. In zweiter Ehe mit Sibylle von Brandenburg, musste er nach der Geburt seiner einzigen Tochter Maria einsehen, dass er wohl keine männlichen Nachkommen mehr haben würde. Aus diesem Grunde kam noch zu seiner Regierungszeit die Verbindung der Herzogtümer Jülich-Berg Ravensberg und Kleve-Mark zustande, die soge-nannte Klever Union. Die Vereinigung ging auf eine Männerfreundschaft zwischen Wilhelm III. und Johann II. von Kleve zurück, der ganz im Gegensatz zu Wilhelm nicht weniger als 63 uneheliche Kinder hatte. Vom Volk bekam er den Beinamen proletarius d. h. Kindermacher, von Papst Innozenz III. erhielt er dagegen die goldene Tugendrose, aber wohl wegen großzü-giger Stiftungen an die Kirche. Symbol und Pfand der auf Dauer angelegten Vereinigung der Länder war am 25. November 1496 auf Schloss Burg an der Wupper der Erbvertrag und die Verlobung der fünfjährigen Erbprinzessin Maria von Jülich-Berg und Ravensberg mit dem sechsjährigen Johann III. von Kleve-Mark. Den kirchlichen Segen spendete der Kölner Erzbischof Hermann IV. von Hes-sen. Auch ihn nennt man den Friedsamen, weil er als rheinischer Kirchenfürst ausnahmsweise auf Konsolidierung seines Erzbistums und um Ausgleich mit der Stadt Köln und der Region bemüht war. Vierzehn Jahre später, am 1. Oktober 1510 wurde die prunkvolle Hochzeit Marias mit Johann am Hof in Düsseldorf gefeiert und schon ein Jahr später trat Johann die Herrschaft in Jülich-Berg und Ravensberg an. Als sein Vater starb, erfolgte die Vereinigung von Kleve-Mark mit Jülich-Berg und Ravensberg zu einem großen, den ganzen Niederrhein umfassenden und bis Ostwestfalen reichenden Herzogtums. Unter der Regierung des nun Herzog Johann I. (1511-1539) genannten, dessen Ehe mit Maria glücklich verlief, erlebte das Land politisch, wirt-schaftlich und kulturell eine Blütezeit. An die goldenen Jahre Johanns erinnert auf Schloss Burg im Bergischen Land eine Reihe mo-numentaler Historiengemälde. Nachdem die alte Bergische Residenz um 1900 aus Ruinen wiedererstanden war, malte der Düsseldorfer Akademieprofessor Claus Meyer (1856-1919) den Rittersaal der Burg in romantischem Sinne mit Szenen der heimatlichen Geschichte aus. Das Thema der Kinderverlobung wurde unter den Fresken zum Bild einer außergewöhnlich friedlichen historischen Begebenheit; ein Hauptwerk Claus Meyers, dem das Thema offenbar sehr am Herzen lag. Unter seinen Assistenten war auch der Künstler Hans Kohlschein (1879-1948), der 1903 den umgekehrten Weg der Margarete von Schloss Burg ins Ravensberger Land ging und im dortigen Isselhorst den großen Salon der Villa Elmendorf mit Freskobildern ausgestaltete.33 Der Janstein von Niehorst, errichtet von Heimatfreunden des Isselhorster Kirchspiels 1950. Zeichnung des Verfassers von 199034 Schloss Burg, Kemenate, Das junge Herzogpaar Maria und Johann auf der Jagd im Bergischen Land. Der Düsseldorfer Maler Peter Janssen gestaltete 1906 die Kemenate mit vielen Bildern aus dem Leben des Herzogpaars. Es war Janssens letztes Werk bevor er starb. Aufnahme der Verfasser 2008. Die Szenerie der Kinderverlobung führt uns in einen Saal von Schloss Burg, in dem sich die Familien der Klever und der Bergischen Fürsten nebst Freunden versammelt haben. Aller Aufmerksamkeit gilt Erzbischof Hermann IV. von Köln, der den Erbvertrag verliest und die Verlobung der Kinder absegnen wird. Zu seiner Linken, im Blick der versammelten Gesell- schaft, das artig beisammen sitzende, fein gekleidete Prinzenpärchen. Den kleinen Johann hat man mit seiner Maria auf einer teppichbelegten Estrade in einen hochlehnigen Kastenthron gesetzt, wo sie die Beine baumeln lassen. Trotz des tapferen Herolds, der ihnen mit seiner Lanze zur Seite steht, wirken sie ein wenig verloren, während über ihren Köpfen große Politik gemacht wird. Auch der Maler Peter Janssen (1844-1908), Direktor der Düsseldorfer Akademie, nahm sich die Zeit Johanns I. des Friedfertigen zum Thema, und gestaltete die Burger Kemenate mit Szenen aus dem Leben des beliebten Fürstenpaars aus. Darunter ist die lebhafte Jagd der jun-gen Leute in den Wäldern um Schloss Burg. Zu guter Letzt begegnet uns das Herzogpaar im vollen Ornat mit seinem Allianzwappen in der Ahnengalerie, die von den Ornamentmalern Schill und Osten phantasievoll geschaffen wurde. Man hat die Bilderfolge in Schloss Burg lange Zeit belächelt und als überzogene Kunst der ausgehenden Kaiserzeit angesehen. Heute, nach mehr 100 Jahren, ist man eher bereit, sie als besondere Werke ihrer Zeit anzuerkennen. Als kürzlich durch eindringende Feuchtigkeit das Gemälde der Kinderverlobung zu zerfallen drohte, ist es von polnischen Restauratoren akri-bisch wiederhergestellt worden. Auch in Isselhorst ist man zeitweise mit königlichen Denk-steinen nicht gerade liebevoll verfahren. Der Janstein blieb die Ausnahme; er wird bis heute gehegt und gepflegt. Einfach und nachhaltig verweist er auf einen Fürsten, der einst friedlich und zum Segen für seine Landeskinder die Grafschaft Ravensberg zusammen mit seinen rhei-nischen Herzogtümern regierte. 35 Tatsächlich verfolgte Herzog Johann I., nachdem er volljährig das Erbe angetreten hatte, kei-ne kriegerischen außenpolitischen Ziele, sondern versuchte Toleranz im Inneren zu üben. Er stand der Reformation nicht gleichgültig gegenüber, doch seine Frau Maria blieb streng ka-tholisch und suchte Bestrebungen weitergehender kirchlicher Reformen kategorisch zu unter-binden. Das führte leider zu dem Drama, dass der bergische Prediger Clarenbach, auf die vom Landesherrn zugesagten Freiräume vertrauend, in Köln als Ketzer verbrannt wurde. Trotzdem blühten Handwerk und Gewerbe im Land, es war die Zeit Hans Sachs, Albrecht Dürers und Lucas Cranachs. Im Geiste des Humanismus verbesserte Johann das Schulwesen und förderte allgemein die wirtschaftliche Entwicklung in seinen Herzogtümern. Er versuchte zu Füßen der Burg Ravensberg die Ortsgründung Cleve, die aber erfolglos blieb. Die alte Residenz Schloss Burg erstrahlte noch einmal im großen Glanz, als er dort seine Tochter Sibylle mit Johann Friedrich von Sachsen vermählte. Diese Hochzeit erfolgte ebenso aus politischen Gründen, wie die Heirat Johanns zweiter Tochter Anna von Kleve mit Heinrich VIII. König von England. Die beiden waren sich aber nicht zugetan, was Anna von Kleve den Hals rettete; denn Heinrich wandte sich sogleich einer neuen Liebe zu. Herzog Johann I. starb am 6. Februar 1539 an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde am Niederrhein in der Klever Stiftskirche beigesetzt. So glückhaft das 16. Jahrhundert begonnen hatte, so unglückselig klang es aus. Aus der „Kle-ver Union“ wurde mit dem Tode des letzten, wiederum kinderlosen Herzogs Johann Wilhelm der „Jülich-Klever Erbfolgestreit“, in den sich Kaiser und Reichsfürsten einmischten. Nach nicht einmal 100 Jahren Bestand der Union wurden 1614 im Vergleich von Xanten die Länder des Herzogtums aufgeteilt. Die Grafschaft Ravensberg fiel mit Kleve und Mark an das über-wiegend protestantische Brandenburg, wo später Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst preu-ßische Geschichte machte. Literatur: Werner Beutler, Hermann IV. der Friedsame, in: Rheinische Lebensbilder, Bd. 13, Köln 1993. Gustav Engel, Die Ravensberger Regesten. Gustav Engel. Die Landeshoheit der Grafen von Ravensberg im Kirchspiel Isselhorst und die Grafen von Korf. Zur 900-Jahrfeier von Isselhorst, in: Ravensberger Blätter. Bielefeld 1950. Hansjörg Laute, Herzog Johann II., in: Die Herren von Berg, Solingen 1988. S. 33. Andreas Sassen / Claudia Sassen, Die Entstehung der Historienbilder im Rittersaal von Schloss Burg an der Wupper, in: Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2008. S. 35–40. Andreas Sassen / Claudia Sassen, Die ehemalige Kirche des Hospitals St. Johannis von Jerusalem in Schloss Burg, in: Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2011. S. 50. Dirk Soechting, Schloss Burg an der Wupper, Erfurt 2004.36 Schloss Burg, Rittersaal. Ausmarsch der Freiwilligen des Bergischen Landes im Jahre 1813. Linke Seite des Wandbildes von H. Huisken und C. Meyer von 1899. Foto: Andreas Sassen 2009. Die Begegnung auf der Treppe Zur Ausstellung „Napoleon im Bergischen Land“ (Schloss Burg 2006) und Axel Fuesers Auf-satz Napoleons Marschall Soult und die Solingerin Louise Berg (R. B. Heft 4, 2006) sollen diese Zei-len nachgetragen werden. Die in Ausstellung und Aufsatz behandelte Geschichte steht in bemerkens-wertem Zusammenhang mit dem 10. Wandbild im Rittersaal von Schloss Burg, das seinerzeit als Ausmarsch der Freiwilligen des Bergischen Landes zur Zeit der Befreiungskriege 1813 betitelt wurde. Es war aus einer Reihe in Auftrag gegebener Wandgemälde als erstes fertig gestellt worden, damit man Kaiser Wilhelm II. der sich am 12. August 1899 für eine Stunde in Schloss Burg einfand, seine marschierenden bergischen Untertanen präsentieren konnte. Obwohl die Bergischen kriegsmüde wa-ren48 und 1813 nicht gerade enthusiastisch zu den Waffen strömten, musste ein Geschichtsbild her, das zum Programm des preußischen Kaiserreichs passte. So huldigte dieses Gemälde oberflächlich be-trachtet der damaligen Staatsmacht und plakatierte die Treue der bergischen Untertanen. Seine Majes-tät wird sicherlich damit zufrieden gewesen sein. Doch stellt sich die Frage, wie sehr sich die Künstler wirklich vor den preußischen Glorienkarren spannen ließen. Das Hauptmotiv des Gemäldes, das sich auf der linken Bildhälfte befindet, zeigt Einzelheiten einer geschichtlich belegten Episode von 1796, die im Zusammenhang mit dem Einmarsch der franzö-sischen Truppen in Solingen steht. In die Szenerie am Eingang einer Ortschaft im Bergischen Land zieht ein Spielmannszug mit Trommeln und Pfeifen ein, gefolgt von zwei berittenen Offizieren und einem Unteroffizier. Sie führen einen langen Zug von Männern an, dessen Ende sich an der Biegung der Landstraße verliert. Die Bewohner des Ortes begrüßen freudig die Marschierenden, die sich – ganz ihrer Würde bewusst – fest geradeaus blicken. Auf dem Podest der zweiläufigen Treppe zum zurückstehenden bergischen Haus verfolgt ein älterer Herr mit Kappe, Weste und Kniebundhose das militärische Schauspiel, an seiner Seite eine junge Frau mit Spitzenhaube. Die beiden stützen sich auf das eiserne Treppengeländer und blicken nachdenklich dem Aufmarsch entgegen. Was sich hier beiläufig im Hintergrund des Bildes abspielt, deckt sich of-fensichtlich mit der heimatgeschichtlichen Begebenheit, die Axel Fuesers folgendermaßen wiedergibt: 48 Im Generalgouvernement Berg kamen nur 7000 Mann zusammen. Vgl. „Vom Provisorium zur Rheinprovinz“ in: „Napoleon“, R.B. H. 3, 2006. S. 57 f. 37 Schloss Burg, Rittersaal. Der Ausmarsch der Freiwilligen des Bergischen Landes im Jahre 1813. Rechte Seite des Wandbildes von H. Huisken und C. Meyer 1899. Foto: Andreas Sassen „[…] auf der Treppe des Patrizierhauses des Klingenkaufmannes Johann Abraham Knecht am 20. Januar 1796 in der Cölner Straße am Ortseingang von Solingen. Das Haus wurde wegen der sieben Stufen, die zum Eingangsportal führten, „Haus auf der Treppe“ genannt. … Solingen war [zu dieser Zeit] Grenzort und Sitz des Hauptquartiers der Brigade Soult, die zur französischen Rheinarmee des Generals Jourdan gehörte. Als der 28-jährige französische General Soult mit den Revolutionstruppen in Solingen einrückte, stand die 24-jährige Louise Berg auf der erwähnten Treppe und beobachtete den Einzug der Franzosen. Sie erblickte den jungen groß gewachsenen stolzen Reiter, der Würde, Prestige und zugleich vornehme Zurückhaltung ausstrahlte. Louise war von dieser imposanten Er-scheinung so angetan, dass sie sich auf der Stelle in ihn verliebte.“ Die Geschichte ging tatsächlich weiter, Louise Berg und General Soult kamen sich näher und sollten bald darauf in echter Zuneigung heiraten. Der steilen politischen Karriere Soults ist zuzu-schreiben, dass seine Louise zu einer der berühmtesten Frauen in Napoleons Reich wurde. Die Solin-ger Unternehmertochter ist als Herzogin von Dalmatien im Bild der Kaiserkrönung in Notre-Dame am 2.12.1804 von Jacques-Louis David zu sehen; sie wäre beinahe Königin von Portugal geworden. Vergleicht man den in Axel Fuesers Beitrag überlieferten Text mit dem Burger Wandbild, stellt man erstaunliche Übereinstimmungen fest. Dies gilt für die Blickrichtung der jungen Frau, die eindeutig den berittenen Offizier anschaut, welcher ihren Blickkontakt aufgenommen hat. Lediglich Uniform und Ausstaffierung der aufmarschierenden Männer weichen vom Text ab, sie sind nicht fran-zösisch, sondern preußisch. So sehr diese Tatsache im thematischen Abgleich von Text und Wandge-mälde auch ernüchtern mag, etwas anderes als preußische Uniformen hätte man sich zum Besuch Kai-ser Wilhelms II. nicht erlauben können. Ob es von Anfang an geplant war, diese Szene in den Auf-marsch zu integrieren oder diese sogar zum Hauptthema zu machen, wird sich wohl nicht mehr klären lassen. Es kommt hinzu, dass an seiner Entstehung zwei Künstler beteiligt waren. Hermann Huisken, für Darstellungen militärischer Szenen bekannt, begann das Werk mit dem ersten Pfeifer des Spielmannszuges. Schwer krank musste er seine Arbeit vorzeitig abbrechen und sollte am 22. September 1899 im Alter von nur 38. Jahren sterben. Als Kaiser Wilhelm am 12. August – natürlich bei schönem Wetter – Schloss Burg besuchte, gehörte Huisken schon nicht mehr zum Künstlerstab, Claus Meyer hatte das Bild zu diesem Termin jedoch vollendet. Die senkrechten Abschnitte des Freskos vermitteln eine Ahnung davon, welche Teile Meyer noch ausführen musste; zudem sind seine Bildteile im Gegensatz zu den von Huisken geschaffenen Uni-formierten mit weicherer Pinselführung gemalt. Dass dies für den ganz links gelegenen Bildteil gilt bestätigt sich durch die junge Frau mit Spitzenhaube, die sich auf das Geländer der Treppe lehnt und trotz ihres Status als Randfigur Teil einer belebten Szene ist. Eine als „junge Friesin“ 38 Claus Meyer: Detail aus dem Wandbild Ausmarsch der Freiwilligen des Bergischen Landes. Rechts dazu eine Vorstudie Meyers, Größe 40x30 cm aus dem Kunsthandel. Abb. Rom. Berge 2/2005, S. 29. betitelte Vorstudie Meyers zu der jungen Frau mit Spitzenhaube wurde von Dr. Dirk Soechting vor einigen Jahren im Kunsthandel entdeckt. Da der Maler auch seine Tochter Trudy ganz links ins Bild stellte, ist nachvollziehbar, dass dieser Bildteil von Claus Meyer stammt. Durch Einfügung der Figu-rengruppe Louise Berg und Johann Abraham Knecht, sowie in freier Wiedergabe des Hauses auf der Treppe legte er die Szenerie auf Solingen fest und gab dem Bild einen tieferen Sinn. Den Düsseldorfer Künstlern, eng an historische Gegebenheiten gebunden, wird die Geschichte der Louise Berg mit Mar-schall Jean Soult bekannt gewesen sein, zumal beide die Exilzeit 1816 bis 1819 in Düsseldorf ver-brachten. Das Haus auf der Treppe in Solingen war dagegen schon 1899 abgebrochen worden und soll in veränderter Form wiedererrichtet worden sein. Meyer durfte bei seinen preußischen Auftraggebern auch keine weitere Fährte legen und improvisierte vorsichtshalber. Die übertragende Bedeutung des Bildes blieb unentdeckt. Den Marsch der sogenannten Freiwilligen hat Claus Meyer im Sinne von Hermann Huisken nicht glorifizierend vollendet: ihre Gesichter spiegeln den Ernst der damaligen Situation. Bei der Fertigstel-lung des Gemäldes signierte Meyer und verzeichnete auch den Namen seines Kollegen Huisken.49 Marschall Jean Soult und Louise Berg um 1847. Gemäldedetails entnommen aus dem Buch von Axel Fuesers (1940-2014) und Albrecht Graf Fink von Finkenstein, Napoleons Marschall Soult und Louise Berg, Göttingen 2005, Abb. 21, 22. Wahr-scheinlich lieferten die beiden historischen Personen 1796 in Solingen im übertragenen Sinne und unbemerkt von der Öffent-lichkeit das Motiv zum ersten Wandbild im Rittersaal von Schloss Burg. 49 Sowohl Claus Meyer als auch Hermann Huisken waren keine Preußen sondern Hannoveraner, die noch stark in der Erinnerung der Annektion des Königreiches Hannover durch Preußen nach dem Krieg von 1866 standen.39 Schloss Burg. Der Batterieturm in einer Aufnahme vor 1950, wie ihn L. Arntz bis 1917 aufbauen ließ. Vom „Kuxthurm“ zum Batterieturm Zur Entstehung des Geschützturms von Ludwig Arntz in Schloss Burg an der Wupper Der Batterieturm auf Schloss Burg wurde als letztes großes Bauvorhaben zum mächtigsten und mas-sigsten Bauwerk in der seit 1890 wiedererstandenen Burganlage. Entwurf und Ausführung stammen vom ehemaligen Straßburger Dombaumeister Ludwig Arntz aus Köln,50 der 1910 die Aufgabe des Schlossbaumeisters übernahm. Der 55jährige Architekt Arntz war ein versierter Fachmann, der an unzähligen Denkmalobjekten in Deutschland und Österreich geschult war. Über den Bau des Batterieturms wurde relativ wenig, über seine Vorgeschichte so gut wie nichts be-kannt. Weder die historischen Ansichten, noch die akribisch aufgenommenen Ruinenfotos von 1887 zeigen Reste eines Vorgängerturms. Die Überzeugung, der ursprüngliche Turm sei völlig verschwun-den gewesen, führte inzwischen zur Meinung eines willkürlich gewählten Standplatzes des Batterie-turms. Ein typisches Beispiel, wie schnell sich aus dem Vergessen Legenden bilden. Der Ruinenzustand von Schloss Burg begann zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, in dessen Ver-lauf die Fremdbesatzungen der Burg mehrfach gewechselt hatten. Zuletzt quartierten sich Truppen des kaiserlichen Obristen Heinrich v. Plettenberg in ihren Mauern ein, die nach dem Friedenschluss von 1648 den Befehl bekamen, die Burg zu räumen und zu entfestigen. Bis auf die westliche Front des Hochschlosses, mit Palas, Torhaus, dem langen Ökonomiegebäude und dem Diebsturm wurden dabei sämtliche Gebäude und Verteidigungsanlagen gesprengt oder verbrannt.51 Den weiteren Verfall be-sorgten Wind, Wetter und die Bewohner der Umgebung, die aus den geborstenen Mauern brauchbares 50 Arntz, Ludwig *19.7.1855 Köln, †5.5. 1940 Köln. Architekt, Denkmalpfleger, Zeichner und Bauschriftsteller. Studium bei C.W. Hase Hannover, Regierungsbauführer in Brandenburg, Studium bei F. v. Schmidt in Wien, Landbauinspektor im Rheinland, Restaurierung von Schwarzrheindorf und Kobern, Zeichner unzähliger Denk-mäler für die Denkmäleraufzeichnung der Rheinprovinz, 1895-1902 Dombaumeister in Straßburg, ab 1902 freier Architekt, 1910-1921 Schlossbaumeister in Burg / Wupper. 51 Sassen, Andreas / Claudia Sassen, Die ehemalige Kirche des Hospitals St. Johannis von Jerusalem in Schloss Burg, Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2011. Dies. mit ausführlicher Behandlung des Themas „Vom Kuxthurm zum Batterieturm“ in Beiträge zur Heimatgeschichte, Solingen 2012.40 Schloss Burg, die Ruine des Südturms, im 18. Jh. im Volksmund Kuxthurm genannt. Zwei der Kohlezeichnungen von Ernst Stahl mit dem Kommentar SCHLOSS BURG A.D.W. ES WAR EINMAL – IM JAHR 1911. Die Ansichten zeigen die Reste des Turms mit späteren Einbauten. Deutlich ist jedoch zu sehen, dass er Schießscharten für Bogen- oder Armbrustschützen hatte. Alle Feuerluken für Kanonen wurden von Arntz nachträglich eingebrochen und das Alter des Turms dadurch ver-fälscht. Abb. Archiv Schloss Burg.41 Steinmaterial herausbrachen. Auf diese Weise verschwand nach und nach das Bild der einst festen Burg und führte zu dem Eindruck, den wir durch den Historiker E.F. v. Mering bekommen, der um 1850 berichtete: 52 Die äußern Ringmauern des Schlosses, die früher den Berg umkreisten, sind verschwunden. Die Mitte des vorigen Jahrhunderts sah noch Reste an den Abhängen nach der Eschbach und nach der Wupper herab. Damals strebte an der Südseite des Schlossberges noch ein hoher Thurm, der Kuxthurm (Kuckthurm) genannt, mit ungeheurer Mauerwucht empor, der eine herrliche Aussicht darbot. Wegen verschiedener Unglücksfälle musste er abgebrochen werden. Da auf der Südseite des Schlosses nur ein einziger Turm von beachtlicher Größe zu vermuten ist, wird der Kuxthurm mit dem Vorgänger des Batterieturms identisch gewesen sein. Neben seiner originellen Bezeichnung fällt die Beschreibung mit ungeheurer Mauerwucht auf. Doch mit seinem Abbruch ver-schwand sowohl die Erinnerung an das Bollwerk als auch seine volkstümliche Bezeichnung; denn in keinem späteren Bericht taucht der Begriff Kuxthurm wieder auf. Erst eine Ansicht in der Festschrift von 191253 macht deutlich, dass Baumeister Arntz für einen Neu-bau auf historische Reste des alten Süd- oder Kuxthurms zurückgreifen konnte. Das Hauptmotiv des Fotos war zwar die schmucke Restaurantterrasse mit dem gerade neu errichteten Zwinger- oder Mit-teltor, doch rechts steht ein Gemäuer, das fensterlos, altersschwarz und verwittert und durch seine Rundung als Rest eines Turms erkennbar ist. Die Ruine dieses Südturms wird sogar noch vor dem Bau des Mitteltores in drei Kohlezeichnungen54 dokumentiert, von Ernst Stahl 55 1911 signiert und datiert. Eine der Ansichten zeigt von der Nordwest-ecke des Palas aus den weiten Platz mit dem damals noch unverdeckten Caféhaus Sulzbach, dem heu-tigen Kunsthandwerk-Ladengebäude. Rechts daneben beginnt die Abbruchkante einer Turmruine, die noch die Höhe des Fachwerkhauses erreicht und deren Rundung mit einer aufgebrochenen Schieß-scharte sich weiter rechts fortsetzt. Zwei weitere Ansichten zeigen eine zweite Schießscharte und ver-deutlichen, dass von dem alten Zentralbau noch ein gutes Drittel der Mauerrundung vorhanden war. Alle Abbildungen lassen auf einen Verteidigungsturm aus dem Spätmittelalter schließen, dessen Un-terbau ganz geschlossen war und der oben schmale Schießscharten für Armbrustwaffen hatte. Ergänzend dazu finden sich in den Bauberichten des Schlossbauvereins knappe Hinweise auf eine Turmruine; denn auch G.A. Fischer hatte sich frühzeitig mit ihrer Wiedererrichtung befasst.56 Doch erst 1906 wurden …die Reste des gegenüber dem Palas liegenden Rundturms freigelegt und zum Wiederaufbau vorbereitet.57 Damals standen aber noch der Bau des Grabentors und Reparaturarbeiten am Palasdachstuhl an, die erst nach 1910 von Arntz erledigt wurden. Danach wandte er sich dem Turm sowie der Westseite des Burggeländes zu und erläuterte in der Hauptversammlung am 29. Juli 1911 die dortigen Bauvorhaben. Es handelte sich dabei vor allem um das sogenannte Johannitertor und um den fehlenden Abschluss zur Talseite hin, der durch Freilegung von Fundamenten greifbare Gestalt anzunehmen begann. Man schloss aus den Grabungen, dass vermutlich mehrere Terrassen und ein dicker Bastionsturm, der von einem Wehrgang umgeben war, den westlichen Teil der Schlossanlage vor ihrer Zerstörung gebildet hatten. Soweit es auf Grund praktischer und künstlerischer Erwägungen möglich war, sollten die alten 52 Mering, Friedrich Everhard, Geschichte der Burgen, Rittergüter, Abteien und Klöster in den Rheinlanden und den Provinzen Jülich, Cleve, Berg und Westphalen nach archivarischen und anderen authentischen Quellen. Heft 9/1853, S. 38-78. 53 Werth, Adolf, Festschrift zum 25jährigen Jubiläum des Schlossbauvereins zu Burg an der Wupper 1887-1912. Barmen 1912, S. 83 54 Drei Kohlezeichnungen, Format ca. 60x60 cm, im Zeichenarchiv des Schlossbauvereins 55 Stahl, Ernst (1882-1957), Architekt, in München, Wiesbaden, Bonn, Düsseldorf, Trier und Krakau tätig, be-kannt als Jugendherbergs- und Burgenbauer, war als Architekt und Zeichner in Schloss Burg tätig. Dazu: Karl Lehmann, Ernst Stahl zum Gedächtnis, in: Die Heimat, Heimatzeitung für Düsseldorf und Umgebung, Nr. 9, Düsseldorf 1957, S. 241. 56 Fischer, Gerhard August, 1833-1906, Baumeister Architekt und Zeichner in Barmen, befreundet mit Julius Schumacher, dem Gründer des Schlossbauvereins, ist als Vater des Wiederaufbaus von Schloss Burg zu be-zeichnen. Er plante und begleitete alle Bauvorhaben von 1887 – 1902. Der Einsturz des Bergfrieds im Januar 1902 wurde ihm von der preußischen Bauverwaltung angelastet, worauf er sich aus Burg zurückzog. 57 Reinmöller, Lore, Geschichte des Schlossbauvereins Burg a. d. Wupper 1987-1962, Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Schlossbauvereins, Neustadt/Aisch 1962. S. 61.42 Schloss Burg, Schaubild des Bollwerkturms vor dem Aufbau 1914 von Ludwig Arntz. Archiv Schloss Burg Bauwerke in historischer Treue wiedererstehen, wobei man vor allem darauf bedacht sein musste, sie in den Rahmen der erneuerten Schlossanlage harmonisch einzupassen. 58 Im Festvortrag des folgenden 25. Jubiläumsjahres des Schlossbauvereins stellte Arntz seine weiter-entwickelten Pläne unter dem Thema Deutsche Wehrtürme des 16. und 17. Jahrhunderts vor. Er sah den Wiederaufbau des Südturms in späten Renaissanceformen, doch der Ausführung stand noch ein Problem im Weg. Das betreffende Gelände gehörte zu dieser Zeit zum Cafehaus Sulzbach, war mit Stallgebäuden über-baut und grenzte an seiner Nordseite an die Turmruine. Konnten bis dato nur an den noch stehenden Turmresten Erhaltungsarbeiten durchgeführt werden, blieben die übrigen, verdeckten Fundamente des mittelalterlichen Bauwerks für den Schlossbauverein unzugänglich. Da der Eigentümer nicht zu einem Verkauf des Grundstücks zu bewegen war, wurde letztlich eine gerichtliche Enteignung verfügt, so dass der Schlossbauverein erst im Herbst des Jahres 1913 hier freie Hand bekam. Nach zügiger Entfernung der Überbauung lagen nun die Grundmauern und die noch aufrecht stehen-den Turmteile zur genauen Vermessung frei. Inmitten der Ruine bekam man erst jetzt einen Eindruck von ihrer Ausdehnung und im Gegensatz zu den frühen Ergebnissen Fischers stellte sich heraus, dass hier wirklich ein gewaltiger Wehrturm gestanden hatte. Über die Wintermonate 1913/14 stellte Arntz seine Baupläne fertig, worauf mit dem Wiederaufbau begonnen wurde. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit, die politische Wetterlage verfinsterte sich bedrohlich, der Erste Weltkrieg zog herauf. Noch am 25. Juli 1914 fand man sich zur jährlichen Hauptversammlung ein, der letzten vor dem Krieg. Die Grafik des Titelblatts von Dombaumeister Ludwig Arntz zum Festgruß zeigt noch optimistisch die Baustelle des Batterieturms. Unter großen Erschwernissen der Kriegszeit wurde der Schaft des Batterieturms bis 1915 hochgezogen und mit einem hölzernen Kegelhelm verse-hen. Trotz Materialmangel gelang es Arntz noch im Spätherbst 1917, dass Dach und Ostgiebel mit Kauber Schiefer eingedeckt wurden. Als der Schlossbauverein sich am 14. Mai 1918 erstmals wieder traf, waren mehrere der alten, verdienten Mitglieder gestorben. Der sich neu konstituierende Vorstand verfolgte noch den Plan, dem Turm …durch einen gedeckten Wehrgang einen künstlerischen Ab-schluss...59 zu geben. Doch der Wehrgang und die von Arntz geplante südliche Zuführung vom Johan-nitertor wurden nicht mehr ausgeführt. Das Innere des Batterieturms verblieb ohne Geschossunter- 58 Reinmöller, Lore, Festschrift 1962, S. 66. 59 Auszug aus Solinger Tageblatt Nr. 112, vom 15. Mai 191843 Schloss Burg, Aufrissansicht von Nord nach Süd mit Einpassung des Batterieturms in die Gesamtanlage. Zeichnung von Ludwig Arntz 1913/14, Archiv Schloss Burg. teilung im Rohzustand und mit dem Einbau einer mechanischen Großuhr in den Turmgiebel schloss Arntz die Arbeiten im Jahre 1919 ab. Der Turm erhielt, wie sein historischer Vorgänger, einen Durchmesser von 14 Meter und wurde bis zur Höhe von 12 Meter aufgemauert. Mit dem Kegelhelm erreicht er bis zur Knaufspitze 20 Meter Gesamthöhe. Eine Gliederung des Äußeren erfolgte nur durch das vorkragende Basalt-Gurtgesims, den Cordonstein. Darüber erhebt sich die Wehrplatte des Obergeschosses mit nach innen abgerundeter Mauerkrone und eingeschnittenen großen Stückscharten. Insgesamt wurden auf der Nord- und West-seite zehn große Geschützscharten eingebaut, Ost- und Südseite erhielten dagegen nur kleine Öffnun-gen. Das Mauerwerk ist bis zum Cordonstein über 4 Meter dick und umschließt einen bis ins Dach-werk offenen zylindrischen Innenraum von 5,70 Metern Durchmesser. Diesen umrundet mit zwei Windungen ein Treppenaufgang im Mauerkern und führt zu den Schießkammern im ersten und auf die Wehrplatte im zweiten Obergeschoss. Arntz baute sein Werk nach drei Seiten als Verteidigungsturm und konzipierte die vierte, zum Palas gerichtet, als Uhrenturm. Dazu ließ er aus dem Helmkegel ein zweistöckiges Zwerchhaus heraustreten, mit einer heizbaren Wächterstube und der Uhrenkammer darüber. Der Giebel trägt das bemalte weiße Zifferblatt aus dem Jahr 1919 mit filigran aus Schmiedeeisen gearbeiteten Zeigern und darüber an einem Kragbalken die Uhrenglocke für Halb- und Vollstundenschlag. Sie stammt aus dem Dachreiter der 1830 abgerissenen kleinen Muttergotteskapelle in Oberburg und hat neben einem Ornament die Inschrift:60 M(aria), JAKOB HILDEN VON KOELLEN GOSS MICH, 1779. In der Uhrenkammer steht in einem verglasten Gehäuse die große mechanische Uhr, die 1919 von der Turmuhrenfabrik Bernhard Vortmann, Recklinghausen geliefert worden war.61 Die beiden für den Antrieb erforderlichen Seilgewichte von jeweils ca.100 kg bewegen sich in zwei senkrechten Mauer-schächten, die Arntz schon beim Bau vorsah. Im Erdgeschoss werden die Zuggewichte nach 6 Tagen rechtzeitig vor dem Stillstand des Uhrwerks sichtbar. Leider musste der Betrieb der alten Uhr vor eini-gen Jahren eingestellt werden. Nach der Instandsetzung des Batterieturms 2010 sorgte der Verschöne-rungsverein von Burg dafür, dass seit November 2011 ein elektrisches Werk Uhrenzeiger und Glo-ckenschlag bewegt. Ludwig Arntz war der Überzeugung, dass der einstige Südturm ein Bauwerk des ausgehenden 16. Jahrhunderts war. Deshalb wurde sein Batterieturm ein Muster der späten Wehrbauten in typisch 60 Roth, Rudolf, Die katholische Kirche in Burg, in: Schloss Burg an der Wupper – seine Geschichte in chrono-logischer Folge, Burg an der Wupper 1920. 61 Freundliche Auskunft von Herrn Siegmund Jeziorek, Uhrmachermeister in Remscheid.44 Schloss Burg, Batterieturm, Maskaron als Gussloch über dem Turmportal. Foto: Edgar Falkenhain, Archiv Schloss Burg. gedrungener Form, mit Geschützstellungen auf allen Etagen und einer im Mauerwerk aufsteigenden breiten Treppe. Zudem wurde das Gussloch in Form eines Maskarons hoch über dem Eingangsportal ein überzeugender Abschluss seines Renaissancewerks.62 Es ist aber zweifelhaft, ob diese Festlegung richtig war; denn bestimmte Anzeichen an der Turmruine lassen darauf schließen, dass hier einst ein wesentlich älteres Bauwerk gestanden hat. Weder auf der Fotografie von 1912, noch auf den Kohlezeichnungen Stahls sind an der Turmruine Kanonenscharten zu erkennen. Das ursprüngliche Bauwerk war im Untergeschoss nach Art alter Ver-teidigungstürme ganz geschlossen.63 Darüber befanden sich rundum Kammern für Armbrustschützen mit senkrecht geschlitzten Schießscharten, über denen die 4 Meter dicken massiven Turmwände in dieser Stärke weitergingen. Trotz gesicherter Anzeichen eines älteren Turmes ignorierte Arntz die historischen Gegebenheiten und veränderte das Bauwerk zu einem Geschützturm aus jüngerer Zeit. Im Inneren des Batterieturms ist über einen Verlauf von 10 Metern jene Mauerrundung feststellbar, die Architekt Ernst Stahl in seinen Zeichnungen dokumentierte. Daran sind Bögen zugemauerter Arm-bruststellungen und neue Durchbrüche vorhanden, um den groß dimensionierten Aufgang im Neubau auch im alten Turmmauerwerk fortsetzen zu können. Sowohl die großen Geschützkammern zu ebener Erde, als auch die außen sichtbaren fenstergroßen Scharten ließ Arntz aus dem alten Mauerwerk her-ausbrechen. Die diversen Vorbilder sind auf den Burgen Münzenberg und Blankenberg, aber auch den Städten Büdingen und Nördlingen zu suchen. Die Stadttore von Nördlingen mit der wehrtechnisch bedingten Abrundung der Turmobergeschosse trugen als späte Umbauten älterer Befestigungstürme nur im Obergeschoss Kanonen. Dagegen sind die vorgeschobenen Geschütztürme der Burgen Münzenberg 62 Maske oder fratzenhaftes Gesicht, das Unheil abwenden soll. Ein ähnlicher Maskaron von 1561befindet sich als Tor im Garten der Villa Orsini in Bomarzo / Italien. 63 Otto Piper, Burgenkunde Bauwesen und Geschichte der Burgen, München 1912, S. 335.45 Schloss Burg. Der Batterieturm vom Tor des Hochschlosses aus nach der Erneuerung des Mauerwerks im Jahre 2010. Aufnahme: Andreas Sassen 2011 und Blankenberg sowie das Jerusalemer Tor in Büdingen um 1500 neu konstruiert und zum Teil auf allen Etagen mit Geschützen bestückt worden. Bei diesen Beispielen, die wesentlich fortschrittlicher ausgeführt waren als der Südturm von Schloss Burg, ist es kaum möglich, dass der Landesherr Johann Wilhelm64 noch um 1600 ein so rückständiges Bollwerk in Auftrag gegeben hat. Der Herzog übernahm einen schon seit 200 Jahren in Düsseldorf befindlichen Regierungssitz und dürfte kaum noch an kostenintensiven Neubefestigungen in Burg Interesse gehabt haben. Schon lange war der militärische Wert mittelalterlichen Burgen nur noch ge-ring. Man legte, um sicher zu sein, Festungswerke nach dem Muster der Stadt und Zitadelle von Jülich an.65 Zurzeit mobiler mauerbrechender Kanonen boten in Schloss Burg sowohl die hohe Schildmauer am Halsgraben als auch der Batterieturm auf der Westseite keinen nennenswerten Schutz mehr. Im Gegensatz zu Johann Wilhelm könnten sich aber 200 Jahre zuvor seine Vorgänger Graf Wilhelm II. oder sein Vater Gerhard I.66 um zeitgemäß wehrtechnische Neuerungen bemüht haben. Im 14. Jahr-hundert fanden Pulverwaffen Einzug in die Angriffs- und Abwehrtechnik und begannen die sonst si-cheren Burgen plötzlich verwundbar zu machen. Wilhelm II. war der letzte Graf, der seinen Regie-rungssitz noch in Burg hatte, bevor er zur Erhebung in den Herzogsstand Düsseldorf zu seiner Haupt-stadt machte. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfte man sich im Hochschloss von Burg noch hinter der ho-hen östlichen Schildmauer sicher gefühlt haben. Eher sah man den nach Westen noch ganz freistehen-den Palas im Blick- oder Schussfeld von der vom Johannitertor heraufführenden Burgstraße gefährdet. Von dort war die völlig offen liegende Fassade des Wohnbaues bedroht, worauf man vermutlich Ende des 14. Jahrhunderts den Südturm zum Schutz des Palas errichtete. Nach den Anzeichen der Ruine handelte es sich um einen Vorläufer der späteren Batterietürme, der unten ganz geschlossen war und 64 Johann Wilhelm Herzog von Berg 1592-1609. 65 Jülich ist nach 1547 bis zum Ende des 16. Jahrhunderts von Alessandro und Maximiliano Pasqualini sowie dem Meister Johann zur Festung ausgebaut worden 66 Gerhard I. Graf von Berg 1348-1360. Wilhelm II. Graf von Berg 1360-1408, 1380 als Herzog Wilhelm I.46 im ersten oder sogar einem zweiten Geschoss noch Stellungen für Armbrustschützen hatte. 67 Aus Si-cherheitsgründen nahm man damals nur auf der oben offenen Wehrplatte die Aufstellung von Ge-schützen vor; denn Rückschlag, Rauchentwicklung, Abkühlung der Rohre oder gar Rohrkrepierer waren so besser beherrschbar.68 Für die anfangs sehr schweren und gefährlichen Eisengeschütze ent-fernte man sogar die Dächer älterer Türme und richtete dort Wehrplatten ein. Aus diesem Grund war der Burger Südturm mit vier Metern massiver Mauerstärke besonders stabil gebaut und wirkte mit seiner oberen Bestückung sicherlich weithin abschreckend. Nicht von ungefähr hat man auch heute den Eindruck, dass der Batterieturm wie ein Wächter schützend vor dem Palas steht. Die Erbauer des Turms rechneten wahrscheinlich nicht mit der schnellen Entwicklung der großen Feu-erwaffen, denn der militärische Wert des Turms dürfte schon bald überholt gewesen sein, wie auch die Sicherheit von Schloss Burg selbst. Die Anhöhe östlich gegenüber der Burg bildete die beste Position von Geschützen, denen auch die Schildmauer nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Die Schweden nutzten im Dreißigjährigen Krieg diese Möglichkeit und zwangen die Burgbesatzung innerhalb weni-ger Stunden zur Aufgabe. Nach den Erfahrungen im 16. Jahrhundert hätte man wahrscheinlich einen Geschützturm vor dem oberen Tor gebaut, der Angriffe von der Bergseite hätte abwehren können. Doch diese Investition nahm man zu der Zeit nicht mehr vor. Neben seiner militärischen Bedeutung verlor das Schloss auch seine Stellung als Residenz von Berg an die Stadt Düsseldorf Die Herzöge nutzten ihr historisches Stammschloss weiterhin zur Jagd und für große Feste.69 Dafür erweiterten sie im 15. und 16. Jahrhundert Ställe, Küche, Gastunterkünfte und sogar die Kirche, doch eine teure Modernisierung seiner Befestigungen für Feuerwaffen führten sie nicht durch. Vermutlich wollte Arntz den Wandel des Befestigungswesens zum Ausgang des 16. Jahrhunderts zei-gen, wobei der Batterieturm nur ein Teil seines ursprünglichen Projektes war.70 Er beabsichtigte die Öffnung des unteren Burgzugangs und eine Freilegung der verschütteten alten Burgstraße, deren eins-tige Verbindung auch E.F. v. Mering bestätigt: „Die Hauptzugänge zum Schlosse waren nach der untern Burg zu, in der Nähe der katholischen Kir-che und oberhalb des Schlosses. Dort stand der Thal-, hier der Bergthurm mit Gatter und Zugbrücke, die über tiefen Graben gelassen wurde.“ Damit hätte Arntz für Schloss Burg die einstige Funktion eines Riegels zwischen Ober- und Unterburg wieder erlebbar gemacht. Führte ursprünglich kein Weg um die Burg herum, musste der Durchreisen-de die Festungsanlage passieren und kam über die Burgstraße am Hochschloss vorbei. Zusammen mit einem geplanten zweiten Rondell am Johannitertor sollte die Burgauffahrt von dort zur oberen Burg gesichert werden. Das große Projekt blieb aber in seinen Anfängen stecken, wodurch der Batterieturm heute den Eindruck eines wehrtechnisch fraglichen Nutzens erweckt. Die Folgen des Ersten Welt-kriegs, die Brandkatastrophe von 1920 und die Krisenzeit danach ließen keine Mittel für weitere Bau-ten oder Ausgrabungen mehr zu. Arntz beendete 1921 die Tätigkeit als Burger Schlossbaumeister und seine Pläne wurden vergessen. Der Batterieturm dient dem Schloss seitdem als Uhrturm und beher-bergt seit 1950 eine Gedenkstätte für den ehemaligen deutschen Osten. 67 Armbrust und Langbogen wurden erst spät durch Handfeuerwaffen ersetzt. Otto Piper, Burgenkunde, S. 407. 68 Piper berichtet aus anderen Quellen, Burgenkunde S. 409. 69 Laute, Hansjörg, Die Herren von Berg - Auf den Spuren der Geschichte des Bergischen Landes 1101-1806, Solingen 1988. Kolodziej, Axel, Herzog Wilhelm I. von Berg 1380-1408, Neustadt Aisch 2005. 70 Archiv Schloss Burg, Plankarte 1917 von Ludwig Arntz.47 Schloss Burg. Der Batterieturm mit seiner Uhrenseite zum Mitteltor und Hochschloss. Im Vordergrund das von der bürgerli-chen Bebauung gebliebene einstige Cafehaus Sulzbach. Foto: Andreas Sassen 2011. Die Schlossuhr im Batterieturm Baugeschichte des Turms Unmittelbar gegenüber der Westseite des Palas Engelberts II. steht auf Schloss Burg der Batterieturm, neben dem Bergfried im Hochschloss das mächtigste und massigste Bauwerk in der zum Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiedererstandenen Burganlage. Der Batterieturm wurde nach den Plänen des ehemaligen Straßburger Dombaumeisters Ludwig Arntz - zwischen 1910 und 1921 Schlossbaumeister in Burg - zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914-15 erbaut, 1917 erfolgte die Eindeckung des Kegelhelms mit Kauber Schiefer. Arntz konzipierte den Turm als Artillerieboll-werk im Zusammenhang mit dem Johannitertor und der von dort zu rekonstruierenden Burgstraße, die an dem Turm vorbei wieder mit dem oberen Grabentor verbunden werden sollte. Die Zeit nach 1918 machte diese Pläne aber nicht mehr durchführbar, so dass heute der Eindruck entsteht, die vermeintli-chen Kanonen haben wirkungslos in den Wald geschossen. Arntz integrierte in den Batterieturm die Ruine eines Vorgängerturms, dessen Rundung von ca. 10 m und einer Höhe von etwa 7 m im Inneren nachzuweisen ist. Da der Vorgänger aber nur 2,5 m dicke Mauern mit kleinen Schießscharten hatte, stammte er aus der Übergangszeit vor Einführung der Feu-erwaffen. Aufgabe als Uhrenturm Neben seinem gedachten Verteidigungswert sollte der Batterieturm nach Vorstellung von Arntz aber in erster Linie die praktische Aufgabe als Uhrenturm erfüllen. Zu diesem Zweck plante er im Oberge-schoss des Turms über der Turmwächterstube eine geräumige Uhrenstube, die als Dachgaube aus dem Kegeldach heraustritt. Sie weist mit ihrem Giebel nach Osten zum Palas und ist mit ihrem schmucken Zifferblatt für den Besucher nach Durchschreiten der Toranlage, sowie von vielen Punkten des Hoch-schlosses aus sichtbar. Über dem Zifferblatt, unterhalb der Giebelspitze sitzt an einem Kragbalken die Uhrenglocke für Halb- und Vollstundenschlag. Die Glocke, etwa 30 cm hoch, stammt aus dem Dach-reiter der 1830 abgerissenen kleinen Muttergotteskapelle in Oberburg. Diese war im 18. Jahrhundert durch eine private Stiftung erbaut worden und mit einem Vikariat verbunden. Die Glocke ist mit ei-nem hübschen Ornament geziert und hat die Inschrift: M(aria), JAKOB HILDEN VON KOELLEN GOSS MICH, 1779.48 Schloss Burg, Batterieturm, Blick in die Uhrenstube mit dem mechanischen Uhrwerk. Foto: A. Sassen 2011 Die Turmuhr Aufgrund der ausschließlichen Rüstungsproduktion im Weltkrieg konnte der Schlossbauverein das Turmuhrwerk erst 1919 erwerben und einbauen lassen. Es wurde ausschließlich durch Spenden finan-ziert. Lieferant war die Firma Paul (Bernhard?) Vortmann Groß- und Turmuhrenfabrik in Recklingha-usen / W. Die Uhr, heute noch an alter Stelle vorhanden, ist ein schweres mechanisches Räderwerk, das in einem gusseisernen Rahmen läuft. Sie steht in der Uhrenstube in einem verglasten, allseits gut zugänglichen Holzgehäuse. Dieses ist von der Vorderseite mittels einer großen Tür zu öffnen, damit das Werk aufgezogen und gestellt werden kann. Links befindet sich das Gehwerk für die Zeitanzeige, das mittels Hebel und Gestänge mit dem Läutwerk rechts für Halb- und Vollstundenschlag verbunden ist. In der nächtlichen Ruhezeit von 22-6 Uhr setzt der Glockenschlag aus. Alle beweglichen Teile sind in Bronze gearbeitet, die in Laufbuchsen im gegossenen Eisenrahmen gelagert sind. Die für den Antrieb der beiden Werke erforderlichen Seilgewichte von jeweils ca. 100 kg bewegen sich im Mauerwerk. Für die Durchführung der Technik ließ Arntz in der Turmmauer zwei senkrechte Schächte 20 x 30 cm zur Aufnahme der Uhrengewichte ausführen. Ein Schacht geht rechts von der Uhrenstube, der andere links davon senkrecht nach unten. Im Erdgeschoss sind die unteren Meter of-fen, so dass die Zuggewichte rechtzeitig vor dem Stillstand des Uhrwerks gesehen werden können. Die Länge des Zugseils über eine Fallhöhe von ca. 12 Metern ließ eine Gangzeit der Uhr von einer Woche zu, dann mussten die länglichen Bleigewichte wieder hochgezogen werden. Bei der Renovierung des Turmoberteils im Jahr 2010 wurde der Turmhelm an der Traufe neu ver-schiefert und zum Schutz für die sanierten Mauern mit einer Regenrinne versehen. Statt allerdings die Fallrohre für das Regenwasser außenwandig anzubringen, verlegte man diese jetzt durch die Ge-wichtsschächte der Uhr nach unten und führt das Regenwasser durch zwei aufwändig gebohrte Kanäle nach draußen. Die Zugseile für das Uhrwerk sind herausgezogen, die länglichen Bleigewichte sind verloren gegangen und wahrscheinlich wegen ihres Metallwertes gestohlen worden. Für die Uhr ist ein normaler Betrieb, so wie er einmal vom Baumeister Arntz und dem Schlossbauverein vor fast 100 Jahren vorgesehen war, nicht mehr möglich. 49 Schloss Burg, Batterieturm, Ansicht des mechanischen Uhrwerks von 1919. Links das Gehwerk der Uhr mit dem Stellwerk zum äußeren Zifferblatt. Rechts der Antrieb für den Glockenschlag. Foto: Andreas Sassen 2011 Museale Verpflichtung zum Betrieb der Uhr Für Schloss Burg ist der Uhrturm fester Bestandteil und Begriff, auch aufgrund seines schönen Auf-baus ein viel fotografiertes Motiv. Die Tatsache, dass die Uhr in den letzten Jahren stillstand, konnte man durchaus akzeptieren – nicht immer kann alles optimal funktionieren, zumal sich hinter dem alter-tümlich gestalteten Zifferblatt auch ein Uhrwerk mit alter Technik befindet. Allerdings ist die Uhr in Schloss Burg mittlerweile eine der ganz wenigen mechanischen Werke, die es in der Region noch gibt. Fast alle Uhrwerke an den Kirchen oder öffentlichen Gebäuden sind heute durch elektrische Zeitmes-ser ersetzt worden. Somit kommt auf Schloss Burg, das die Aufgabe eines regionalen Museums erfüllt, die Verpflichtung zu, dass auch in Bezug zum Uhrwerk im Batterieturm museale Pflege durchgeführt wird. Das Vorhandensein einer alten mechanischen Uhr mit einem bronzenen Glockenschlag erfüllt im musealen Umfeld die Erwartungen der Besucher. Eine alte Großuhr von 1919 ist ein Präzisionswerk, das auf den reichen Erfahrungen der mechanischen Technik des ausgehenden 19. Jahrhunderts beruht. Im Allgemeinen ist sie so solide gebaut, dass sie bei sachgemäßem Betrieb auch nach vielen Jahrzehn-ten Laufzeit keinen Verschleiß zeigt. Wir haben es hier mit einem technischen Denkmal zu tun, dem unbedingt der notwendige Schutz gewährt werden muss. Ein Ab- und Ausbau des mechanischen Uhr-werks im Tausch gegen einen elektronischen Zeigerantrieb darf unter keinen Umständen geschehen.50 Der Verfasser, der in Westfalen selbst Erfahrungen in Restaurierung und Betrieb z. T. 300jähriger Uhren machen konnte, hat den zeitweise für die Wartung der Schlossuhr beauftragten Uhrmacher Siegmund Jeziorek aus Remscheid / Westhausen und Kürten zum Problem des Uhrenzustandes in Burg befragt. Herr Jeziorek war bereits in den 90er Jahren vom damaligen Direktor Dr. Soechting mit Schloss Burg, Batterieturm. Zeigergetriebe der Turmuhr auf der Rückseite des Zifferblatts. Foto: Andreas Sassen 2011. der Überholung der Burger Schlossuhr beauftragt worden, musste den Auftrag aber weitergeben, da seine Werkstatt für die Uhrgröße nicht ausgelegt war. Daraufhin übernahm der Remscheider Uhrma-cher Engel die Uhr für eine Generalüberholung. Einige Jahre später führte die Firma Schwarz eine weitere Überholung durch, mit dem Ergebnis, dass die Uhr stehenblieb. Erst durch die Maßnahmen eines sächsischen Uhrmachers war wieder ein korrekter Betrieb möglich, der nach Meinung Jezioreks auch weiterhin gegeben ist. Somit ist nach weinigen Jahren eine erneute Überholung zunächst einmal überflüssig! 1. Nach Auskunft Herrn Jezioreks kann natürlich im Batterieturm eine moderne elektronisch gesteuer-te Uhr installiert werden, die auch den Glockenschlag ausführt. Diese wird auf die Zeigerwelle auf der Rückseite des Zifferblatts aufgesetzt und per Kabel elektrisch mit einem Steuergerät verbunden. Die alte mechanische Uhr wäre außer Betrieb, bei einem Ausbau oder Tausch, der vom Händler nur zum Schrottpreis erfolgt, allerdings für das Museum Schloss Burg für immer verloren. 2. Der Betrieb der mechanischen Großuhr ist nur möglich, wenn der Antrieb der Werke über die Seil-gewichte erfolgt. Dazu ist es notwendig, dass die Regenfallrohre und alle störenden elektrischen Kabel aus den Gewichtsschächten entfernt werden. Die Regenfallrohre können vermutlich kurzfristig unter Verwendung des vorhandenen Materials mit einem Hubsteiger in bewährter Form außen angebracht werden. Für die abhanden gekommenen Gewichte muss Ersatz beschafft werden. Da Blei derzeit aber sehr teuer ist, könnte man neue Gewichte in Grauguss anfertigen lassen. Um in den Schächten nicht hängen zubleiben, müssen sie im Durchmesser angepasst, oben und unten abgerundet und mit einem Auge für die Seilhaken versehen sein. Das Uhrwerk selbst muss gereinigt, mit den speziellen Schmiermitteln gefettet werden und mit wieder mit dem Zeigergetriebe verbunden werden. Erst nach versuchter Inbetriebsetzung sollte entschieden werden ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Eine Umrüstung auf elektromechanischen Aufzug mit Relaissteuerung über Ein- und Ausschaltkon-takte in den Gewichtsschächten ist zwar möglich, doch die beiden mit einem Schneckengetriebe ver-51 sehenen Elektromotoren benötigen Drehstromanschluss, der im Turm aber wohl nicht vorhanden ist. Zudem müsste das Werk aus dem Turm herausgenommen und in einer Fachwerkstatt umgerüstet wer-den. Aufwändige zweimalige Kranarbeiten durch die Zifferblattöffnung mit zeitraubenden Transpor-ten kommen dazu. Es besteht dabei immer die Gefahr, dass durch unsachgemäßes Hantieren der Uhr-werkrahmen oder die Wellen verzogen werden und die Uhr danach gar nicht mehr läuft. Nach fachlicher Meinung stehen die zu erwartenden teuren Maßnahmen in keinem Verhältnis zum bestehenden einfachen Handaufzug, der einmal in der Woche durchgeführt wird. Die einstigen Uhren-bauer haben schon daran gedacht, dass der Uhrenwart nicht überfordert wird. Allerdings muss der Aufgang zur Uhrenstube neu, aber in breiter Form angelegt werden. Resümee Für Uhrenfachleute hat ein fast hundertjähriges Uhrwerk einen ebenso hohen Stellenwert, wie für Mo-torfreunde ein ähnlich altes edles Automobil. Der leichte Erwerb wird gern erstrebt – der Verlust da-gegen erst mit der Zeit schmerzlich empfunden. Ein Ausbau der alten Burger Schlossuhr ist leicht mit der Empfehlung zu verbinden, sie nicht mehr reparieren zu können. Ein solcher Verlust aufgrund einer vorschnellen Entscheidung ist im Hinblick auf die Verpflichtung zur Erhaltung traditioneller Werte für die Nachwelt nicht nachvollziehbar. Die Behandlung des überlieferten Turmuhrenbestandes ist eines der dunklen Kapitel im Umgang mit Kunst und Kulturgut. Der Verfasser hat in den Kirchtürmen Westfalens zu diesem Thema bereits ne-gative Erfahrungen gesammelt und fand in den vergangenen Jahren noch vereinzelt stillgelegte Uhr-werke – meist in traurigem Zustand. Gerade in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden sehr viele mechanische Uhren stillgelegt und zumeist verschrottet. Selten war ein konkreter Defekt die Ursache dazu, meist führten Vernachlässigung, Verschmutzung oder falsches Ölen zum Stillstand der Uhren. Viele Werke hätten nach einfacher Reinigung wieder in Betrieb gehen können. Dieses ist ein Grund, sich für die Erhaltung des historischen Bestandes besonders einzusetzen, denn von Forschung und Denkmalpflege wurden alte Uhrwerke bisher kaum beachtet. Da im Bergischen Land nur noch sehr wenige mechanische Uhrwerke ihren Dienst tun, sollte es für das Bergische Museum selbstverständlich sein, neben seinen vielfältigen Ausstellungsangeboten auch ein technisches Denkmal am angestammten Ort, dem von Ludwig Arntz gebauten Uhrenturm, zu be-treiben und zu pflegen. Nachtrag: Durch Initiative des Verschönerungsvereins Burg erhielt der Turm ein elektronisch gesteuertes Werk für Zeit und Glockenschlag. Das alte mechanische Großwerk verblieb in der Uhrenstube des Turms. Literatur: Claus Peter, Zur Entwicklung des Turmuhrenbaues in Westfalen, in: Westfalen 62, Münster 1984. Andreas Sassen, Die alte Uhr der Kirche zu Isselhorst, in: Der Isselhorster, Gütersloh 1997. Andreas Sassen, Historische Turmuhren in Gütersloh und Umgebung, in: Gütersloher Beiträge zur Heimat und Landeskunde, Nr. 76/77, Gütersloh 2003 52 Künstler71 und andere Persönlichkeiten, die mit Schloss Burg in Verbindung stehen. Die Düsseldorfer Malerschule Die Düsseldorfer Malerschule stand in der Tradition der deutschen Malerei zwischen 1819 und der Zeit des Ersten Weltkriegs, die mit der Königlich-Preußischen Kunstakademie in Düsseldorf verbun-den ist und in ihrer historischen Entwicklung die Stilepochen der Romantik, des Naturalismus und Impressionismus sowie des Jugendstils umfasst. Gepflegt wurden die Landschaftsmalerei, das Histori-enbild, die Genremalerei und das Still-Leben. Die Königlich-Preußische Kunstakademie in Düsseldorf wurde 1819 gegründet. Der erste Direktor war Peter von Cornelius. Nachdem dieser einem Ruf nach München gefolgt war, übernahm 1826 Wil-helm Schadow aus Berlin die Direktion. Während der 33 Jahre seiner Amtszeit wurde der internationa-le Ruf der Düsseldorfer Malerschule begründet. Schadow förderte zunächst vor allem die Historienma-lerei, die von ihm selbst, Eduard Bendemann, Christian Köhler und Carl Friedrich Lessing vertreten wurde. Als Landschaftsmaler legten Lessing und Johann Wilhelm Schirmer, u. a. durch den 1827 ins Leben gerufenen Landschaftlichen Komponierverein, den Grundstein für die Tradition der Düsseldor-fer Landschaftsmalerei. Johann Wilhelm Preyer und Jakob Lehnen setzten in Düsseldorf die Still-Leben-Malerei durch. In den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts folgte die von Jakob Becker von Worms, Rudolf Jordan und Adolf Schroedter vertretene Genremalerei. Die politischen und sozialen Unruhen der vierziger Jahre ließen in Düsseldorf eine Tendenz zu sozial-kritischen Themen in der Malerei und Graphik aufkommen. Aufsehen erregte vor allem Karl Wilhelm Hübners Gemälde Die schlesischen Weber von 1844. Johann Peter Hasenclevers Gemälde Arbeiter vor dem Magistrat von 1848 war eine eindeutige Stellungnahme für die demokratischen Bestrebungen (es wurde kurz nach seiner Entstehung in New York als Dokument der Revolution ausgestellt und von Karl Marx im Daily Tribune kommentiert); Peter Schwingens Bild Die Pfändung von 1846 war eine Parteinahme für die verarmten Handwerker. Politische Karikaturen schufen z. B. Andreas Achenbach und Adolf Schroedter. In den folgenden Jahren verbreitete sich rasch der Ruhm der Düsseldorfer Akademie, und Düsseldorf genoss für Jahrzehnte einen internationalen Ruf als Kunstmetropole. Die Landschaftsmalerei erlebte in Düsseldorf vor allem mit den Brüdern Andreas und Oswald Achenbach sowie Eugen Dücker eine Blüte. Bis zum 1. Weltkrieg studierten in Düsseldorf einige tausend Maler, vor allem aus den USA, Belgien und den Niederlanden, aus Norwegen, Schweden und Russland. In Amerika wurde die Düs-seldorfer Malerschule durch Emanuel Leutzes 1850 entstandenes Gemälde Washingtons Übergang über den Delaware am 25. Dezember 1776 bekannt, und ferner durch die Eröffnung der Düsseldorf Gallery am Broadway in New York, die Werke der Düsseldorfer Malerschule ausstellte. Durch die große Zahl amerikanischer Studenten beeinflusste die Düsseldorfer Malerschule besonders die ameri-kanische Landschafts- und Genremalerei. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts löste sich die Düsseldorfer Malerschule langsam auf, die mit der Akademie verbundenen Künstler beschritten mehr und mehr ihre eigenen Wege. Von Bedeutung blieb allein die Landschaftsmalerei. Nach 1900 öffneten sich einige Düsseldorfer Künstler französischen Einflüssen des Impressionismus und Postimpressionismus. Diese Anregungen nahmen vor allem Juli-us Bretz, Max Clarenbach, August Deusser und Walter Ophey auf, die 1909 den Sonderbund gründe-ten und damit der aufkommenden modernen Kunst ein Forum schufen. Mit dem 1. Weltkrieg endet die Geschichte der Düsseldorfer Malerschule. Autor: Wolfgang Blümel, Encarta Encyclopädie. 71 Angaben zum Teil auszugsweise nach Thieme-Becker, Künstlerlexikon.53 Baur, Albert, jr.; Historienmaler Lebte und arbeitete in Düsseldorf, geboren daselbst als Sohn des Historienmalers Prof. Albert Baur am 1. 7. 1868, gestorben 1959. Baur besuchte die Akademie zu Düsseldorf (1888-89 und 1896-99 Mün-chen und Karlsruhe) wo er hauptsächlich unter Peter Janssen, Wilhelm Diez, Hermann Baisch studier-te. Dann ging er nach Paris, wo er unter Levébre arbeitete. Schließlich trat er noch einmal an der Düs-seldorfer Akademie in das Meisteratelier des eben dorthin berufenen Claus Meyers ein und arbeitete seit 1898 selbständig. Sein Stoffgebiet, das er mit Sachkenntnis und künstlerischer Begabung bearbeitet, ist das der moder-nen Militär- und Sportmalerei, es schließt aber auch historische Kompositionen ein. Die ersten Bilder beinhalten Motive aus der Zeit der napoleonischen Kriege „Russland 1812“. Reiterporträts und ver-schiedene kleine Bilder militärischen und sportlichen Inhalts folgen. Er beteiligte sich eifrig an Kon-kurrenzen der Historienmalereinen, so am Wettbewerb von Schloss Burg, wo er den zweiten Preis bekam. Daraus geht sein Werk hervor, das später in der Ruhmeshalle zu Barmen verwahrt wurde. „Der Leiche des erschlagenen Erzbischofs Engelbert von Köln wird vor den Toren von Schloss Burg der Einlass verweigert“. Dieses große Historienbild arbeitete er im Auftrag des Kunstvereins. Bloos, Richard; Maler Richard Bloos in einer Karikatur von Hans Kohlschein 1929 Geboren 1878 in Brühl / Rheinland Kunststudium an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Peter Janssen und Willi Spatz, 1906 im Alter von 28 Jahren abgeschlossen. 1907 in Paris Begegnung mit dem französischen Impressionismus prä-gend. Er beteiligte sich von 1910-14 mit allgemeinen Szenen der Pariser Stadtlandschaft am Salon der Société Nationale des Beaux Arts. 1914 Rückkehr nach Düsseldorf, Wohnort Oberkassel. In seinen Bildern bevorzugte er Motive aus unmittelbarer Umgebung; Stadtansichten, Landschaften und Gen-reszenen. Seit seiner Pariser Zeit fertigte Bloos in sehr feiner Linienführung graphische Zyklen und Einzelbilder. Unter der Düsseldorfer Graphik zählen seine Arbeiten zu den besten der Zeit. Als Ange-höriger des „Düsseldorfer Malkastens“, von 1901-1957 beteiligte er sich auch an satyrischen Darstel-lungen, die das damalige gesellschaftliche Leben Düsseldorfs karikieren. Während dieser Zeit malte er auch ein Porträt seines Düsseldorfer Künstlerkollegen Hans Kohlschein, der an den Gemälden im Rit-tersaal von Burg beteiligt ist. Werke in: Rheinisches Landesmuseum Bonn; Kunstmuseum Düsseldorf; Museum der Bildenden Kunst in Leipzig; von der Heydt-Museum Wuppertal. Richard Bloos malte 1923 von Schloss Burg eine impressionistische Ansicht (60x54 cm), die sich im Besitz des Schlossbauvereins befindet. 54 Clemen, Paul, Prof. Dr., Kunsthistoriker, Denkmalpfleger. Prof. Dr. Paul Clemen. Foto: Universitäts- und Landesbibliothek Bonn. Paul Clemen, geboren am 31. Oktober 1866 und gestorben am 8. Juli 1947 in Endorf / NRW, war Kunsthistoriker und erster Provinzialkonservator der Rheinprovinz. 1885 begann er sein Studium der Kunstgeschichte und der deutschen Philosophie an der Universität Leipzig und setzte dieses 1887 an der Universität in Bonn fort. 1888 ist er an der Universität in Straßburg. 1889 erfolgte die Promotion zum Dr. phil. Schon am 1. Oktober bekam er eine feste staatliche Anstellung und wurde durch die „Kommission für die Denkmälerstatistik“ mit der Inventarisierung der Kunstdenkmäler in der Rhein-provinz beauftragt. Im Jahre 1893 erfolgte die Ernennung zum ersten Provinzialkonservator der Rheinprovinz. Prof. Dr. Paul Clemen arbeitete von 1894 bis zu seiner Emeritierung 1936 als Kunsthistoriker an der Universität Bonn. In seiner Funktion als Provinzialkonservator setzte er sich stark für den Denkmal-schutz ein. Er war einer der Initiatoren für die Gründung des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. Sein Lebenswerk, die „Kunstdenkmäler der Rheinprovinz“ in 56 Bänden, ist ein Standardwerk der Deutschen Kunstgeschichte.72 Über ein halbes Jahrhundert lehrte und forschte Paul Clemen in Bonn und dem Rheinland. Der gebür-tige Sachse versteckte sich aber nicht hinter seinen Büchern, sondern machte sich seit Beginn seiner Arbeit an der Bonner Universität dafür stark, die Kunst des Rheinlandes zu bewahren und für die Öf-fentlichkeit zugänglich zu machen. Dem Kunsthistorischen Institut gab Clemen seine heutige Heimat im Hauptgebäude der Universität. Er vergrößerte die vorhandene Sammlung und verfolgte bis zur zu seiner Emeritierung das Ziel, eine überregional bedeutende Sammlung und Bibliothek aufzubauen. Zahlreiche namhafte Kunsthistoriker holte Clemen Anfang des Jahrhunderts nach Bonn und machte aus seiner Wissenschaft, die es 50 Jahre vorher als eigene Disziplin nicht gab, eines der Aushänge-schilder der Bonner Uni. Seine Studenten wollte Clemen auf die Bedürfnisse der Museumsbesucher aufmerksam machen. Neben der reinen Kunstgeschichte legte er bei der Ausbildung auch darauf Wert, was man heute Museumspädagogig nennt, und war ein Pionier auf diesem Gebiet. Clemen machte sich im Krieg Gedanken um den Schutz und die Auslagerung von Kunstgütern. Nach dem Ersten und besonders nach dem Zweiten Weltkrieg rief er die Rheinländer in flammenden Reden dazu auf, ihre wertvollen Kunstschätze nicht untergehen zu lassen. Als fast Achtzigjähriger begann er auf vielfachen Wunsch, die Erinnerungen seines bewegten Lebens niederzuschreiben. Sie blieben Fragment, bedingt durch Krankheit und Tod, doch vermitteln sie das lebendige Bild eines Gelehrten, der Zeit seines Lebens „zum Ganzen“ strebte. Clemen berichtet fes-selnd, wie er von je her seinen unbändigen Bildungshunger durch die Begegnung mit den großen Geis-tern seiner Zeit, auf Wanderungen und Reisen zu stillen suchte. Er gibt Einblick in die Frühzeit von Denkmalschutz und Denkmalpflege, für die Clemen in Ausübung seiner Ämter selbst Maßstäbe setz-te.73 Clemen bekannte selbst: „Der Rhein ist mein Schicksal geworden“. So ist heute sein Name eng ver-bunden mit der reichen Denkmälerlandschaft der Region. Dies gilt auch für Schloss Burg, dessen Wiederaufbau er gleich zu Beginn seiner Amtszeit wohlwollend und interessiert begleitete. Den Bau- 72 Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie. 73 Aus Presseinformation der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn55 meister G.A. Fischer unterstützte er beratend bei seinen Rekonstruktionen und Planungen des aufzu-bauenden bergischen Schlosses. Auch als die Innenausstattung der Gebäude realisiert wurde, gehörte Clemen zu der Kommission des Kunstvereins der Rheinlande und Westfalen, die die Vorplanung der Themen in den Räumen und deren Abnahme nach der Ausführung vornahm. Als Wiederaufbau und Kunst von Schloss Burg in den zwanziger Jahren in Misskredit gebracht wurden, unternahm Paul Clemen eine Ehrenrettung des Schlosses. Er wies dem Schlosse seinen Standort in der Zeit des Wie-deraufbaus an und reihte es ein in die große Linie der Burgenwiederherstellungen, die am Rhein mehr als ein halbes Jahrhundert früher mit dem Aufbau der Burg Rheinstein einsetzte. „Sie sind weniger Dokumente für die Kunst des Mittelalters als für die romantisch-historisierende Stimmung der Zeit der Wiederherstellung. So trägt auch Schloss Burg in seinem Ausbau den Charakter jener Spätlingskunst der letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts“. Paul Clemen, Werke: Kunstdenkmäler der Rheinprovinz in 56 Bänden; Belgische Baudenkmäler; Belgische Kunstdenkmä-ler; Die Sammlung Dr. Leopold Seligmann Köln; Die deutsche Kunst und die Denkmalpflege; Italienische Kunst Plastik Zeichnung Malerei; Kunstschutz im Kriege; Köln Antlitz einer alten deutschen Stadt; Lob der Stille; Rheinfahrt Führer durch Geschichte Kunst und Landschaft des Rheintales; Rheinische Baudenkmäler und ihr Schicksal- Ein Aufruf an die Rheinlän-der, Düsseldorf 1946; Clemen/Gurlitt, Die Klosterbauten der Cistercienser in Belgien, Berlin 1916. Gotische Kathedralen in Frankreich, Einleitung, Zürich 1951; Literatur: Paul Clemen 1866-1947. Erster Provinzialkonservator der Rheinprovinz, Katalog der Ausstellung anlässlich seines 125. Geburtstages, Bonn 1991. Cornelius, Peter von, Maler Peter Cornelius. Nach einem Stich der Künstlerin Auguste Küssener. Abb. aus Schaarschmidt, Düsseldorf. Peter Cornelius, (1783-1867), deutscher Maler und Zeichner, gehörte zu den führenden Vertretern der Nazarener. Sein Name ist untrennbar mit der Düsseldorfer Malerschule und mit der Weitergabe der Kenntnisse über die Freskomalerei verbunden. Er wurde am 23. September 1783 in Düsseldorf gebo-ren und begann ein Studium an der dortigen Akademie und ging 1811 nach Rom, wo er sich den Na-zarenern anschloss, einer Künstlergruppe deutscher Romantiker nach dem Vorbild mittelalterlicher Bruderschaften, die sich der Wiederbelebung der altdeutschen Malerei in der Nachfolge Albrecht Dürers und der italienischen Renaissancekunst verschrieben hatte. Dort entstanden u. a. die Fresken-entwürfe nach der Josephsgeschichte für die Casa Bartholdy, die zu einer Reihe von lukrativen Auf-trägen für Kronprinz Ludwig (später König Ludwig I.) von Bayern führten, für den er u. a. die Fresken für die Glyptothek und die Ludwigskirche schuf. 1819 wurde er Direktor der Akademie in Düsseldorf, 1824 in München. 1840 berief ihn der preußische König Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin, wo er u. a. mehrere Freskenentwürfe für einen Camposanto (Friedhof nach italienischem Vorbild) zum ge-planten Domneubau anfertigte, der jedoch nie ausgeführt wurde (heute Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie, Berlin). Cornelius’ monumentaler Malstil erscheint bei allem Neue-rungsehrgeiz letztlich aber doch eher rückwärts gewandt, einem konservativen Klassizismus verpflich-tet. Am 6. März 1867 starb Cornelius in Berlin.56 Coubillier, Frédéric; Bildhauer in Düsseldorf Coubillier wurde am 1. 11. 1869 in Longeville bei Metz geboren. Seine Ausbildung bekam er nach mehrjähriger praktischer Arbeit auf der Düsseldorfer Kunstakademie unter dem Bildhauer Karl Jans-sen. Danach hielt er sich einige Jahre studienhalber in Rom auf. Er ist am Rhein vor allem durch die kraftvoll-energische Statue des Grafen Adolf von Berg auf Schloss Burg bekannt geworden. Frederic Coubillier. Graf Adolf I. von Berg. Seine Hauptwerke sind in chronologischer Reihenfolge: die Tritonengruppe, der architektonisch-plastische Abschluss des Stadtgrabens in Düsseldorf 1898-1902. Relief in Bronze zur Erinnerung an den Besuch Kaiser Wilhelms II. auf Schloss Burg von 1901, die (o. gen.) Statue des Grafen Adolf auf Schloss Burg von 1902; davon befindet sich ein kleinere Reproduktion in der Kunsthalle zu Düsseldorf. Kolossalstatue Kaiser Wilhelms II. am neuen Rathaus in Elberfeld von 1902, Grabdenkmal mit der Gruppe „Wiedersehen“ auf dem Friedhofe bei Düsseldorf 1903. Kolossalbüsten Kaiser Wilhelms II. in der Stadthalle zu Elberfeld und in der Kuppelhalle des Ausstel-lungspalais zu Düsseldorf von 1904. Der „Goldschmiedebrunnen“ in Elberfeld 1910. 57 Engelbert II. von Berg Siegel des Erzbischofs Engelbert I. Engelbert II. *8. 11. 1185 (* 7.11.1186); 1216-1225 als Engelbert I. Erzbischof von Köln, seit 1218 als Engelbert II. Graf von Berg, † 7.11.1225 bei Gevelsberg. Engelbert wurde als zweiter Sohn des Grafen Engelbert von Berg und seiner Frau Margarethe von Geldern geboren. Somit war er der zweite Graf Engelbert von Berg. Wie damals in Adelskreisen üblich, soll der Erstgeborene Politiker, der Zweitgeborene Geistlicher werden. In Köln besuchte En-gelbert die Schule des Andreasstiftes und die Domschule. Er wurde als körperlich schöner, fast 1,80 m großer Mann beschrieben. Schlank aber kräftig, intelligent und selbstverständlic |
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